Auf vielen Kongressen wird sie noch heiß diskutiert, die Frage: „Patient oder Konsument?“. Im richtigen Leben geht es allerdings gar nicht um diese Alternative. Natürlich bin ich als Patient im OP von Können und Wissen der Experten abhängig. Mit meiner Konsumentensouveränität ist es nicht weit her. Genau Gleiches gilt aber auch im Flugzeug, wenn es erst mal von der Startbahn abgehoben hat. „Auf Leben und Tod“ bin ich Piloten und Technologie ausgeliefert. Als ich das Ticket kaufte, war alles noch ganz anders. Auch auf dem Gesundheitsmarkt ist die Situation ähnlich, nachdem Transparenz, zu zögerlich zwar, aber dennoch Einzug hält. Zeitungen und Zeitschriften haben die Auflagen stärkende Funktion von Gesundheitsthemen längst entdeckt. Medizinerrankings sind beliebter denn je. Und im Internet boomen Bewertungsportale aller Art. Nach wie vor ist der Patient aber angesichts der Vielfalt der teilweise widersprüchlichen Informationen immer noch häufig auf sich allein gestellt.
Der Patient rückt nur dann ganz in den Mittelpunkt der Gesundheitsbranche, wenn die Leistungs- und Qualitätstransparenz durchgängig gewährleistet sind. Eine kluge Gesundheitspolitik setzt hier an, weil das die Patienten wirklich interessiert und niemand sich dem offen entziehen kann. Dabei garantieren letztlich nicht die Formalqualitäten der Experten hohe Qualität, sondern die objektiven Ergebnisse der Behandlungslösungen. Sie müssen im Zentrum einer unabhängigen Bewertung stehen. Die Realisierung der Idee einer „Stiftung Gesundheitstest“ muss mithin ganz oben auf der Agenda der nächsten Gesundheitsreform stehen.
Das deutsche Gesundheitssystem ist nach wie vor durch eine ausgeprägte Segmentierung gekennzeichnet. Dazu tragen ganz zentral die sehr unterschiedlichen Finanzierungsgrundladen bei. Sie verhindern bisher weitgehend die Überwindung der traditionellen Grenzen zwischen den Systemteilen. Ambulante und stationäre Angebote sind deshalb nur sehr unzulänglich vernetzt. Die alte Trennung zwischen den in Praxen „vertikal“ behandelten Leichtkranken und den in Krankenhäusern „horizontal“ versorgten Schwerkranken lebt organisatorisch fort, obschon die Entwicklung der modernen Medizin inhaltlich längst die Behandlung von komplexen Erkrankungen auch ambulant ermöglicht. Der Gesundheitsmarkt wird dieser Entwicklung immer noch nicht gerecht. Praxen und Krankenhäuser repräsentieren nach wie vor genauso stark abgeschottete eigene Welten wie die Rehabilitationskliniken, die Apotheken und die vielen anderen Gesundheitsanbieter. Die immer stärkeren Spezialisierungen der Medizin in den vergangenen Jahrzehnten macht es allen Beteiligten schwer, sich in diesem Dickicht zu recht zu finden.
Patienten, die zu Konsumenten werden, erwarten entgegen der geschilderten Situation zunehmend ganzheitliche Gesundheitsangebote, die auf einem strukturierten Prozess beruhen. Diese tief greifenden Veränderungen bringen für die Anbieter der Gesundheitswirtschaft die Verpflichtung, sich positiv auf die neuen Herausforderungen einzustellen. Für die Akteure der Branche steht bisher „ihre“ Institution im Zentrum. Für die Nutzer, also die Patienten, ist hingegen ausschließlich die Behandlungslösung von Interesse. Der Medizinprozess rückt ins Zentrum des Gesundheitsmarktes. Dabei ist besonders wichtig, zu einer geplanten und strukturierten Behandlung zu kommen. Eine solche Entwicklung ist die Voraussetzung für „Markenmedizin“. Patienten können ihre Rolle als Konsumenten nur dann aktiv wahrnehmen, wenn ihnen Hilfe zur Erlangung von Transparenz zu Teil wird. Hier setzt der Gedanke der „Stiftung Gesundheitstest“ an.
Die Zeit für eine „Stiftung Gesundheitstest“ ist reif. Die Angebote zur Verbesserung der Transparenz in der Gesundheitswirtschaft sind vielfältig. Was fehlt ist eine unabhängige Institution, die die Rolle des Patienten als Konsument stärkt. Deshalb ist die Errichtung einer „Stiftung Gesundheitswirtschaft“ jetzt so wichtig.
Sehen Sie auch den Web-TV-Bericht zur „Stiftung Gesundheitstest“ unter:
http://www.lohmannmedia.tv/clip/249787/Stiftung_Gesundheitstest.html