Ich scheine es ein bisschen mit den nicht ganz so einfach zu beschreibenden Büchern/ Filmen etc. zu haben. Snow Crash gehört da definitiv dazu,
Spielend in einer (nicht allzu fernen?) Zukunft in einem Amerika, wo es keine funktionierende Regierung mehr gibt, dafür aber Kapitalismus über alles. Die Leute leben in und arbeiten für Franchises wie die Mafia – die den Pizzalieferdienst unter sich hat … und das so ernst nimmt, dass eine späte Lieferung die Familienehre beeinträchtigt.
Oder Kleinstaaten-Gebiete wie Mr. Lees greater Hong Kong mit eigenem Sicherheitssystem wie umgemodelten Bulldoggen. Ursprünglich staatliche Unternehmen wie der CIA wurden privatisiert – sie handeln nach wie vor mit Informationen, nur kann sie jetzt jeder verkaufen und kaufen. Den FBI gibt es noch – die Feds sind bürokratisiert und paranoid wie sonst kaum einer.
In dieser Umwelt lebt der Held Hiro Protagonist – halb Afrikanisch-Amerikaner und halb Koreaner – bis zu einer vermasselten Lieferung Pizza Kurier und im Metaverse gefeierter Hacker und laut Visitenkarte der Weltbeste Schwertkämpfer. Das Metaverse ist das, was Second Life hätte werden können – halb Internet, halb Zweit-Welt in der man sich trifft, Informationen austauscht und in der auch die grossen Firmen alle vertreten sind.. Zugänglich per Computer, repräsentiert wird man als Avatar … je nach Verbindung und Informatikkenntnissen besser oder schlechter.
Die zweite Hauptperson ist die 15 jährige Y.T., ihres Zeichens Kurier – was im modernen Amerika heisst: sie ist mit hochtechnischem Rollbrett, Schutzausrüstung und „Poon“ unterwegs, indem sie sich an Fahrzeuge anhängt. Ihre Wege kreuzen sich mehr durch Zufall – sie ist diejenige, die die Pizza dann doch noch rechtzeitig zum Ziel bringt … und sich den Dank der Mafia sichert.
In der realen Welt und im Metaverse macht sich eine neue Sache breit, die sich Snow Crash nennt – das weisse Flimmern, das man nach einem absoluten Computerabsturz sieht. Es scheint eine Verbindung zu geben zwischen Sprache, Gehirnbeeinflussung, Religion, Viren und Computer – und ein Informationsmogul: L. Bob Rife will sie einsetzen … ja, wogegen?
Hiro mit seinen Samurai-Schwertern, Y.T. mit ihrem Board suchen sich ihren Weg – gegen einen starken Widersacher in der Realwelt und dem Metaverse – Raven. Einem Aleuten auf persönlichem Kriegszug gegen das, was von Amerika übriggeblieben ist und der – zum persönlichen Schutz sozusagen – mit einer Atombombe vernetzt ist.
So ganz nebenbei lernt man noch etwas über die Sumerer, Sprache, Religion und Computer.
Alles trifft sich schliesslich auf der Raft – einer Art riesigen schwimmenden Unterkunft, die dem Informationsmogul neue Leute – Flüchtlinge sozusagen – nach Amerika bringt.
Das Buch fängt eher gemächlich an – bringt aber eine Menge Ideen, auch neue, die über das sonstige „Cyberpunk“ Thema herausgehen und reichlich Gesellschaftskritisch sein können – langweilig wurde es mir nicht. Im zweiten Teil nimmt das Erzähl-Tempo zu, gleichzeitig werden auch die Hintergrund-Informationen dichter. Es endet mit einer (oder zwei?) Verfolgungsjagden …
Ich fand es lesenswert wegen den teils abstrus scheinenden Ideen, den durchaus „coolen“ Figuren und weil man – da das Buch doch schon älter ist (1992) inzwischen einiges daraus schon wiedererkennen kann: Internet, Avatare, Information als Macht …
**** 4 Sterne dafür.
Lesenswert für: Science Fiction Fans, Computer Fans, Leute mit Interesse an Sprachentwicklung …