Nicht im Mund anwenden

Eine jüngere, etwas mollige Frau kommt in die Apotheke geeilt. Sie hält mir ihre Finger unter die Nase, die *etwas* rot sind. Und ich meine *etwas* – also: nicht mal Sonnenbrand-rot, eher so wie ein errötendes Mädchen-Rot.

Frau (leicht aufgeregt): „Die habe ich mir grad vorher mit heissem Wasser verbrüht! Muss ich dafür zum Arzt?“

Pharmama: „Haben sie es anschliessend mit kühlem Wasser gekühlt?“

Frau: „Ja.“

Pharmama: „Wie lange etwa?“

Frau: „Ein paar Minuten. Ich habe gehört, das sei gut bei Verbrennungen?“

Pharmama: „Ja, das stimmt, das verhindert, dass das Gewebe weiter beschädigt wird.“

Frau: „Ja, soll ich das nochmals kühlen gehen? Oder gleich zum Arzt?“

Pharmama: „Nun, es sieht nicht so schlimm aus. Den Arzt brauchen sie dafür nicht.“

Es ist wirklich nicht sehr rot und auch nicht offen, geschweige denn Brandblasen …

Frau: „Soll ich da Butter drauf schmieren?“

Pharmama: „Nein! Das macht man heute nicht mehr, das hilft auch gar nichts.“

Frau: „Ich möchte aber eine Creme für drauf. Haben sie mir etwas?“

Ich überlege. Sie braucht nicht zwingend etwas – aber sie will ganz offensichtlich etwas machen. Ich bin inwischen überzeugt, dass die Frau … etwas eingeschränkt ist intelligenzmässig. Nicht schlimm, aber so, dass man automatisch anfängt etwas langsamer und deutlicher zu werden.

Pharmama: „Wie wäre es mit Bepanthen plus? Das ist eine desinfizierende Wundsalbe. Das geht auch, wenn sie irgendwann mal woanders etwas haben.“

Frau: „Das ist gut für Verbrennungen?“

Pharmama: „Ja.“

Ich verkaufe ihr eine kleine Tube.

Sie macht sie sofort auf und schmiert sich etwas auf die Finger.

Frau: „Ah, das tut gut. Danke, vielmals!“

Und sie geht wieder.

Ich schmunzel ein bisschen – aber ich habe das Gefühl, die sehe ich bald wieder.

Es dauert auch nur etwa eine halbe Stunde, da steht sie wieder da.

Noch beunruhigter als vorher.

Frau: „Ich habe da drüben (gegenüber haben wir einen Imbisstand) ein Sandwich gegessen!”

Pharmama: „Jaaa?“ – ich meine: okay, das ist ja nicht wirklich ein Grund so beunruhigt auszusehen.

Frau: „Und dabei habe ich vergessen, dass ich noch Salbe an den Fingern hatte!!“

Ja – und?“ … ich versteh’s noch nicht..

Frau: „Und ich hatte die Finger auch im Mund … und dann ist mir eingefallen, dass ich doch Salbe an den Fingern habe! Und jetzt … ich habe in der Packungsbeilage nachgeschaut: da steht: ‘Nicht für in den Mund!’ Bin ich jetzt vergiftet“?

Pharmama: „Ah – Nein. Sind sie nicht. Das ist wirklich nicht so schlimm.“

Frau: „Aber – etwas von der Salbe ist vielleicht in meinen Mund gekommen!“

Pharmama: „Ganz wenig vielleicht … aber, schauen sie. Wenn da steht: nicht im Mund, ist gemein, dass man es dort nicht anwenden soll – also auftragen oder gar einnehmen. Aber so wenig wie an ihren Fingern noch war .. das ist wirklich kein Problem.“

Frau: „Wirklich?“

Pharmama: „Wirklich.“

Frau: „Oh, gut. Na, dann – wiedersehen!“

Pharmama: “Wiedersehen!”

(Ich hoffe aber nicht so bald…)

 

Tagged: Apotheke, Kunde

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