Bei dem Titel denkt ihr jetzt sicher an Sprachbarrieren oder an bewusstlose Patienten. Weit gefehlt. Die Anamnese war aus “Datenschutzgründen” nahezu unmöglich.
Später Nachmittag. Der Melder verspricht uns einen internistischen Patienten. Wir lassen Kaffee und Kekse zurück in der Obhut unserer Kollegen vom zweiten RTW und machen uns auf den Weg, Menschenleben zu retten.
Am Einsatzort angekommen, werden wir bereits von einer Angehörigen erwartet und ins Wohnzimmer gebeten. Dort sitzt er, der Patient.
“Guten Tag, Rettungsdienst, was können wir …”
“Ich muss ins Krankenhaus!”
Ja, das ist ein guter Einstieg ins Gespräch. Haken wir doch mal nach.
“Was ist denn das Problem?”
“Sie müssen mich ins Krankenhaus bringen!”
Mein Kollege und ich tauschen einen leicht ungeduldigen Blick. Das wird ein Spaß.
Er erklärt dem Patienten, dass wir schon wissen müssen, warum er uns gerufen hat. Die hilfreiche Antwort ist – na, wer errät’s? Richtig: “Mir gehts nicht gut, ich muss jetzt ins Krankenhaus!”
Gut, so kommen wir nicht weiter. Vielleicht verrät unser schweres Rettungszubehör uns ja mehr. Ich schalte den Defi ein und pack den Fingerclip vom Pulsoxy aus. “Das steck ich ihnen jetzt mal auf den Finger, das tut nicht weh.” Skeptisch beobachtet der Patient mein Wirken. Als er merkt, dass der lustig leuchtende Clip einen Wert auf den Monitor vom Defi überträgt, reißt er sich das Pulsoxy wieder runter und brüllt “DAS GEHT SIE GAR NIX AN!”
… und genau in dem Moment stehen der Notarzt und sein Assistent in der Tür.
Die beiden gucken ähnlich beschmiert aus der Wäsche wie mein Kollege und ich. Was soll der Mist?
Nach einer Schrecksekunde stellt unser Notarzt sich dem Patienten vor, und fragt nach warum er uns denn gerufen hat. Die Antwort können sich jetzt sicher alle denken.
Mit viel guten Zureden seitens des Notarztes lässt der Patient dann immerhin ein bisschen Diagnostik zu. Pulsoxy ist jetzt okay, das 3-Kanal-EKG wird toleriert und den Blutdruck dürfen wir auch messen. Wow.
Die Werte sind nicht wirklich berauschend, aber noch im Rahmen. Dafür würde man ja eigentlich nicht den Rettungsdienst rufen … aber andererseits wurden wir schon für viel weniger notfallmäßige Wehwehchen gerufen.
Also nochmal freundlich aber bestimmt nachgehakt, ob es denn ein Problem mit der Luft sei. Keine Antwort, nur ein leicht feindseeliger Blick.
Ob er denn irgendwelche Vorerkrankungen habe, fragt der Doktor.
“DAS SAG ICH IHNEN NICHT, DAS IST PRIVAT!!!”
Öhm …
Der NEF-Assistent hat offensichtlich keine Lust mehr auf diesen Scheiß und teilt dem Patienten mit Nachdruck mit, dass wir ihn weder behandeln noch ins Krankenhaus bringen werden, wenn er nicht kooperiert und uns nicht langsam mal mitteilt, warum er den Notruf gewählt hat.
Ratet! RATET!!!
Der gute Mann leidet an Verstopfung. Verstopfung! Seit zwei Tagen. Zwei Tage!
Wir haben ihn freundlich darauf aufmerksam gemacht, dass man an einem Wochentag um diese Uhrzeit durchaus noch seinen Hausarzt in der Praxis antrifft, und uns vom Acker gemacht.
Verstopfung. Und dafür hab ich meine Kekse an die Kollegen verloren …
Einsortiert unter:Rettungsdienst, WTF Tagged: Anamnese, Notarzt, Rettungsdienst, unkooperativer Patient