Ein Notfall! Wir müssen intubieren!

Ich freue mich sehr dass ich meinen Kollegen Dr. Thomas Plappert gewinnen konnte den einen (oder anderen) Artikel zu nofame4u beizusteuern. Meine Erfahrung mit ihm ist, dass die Artikel nicht nur fundiert sind, sondern auch sehr gut lesbar, mit Fachverstand genauso wie
mit Ironie.
Die Intubation und Beatmung ist ein Thema der Kontroversen, aber nofame4u steht auch dafür diese Kontroversen auf den Tisch zu bringen. In einer Zeit in der auf dem DINK Kongress noch über die
notwendige Intubationszahl für den Notarztschein diskutiert wird, auf der anderen Seite aber neue Atemwegstools wie Pilze aus dem Boden schiessen gibt es hierzu sicher mehr als eine Meinung. Ich
übergebe das Wort an Thomas:
Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, mich zum Thema “Intubieren” nicht mehr öffentlich zu äussern… zum einen, weil es Fachärzte gibt, die das jeden Tag tun, weil die Notfallmedizin, wie ich sie
verstehe, zu 99.5% eben nicht aus intubieren besteht, zum anderen aber auch, weil ich glaubte, dass dazu alles gesagt sei. Leider weit gefehlt! Immer wieder sieht man fatale Verläufe, in deren
Verlauf irgendwer irgendwas mit irgendeinem Tubus machen wollte und am Ende ein Ergebnis steht, dass insgesamt nicht erfreulich ist.
Ich freue mich sehr dass ich meinen Kollegen Dr. Thomas Plappert gewinnen konnte den einen (oder anderen) Artikel zu nofame4u beizusteuern. Meine Erfahrung mit ihm ist, dass die Artikel nicht nur fundiert sind, sondern auch sehr gut lesbar, mit Fachverstand genauso wie
mit Ironie.
Die Intubation und Beatmung ist ein Thema der Kontroversen, aber nofame4u steht auch dafür diese Kontroversen auf den Tisch zu bringen. In einer Zeit in der auf dem DINK Kongress noch über die
notwendige Intubationszahl für den Notarztschein diskutiert wird, auf der anderen Seite aber neue Atemwegstools wie Pilze aus dem Boden schiessen gibt es hierzu sicher mehr als eine Meinung. Ich
übergebe das Wort an Thomas:
Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, mich zum Thema “Intubieren” nicht mehr öffentlich zu äussern… zum einen, weil es Fachärzte gibt, die das jeden Tag tun, weil die Notfallmedizin, wie ich sie
verstehe, zu 99.5% eben nicht aus intubieren besteht, zum anderen aber auch, weil ich glaubte, dass dazu alles gesagt sei. Leider weit gefehlt! Immer wieder sieht man fatale Verläufe, in deren
Verlauf irgendwer irgendwas mit irgendeinem Tubus machen wollte und am Ende ein Ergebnis steht, dass insgesamt nicht erfreulich ist.
1. These: Notfallversorgung hat mit “Intubieren” gar nichts zu tun!

Es ist völlig absurd, wenn ich als Notarzt in eine Rehaklinik komme und (aus gutem Grund) einen (perfekt erstversorgten) und einigermaßen stabilen Patienten übernehme, dass mir der Reha-Arzt
darlegt, warum er nicht intubiert hat. In meiner Zeit am Hubschrauber war das praktisch immer so, aber auch, wenn man mit dem Auto kommt, kriegt man meist den Vortrag zu hören. Oder auch die
Situation, dass das ganze Team einer Station mit dem Stationsarzt mitfiebert, wenn er im Rahmen einer Rea das erste Mal in einem Leben das Laryngoskop in die rechte Hand nimmt und versucht, den
Kehlkopf einzusehen, bevor irgendwer mit der Herzdruckmassage beginnen oder gar eine Defibrillation durchführen darf.
Mein Fazit: wir haben leider vergessen, Notfallmedizin zu lehren, während wir in den Uni “Intubationskurse” angeboten haben. Noch zu meiner Studentenzeit haben wir zwei von acht Stunden (!)
notfallmedizinischer Lehre mit intubieren verbracht, aber nicht eine einzige mit Maßnahmen beim Leitsymptom Dyspnoe! Dadurch haben wir ganzen Medizinergenerationen nicht nur Angst vor einer
handwerklichen Maßnahme gemacht, die wir obendrein aus heutiger Sicht völlig überbewertet haben, auch haben wir vergessen, die Indikation zur invasiven Atemwegssicherung zu erläutern.
2. These: Wer “Intubieren” lernen will, soll Narkose lernen!


Zur Einarbeitung für die Tätigkeit auf der Intensivstation (und hoffentlich auch für die Tätigkeit als Dienstarzt oder ZNA-Arzt) gehört vielerorts ein Praktikum im OP, um Grundkenntnisse in der
Atemwegssicherung zu erhalten. Mein dringender Rat an alle nicht-Anästhesisten: Bitte, hechtet nicht von Saal zu Saal, um ein möglichst dickes Rohr in möglichst viel Tracheen zu stecken, sondern
lernt gemeinsam mit demjenigen Anästhesisten, der Euch am besten erklärt, wie man Narkose einleitet. Macht eigene Erfahrungen mit Hypnotika, Relaxantien, mit Opiaten und kreislaufaktiven
Substanzen! Trainiert die Maskenbeatmung! Lernt die Tricks mit der Maske, die gute Anästhesisten drauf haben! Macht Erfahrungen mit dem Wert einer gründlichen Präoxygenierung! Nehmt alternative
Atemwegshilfsmittel in die Hand und bringt sie zur Anwendung! Lasst Euch erklären, vielleicht sogar zeigen (der HNO-Saal macht´s vielleicht möglich), wie eine Koniotomie funktioniert und vor
allem: wie ein notfall-koniotomierter Patient beatmet wird! Lernt, wie man Narkose führt, nachdem man sie eingeleitet hat! Das ist wichtig!
3. These: Nutzt Simulation und Imagination!

