Studie zum Praxisimage: Mitarbeiter werten zu optimistisch

Praxisteam professionell (Arztpraxis)

von Sebastian Schnabel, Medienbüro Medizin, Hamburg

Die eigene Praxis ist hell, ruhig und sauber. Sie ist gut organisiert, die Mitarbeiter sind freundlich und geduldig und der Arzt informiert seine Patienten ausführlich über die Erkrankung und die Behandlung. So sehen die meisten MFA das Image ihrer Arztpraxis. Leider nehmen die Patienten das häufig anders wahr. Die Studie „Praxisimage“ des Betriebswirts und Buchautoren Klaus-Dieter Thill, Leiter des Instituts für betriebswirtschaftliche Analysen, Beratung und Strategie-Entwicklung (IFABS) aus Düsseldorf, kommt zu dem Ergebnis, dass Mitarbeiter das Praxisimage deutlich positiver beurteilen als die Patienten. „Praxisteam professionell“ stellt Ihnen die Studie im Einzelnen vor.

Patienten meist unzufrieden mit der Praxisorganisation
Für die Studie hat das IFABS Patienten und Mitarbeiter in 640 Arztpraxen befragt. Beide Gruppen sollten das Image der Praxis in bestimmten Bereichen einschätzen. Die Fragen wurden anhand einer fünfstufigen Skala beantwortet: von „trifft voll und ganz zu“ bis „trifft überhaupt nicht zu“. Vorab wurde in einer Vorstudie ermittelt, welche Faktoren für das Praxisimage überhaupt von Bedeutung sind. Dabei hat das IFABS 33 Merkmale ermittelt, die Patienten wichtig sind. Diese Merkmale wurden vier Bereichen zugeordnet: Arzt, Atmosphäre, Organisation und Personal.
Bereich 1: Image der Ärzte
Das Image der jeweiligen Praxisärzte wird von Patienten und Mitarbeitern unterschiedlich wahrgenommen – in manchen Fällen überschätzen die Mitarbeiter ihre Ärzte. Patienten fühlen sich häufig nicht ausführlich und verständlich genug informiert, sie fühlen sich nicht ernst genommen. Beides tun Ärzte hingegen aus Sicht der Mitarbeiter. Was das Praxisteam als Schwäche einschätzt – nämlich dass der Arzt nicht störungsfrei arbeiten kann und unkonkret in seinen Aussagen ist -, das beurteilen auch die Patienten negativ. Überein stimmen Mitarbeiter und Patienten nur bei drei Stärken der Ärzte: Sie wirken überwiegend sorgfältig, einfühlsam und aufmerksam.
Bereich 2: Praxisatmosphäre
Weniger stark ausgeprägt sind die unterschiedlichen Wahrnehmungen bei der Atmosphäre der Praxen. Als Stärke betrachten Mitarbeiter und Patienten, wenn eine Praxis ein helles, einladendes, angenehmes, aufgeräumtes und sauberes Image hat. Die Mitarbeiter empfinden darüber hinaus ihre Praxen als ruhig, großzügig und modern. Ihre Patienten sehen jedoch genau diese Punkte häufig anders.
Beachten Sie: Praxisteams nehmen bestimmte Alltagsgeräusche irgendwann nicht mehr wahr. Sie sind so an die Einrichtung gewöhnt, dass sie nicht merken, dass diese alles andere als zeitgemäß ist. Patienten haben hingegen einen unvoreingenommenen Blick auf die Praxis – hören Sie auf Ihre Patienten!
Bereich 3: Organisation
Speziell in dem Bereich „Organisation“ klaffen Selbsteinschätzung und Patientenwahrnehmung deutlich auseinander. Während die Mitarbeiter das Praxisimage in Hinblick auf die Organisation als patientengerecht, flexibel, transparent, pünktlich und zügig beurteilen, sehen die Patienten in all den genannten Punkten Schwächen.
Bereich 4: Personal
Patienten sind auch dem Personal der Praxis gegenüber kritischer als die Mitarbeiter in ihrer Selbstwahrnehmung. Die Praxisteams machen laut der IFABS-Studie keine Schwächen bei ihrem Image aus. Sie meinen, sie gelten als freundlich, kompetent, hilfsbereit, professionell und zuverlässig. In diesen Punkten stimmen die Patienten noch überein. Auch sie sehen hier die Stärken des Personals. Doch darüber hinaus machen die Patienten auch Schwächen aus, die das Praxisteam nicht wahrnimmt. Diese beziehen sich auf die Attribute zuverlässig, diskret, geduldig und individuell. Hier haben viele Mitarbeiter aus Sicht der Patienten noch Nachholbedarf.

Die wenigsten Praxen haben ein durchgehend positives Image
Das IFABS hat in der Studie auch erhoben, wie häufig Praxen in den vier Bereichen Arzt, Atmosphäre, Organisation und Personal überwiegend positive Bewertungen erreicht haben. Sieben Prozent der untersuchten Praxen schafften dies in allen vier Bereichen, weitere elf Prozent zumindest in drei. Das Gros der Arztpraxen schaffte es jedoch nicht, ein überwiegend positives Image aufzubauen. Ein Drittel (34 Prozent) konnte lediglich in zwei Bereichen die Patienten überzeugen. Und über die Hälfte – 58 Prozent – hatten nur in einem Block positive Bewertungen.
Vorsicht: Image ist beständiger als Zufriedenheit

Zwar hat sich die Studie nur mit dem Image und nicht mit der Leistung der Praxen beschäftigt, doch sind die Ergebnisse deshalb nicht irrelevant. Beim Image ist das wahr, was wahrgenommen wird. Auch wenn der Praxisinhaber seine Patienten ernst nimmt, nützt es wenig, wenn diese sich nicht ernst genommen fühlen. Und auch wenn Patienten nicht länger als bei anderen Ärzten warten müssen, kann es ihnen länger vorkommen, wenn etwa das Wartezimmer kahl und ungemütlich und die Zeitschriften veraltet sind. Diese Faktoren beeinflussen zwar nicht die objektive Leistung der Praxis, wohl aber das Image. Und anders als die Zufriedenheit der Patienten, die je nach Situation und Tagesform von Besuch zu Besuch wechseln kann, ist das Praxisimage beständiger. Ob Patienten eine Praxis weiterempfehlen, hängt vor allem davon ab, ob sie, völlig subjektiv, einen guten Eindruck hatten.

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