Wolf-Peter Weinert ist Allgemeinmediziner in Niedersachsen. Mit seinem Blog „Der andere Hausarzt“ erreichte er 2011 den zweiten Platz bei den DocCheck Blog-Awards. Die Fragen stellte Alexandra Schramm, Herausgeberin des Buchs „Online-Marketing für die erfolgreiche Arztpraxis“.
Warum sollte man als Arzt bloggen wollen? Was hat Sie dazu motiviert?
„Von Natur aus ist der Arztberuf ein Beruf, in dem es viel zu sagen, zu klären und mitzuteilen gibt: im Gespräch mit den Patienten, mit Angehörigen, mit Ärztekollegen, über Krankheiten, Vorsorge, den Stand von Wissenschaft und Forschung, zur Gesundheitspolitik oder zur medizinischen Ideologie. Wer als Arzt schon immer Informationsblätter für seine Patienten bereithalten wollte, gern Informationen mit seinen Kollegen austauscht und Ansichten zu verschiedenen Themen äußert, der kann mit einem Blog als Instrument etliche Fliegen mit einer Klappe schlagen.
Mir persönlich kommt es vor allem darauf an, das Gesundheitssystem durchsichtiger zu machen. Beispielsweise zu klären, was genau hinter der Aut-idem-Regelung steckt, wie es zur Verknappung der Landärzte kommen konnte und was meiner Meinung nach dagegen zu tun ist. Es gibt unzählige Themen, die Ärzte und Patienten interessieren und die auf den ersten Blick vollkommen undurchsichtig erscheinen. Außerdem gibt es für meinen Geschmack viel zu viel gefärbte Information, wie beispielsweise zum Thema Hypercholesterinämie, oder es wird gar wissentlich Humbug verbreitet, wie im Fall der Riesen-Werbekampagne zur Durchführung der Schweinegrippen-Impfung.
Bei mir verbindet das Bloggen hervorragend meinen Beruf als Arzt mit meinem Hobby, der Schriftstellerei. Dazu kommt, dass ich mit der Lust am Schreiben von Blogartikeln kostenlos meinen Bekanntheitsgrad als Schriftsteller erhöhe und damit verbessere, was jeder Schriftsteller verbessern will: die Verkaufszahlen meiner Bücher, ohne dass ich offensichtlich dafür werben will und muss.“
Welche Themen sind für ein Arzt-Blog geeignet? Welche eher nicht?
„Für mich gibt es kein spezielles Thema, das sich nicht für das Bloggen eignet. Gerade weil ich für Transparenz im System bin, scheue ich mich nicht, zum Beispiel auch über ärztliche Honorare zu schreiben, wie in meiner 10-teiligen Serie ,Beruf Landarzt – besser geht’s nicht‘. Da werden Zahlen in Euro genannt. Oder ich schreibe über Missstände, für die auch wir Ärzte verantwortlich sind, wie in meiner 8-teiligen Serie ,Der lange Weg eines Nierensteins‘.“
Wie wird Ihr Blog von Ärzten und Patienten wahrgenommen?
„Die Kommentare sind überwiegend positiv. Erstaunlicherweise gerade in den Fällen, in denen ich konträre Ansichten zur landläufigen Meinung vertrete, wie in der bereits erwähnten Landarzt-Serie. Hier habe ich die Meinung vertreten, dass Landarzt zu sein, ein toller Beruf ist, man muss es nur richtig anfangen. Und siehe da: Aus allen Ecken der Republik meldeten sich Kollegen, die mich in meiner Meinung bestärkten.“
Sehen Sie Ihren Blog auch als Marketing-Instrument?
„Sicher geht es beim Bloggen auch um eine gute Außendarstellung unserer Gemeinschaftspraxis. Aber ehrlich gesagt, haben wir eher zu viel zu tun und schrauben unsere Marketing-Maßnahmen zurück. Aber Marketing für meine Bücher kann ich immer gebrauchen. Als Arzt verdiene ich gut, als Schriftsteller bin ich arm wie eine Kirchenmaus.“
Was würden Sie anderen Ärzten raten, die auch bloggen wollen?
„Jeder, der bloggen will, kann das heutzutage tun. Dazu gehört wenig computertechnisches Verständnis. Programmieren muss man überhaupt nicht können. Aber ich rate dazu, sich genau zu überlegen, über was man schreiben will und ob man wirklich den Willen und die Zeit hat, lange durchzuhalten. Selbst für einen gut geführten Blog mit tollen Texten braucht es Geduld, um von den Lesern wirklich wahrgenommen zu werden. Ich bin drei Jahre dabei, ich weiß, wovon ich rede. Ich habe mit 3–5 Besuchern pro Tag begonnen. Heute liege ich an Spitzentagen bei über 1.000, und im Vergleich zur ,Huffington Post‘ ist das immer noch nichts.
Dazu gleich der nächste Rat: Legen Sie die Messlatte nie zu hoch, und fangen Sie einfach irgendwann an. Zwar sollte man meiner Meinung nach von Anfang an so gewissenhaft wie möglich arbeiten (einige meiner Beiträge werden sogar von einem Auftragslektorat kontrolliert), trotzdem sollte man nicht auf den Tag warten, an dem alles perfekt ist. Dann wird es mit dem Bloggen nie etwas. VW hat auch nicht mit dem Golf VI begonnen, sondern die Fehler vom Golf I bis V genutzt, um sich zu verbessern.
Wichtig ist es, seinen Blog mit anderen Social-Network-Instrumenten zu verknüpfen, um den Bekanntheitsgrad zu erhöhen. Bestens eignen sich Facebook, Twitter und Youtube. Hier sind in meinem Fall bereits kleine Filialen mit einem Eigenleben entstanden, wie die Ultrakurz-Beiträge des von mir erfundenen Hausarztes Dr. med. Anselm Kunze auf Facebook und Twitter oder die bebilderten Hörbücher auf Youtube. Die Möglichkeiten sind hier heutzutage nahezu unbegrenzt.“
Dieses Interview sowie weitere Tipps, Checklisten und wertvolles Hintergrundwissen finden Sie im Praxishandbuch „Online-Marketing für die erfolgreiche Arztpraxis“ der MbMed-Autoren Alexandra Schramm (Hrsg.) und Mirko Gründer. Zudem gibt es eine Version speziell für Zahnärzte und eine weitere für PR- und Managementmitarbeiter aus dem Krankenhaus.
Mehr zum Inhalt und Leseproben finden Sie hier:
für Ärzte: www.springer.com/978-3-642-25146-7
für Zahnärzte: www.springer.com/978-3-642-25337-9
für Kliniken: www.springer.com/978-3-642-29226-2