Viele Dinge rund um die Atemwegssicherung kann man am Simulator lernen – natürlich nicht alle die Tipps und Tricks, aber den grundsätzlichen Umgang mit dem Material. Eine solche Vorbereitung
macht eine Einleitung unter Supervision zum doppelten Erfolg und sichert eine optimale Nutzung der Lernzeit dort! Natürlich intubieren sich Puppen anders als Menschen – aber auch die meisten
Menschen anders als die meisten anderen. Nutzt die Kraft Eurer Vorstellungskraft: so, wie Michael Schumacher wieder und wieder in Gedanken alle Kurven des Nürburgring abfährt, so führt auch Ihr
in Gedanken wieder und wieder die Handgriffe zur Atemwegssicherung durch – und die Alternativmethoden, wenn es nicht klappt! Denkt intensiv jeden Handgriff, jedes Teil, alles muss sitzen, alles
funktionieren! Wo etwas unklar bleibt, schaut nach und fragt nach! Die meisten Ärzte scheitern meiner Erfahrung nach übrigens daran, dass sie ihr Material nicht richtig kennen…
 
4. These: Vermeidet Fixierungsfehler!

“Luft muss in die Lunge!” ist ein oft zitierter Satz eines lange emeritierten Anästhesisten. Eine andere seiner Weisheiten besagt, dass man für den Notfall nur zwei Dinge wissen muss, nämlich 1.
Was ist Sauerstoff und 2. Wo muss er hin. Genau darum geht es doch in letzter Konsequenz: die Aufrechterhaltung einer (minimalen) Oxygenierung der Gewebe. Das schließt eben nicht nur die
Atemwegssicherung, sondern auch die Aufrechterhaltung eines Kreislaufes mit ein. Wie der Sauerstoff zu den Organen kommt, ist dabei völlig zweitrangig, will sagen: dem Hirn ist es egal, ob die
Lunge mittels Beutel und Maske, Larnyxtubus, Endotrachealtubus oder Koniotomie befühlt wird. Und dem Hirn ist es auch egal, ob der Transport des Blutes durch spontane Herzaktion, Herzdruckmassage
oder unter der Einwirkung von Akrinor oder Adrenalin gelingt. “Mach einfach konsequent das, was wir immer machen: Sättigung über 90% halten, Herzfrequenz nicht zu hoch und nicht zu niedrig,
Blutdruck nicht zu hoch und nicht zu niedrig und schön viel Schlaf” – so einfach die Anweisung des Anästhesisten klingt, so war ist sie doch!
5. These: Lernt das Konzept der “Delayed Sequence Induction” und das der “Rapid Sequence Induction”!

Neben der raschen “Ileus-Einleitung” geistert die Einleitung von schwer hypoxischen Patienten nach dem Konzept der “Delayed Sequence Induction” seit einiger Zeit durch die Literatur und die
Blogs. Aus meiner Sicht ein großartiges Konzept, dass ich um den Schritt der Einleitung und Einlage eines Larynxtubus zur Oxygenierung vor Intubation (als Alternative zur Maskenbeatmung)
unbedingt erweitern würde.
Über alledem steht, dass, wenn die Indikation zur Narkose erst einmal gestellt ist, es nurmehr vorwärts gehen darf, sprich: die Narkose so dosiert werden muss, dass die Bedingungen zur
Atemwegssicherung optimal sind (das inkludiert ein depolarisierendes Relaxans in adäquater Dosis)! Halbe Narkosen machen nur Apnoe, Hyperkapnie, Kreislaufnebenwirkungen, Stress bei allen
Beteiligten und einen unnötig schwierigen Atemweg!
6. These: Prüft die Indikation zur Narkose und Intubation kritisch, nicht ängstlich!

Niemand wird von einem Tubus gesund, wenngleich er bei gefährdetem oder eingeschränktem Atemweg lebensrettend sein kann. Narkose hingegen ist mitunter “Heilschlaf” und damit lebensrettend. Immer
aber gilt es, die Oxygenierung oder die Ventilation zu optimieren oder optimal zu halten. Dazu gibt es jedoch, insbesondere für internistische und neurologische Erkrankungen (ich denke hier vor
allem an Pneumonien und exazerbierte COPD, aber auch neuromuskuläre Erkrankungen) auch andere Wege als die invasive Beatmung: Mit CPAP-Atmung lässt sich vielmals die Oxygenierung, mit
nicht-invasiver Beatmung auch die Ventilation positiv Beeinflussen. Häufig lässt sich bei früher intensiver Therapie eine invasive Beatmung vermeiden und damit werden alle mit ihr assoziierten
Probleme vermieden.
Anfang November werden wir uns in Berlin auf dem EuSEM-Refresher-Course nun doch wieder ausführlich mit der Atemwegssicherung beschäftigen. Weil zum “Intubieren” so
viel zu sagen ist? Nein, weil so viel gesagt wurde, dass es Zeit wird, das für uns Notfallmediziner wesentliche zusammenzufassen – und vor allem: es zu üben! 

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