“Im Großen und Ganzen bin ich mit meinem Praxisbetrieb zufrieden!” Ähnlich wie Dr. P., Dermatologe in einer rheinischen Großstadt, sehen auch viele andere Ärzte ihre Praxis-Unternehmen. “Natürlich läuft nicht alles rund, aber das ist ja in anderen Praxen auch so.” Das Problembewusstsein und die Motivation, Optimierungsmöglichkeiten der eigenen Arbeit auch ohne spürbaren “Leidensdruck” zu identifizieren, ist unter Medizinern nur gering ausgeprägt. Das Beispiel der Praxis von Dr. P. zeigt jedoch, welche Möglichkeiten existieren, den Praxisbetrieb nicht nur entspannter und komfortabler zu gestalten, sondern auch in der Konsequenz wirtschaftlich erfolgreicher. Eine grundsätzliche Untersuchung der Leistungsfähigkeit des Praxismanagements, d. h. der Gesamtheit aller Regelungen, Instrumente und Verhaltensweisen, die ein Praxisbetrieb zur Realisierung seiner Arbeitsaufgaben einsetzt, erbrachte für P. überraschende Erkenntnisse (vgl. Abb. Derma-Dashboard), u. a.:
– Die in seiner Praxis eingesetzten Instrumente und Regelungen des Praxismanagements entsprechen lediglich 37,1% der Arbeitsweisen, die in überdurchschnittlich erfolgreichen Praxen zur Anwendung kommen. Gleichzeitig ist dieses Resultat deutlich unter dem Durchschnitt, den Fachkollegen umsetzen, angesiedelt.
– Die Schwerpunkte seiner Praxismanagement-Ausrichtung liegen in den Aktionsbereichen “Patientenmanagement” und “Zusammenarbeit”. Eine Adhärenz-basierte Patientenbetreuung und eine positive Kooperation mit seinen Medizinischen Fachangestellten sind ihm wichtig. Dennoch ist die Zufriedenheit beider Gruppen, gemessen auf einer Schulnotenskala, nur gering: die Patienten-Durchschnittsnote liegt bei 3,4, der Mitarbeiterinnen-Wert bei 4,1. Die Weiterempfehlungsbereitschaft des Patienten-Klientels ist mit einem Wert von 38,7% (Maximum: 100%) ebenfalls schlecht.
– Verantwortlich hierfür ist die geringe Strukturierung der Praxisorganisation, die in der Konsequenz zu überlangen Wartezeiten und vielen Pannen, z. B. im Wartezimmer vergessene Patienten oder verlegte Unterlagen, führt. Das Personal erhält zwar eine stets freundliche Ansprache, es fehlt aber an Aufgabenzuordnungen und -Koordination. Praxisbesprechungen finden nicht statt, ebenso keine Mitarbeitergespräche.
– Der Arzt empfindet sich selbst als durchschnittlich gut organisiert, seine Mitarbeiterinnen sehen das jedoch vollkommen anders, da er keinem Arbeitsplan folgt, sondern aktionistisch auf akut Anfallendes reagiert.
– Das Marketing beschränkt sich auf das Angebot einer in schlechter Qualität kopierten Praxisbroschüre, einen Kaffeeautomaten vor dem Wartezimmer und auf eine Internet-Visitenkarte. Das Mobiliar der Praxis ist überaltert, die Räume renovierungsbedürftig.
– Planung und Finanzmanagement werden dem Steuerberater überlassen, ein Kostenmanagement existiert nicht.
So wie Dr. P. erkennen viele Ärzte aus dem eigenen Blickwinkel kaum die Probleme bzw. Chancen ihrer Betriebe und verzichten damit auf eine produktive und patientenorientierte Praxisführung.
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