Die kürzlich beschlossene EBM Reform wird nunmehr ab Oktober umgesetzt und nicht nur Experten fragen sich, inwieweit die Absicht, die hausärztliche Grundversorgung zu stärken, tatsächlich auch gelingt. Man ist sich einig, dass diese Reform grundsätzlich den Arztpraxen nicht mehr Geld bringen wird, sondern lediglich eine Umverteilung in Richtung Geriatrie und Palliativ zur Folge haben wird. Nachstehend finden Sie zwei konkrete Abrechnungsbeispiele, anhand derer Gewinner und Verlierer der EBM Reform aufgezeigt werden.
Hausärztliches Versorgungsspektrum wird durch individuelle EBM Ziffer geregelt
Übergeordnetes Ziel der kommenden EBM Reform ist eine Stärkung der hausärztlichen Grundversorgung, die nun in ein “grundsätzliches hausärztliches Versorgungsspektrum” und “Leistungen, die vom grundsätzlichen hausärztlichen Versorgungsspektrum abweichen” aufgeteilt werden. Das heißt, wenn Sie in Ihrer Praxis einen Schwerpunkt in der Behandlung von Diabetes, Schmerztherapie oder Akkupunktur haben, müssen Sie differenzierter abrechnen. Sie erhalten neben der grundsätzlichen Versichertenpauschale eine individuell auf die Versorgung ausgerichtete Grundpauschale sowie gegebenenfalls einen Chronikerzuschlag. Wenn Sie allerdings ein Versorgungsspektrum anbieten, das von der Grundidee der hausärztlichen Versorgung abweicht, erhalten Sie keine entsprechende Pauschale und können auch den Chronikerzuschlag nicht abrechnen.
Abrechnungsbeispiel 63-jähriger Patient mit Diabetes II zur Kontrolle
Hier können Sie grundsätzlich die Versichertenpauschale mit dem Ordinationskomplex 3000 im Betrag von EUR 15,70 abrechnen. Die individuelle Altersunterscheidung wird dabei direkt durch die KV durchgeführt und muss von Ihnen nicht gesondert berücksichtigt werden. Möglich ist auch die Verrechnung der Vorhalteziffer 03040 und zwar die Hälfte der ursprünglichen Pauschale, also EUR 7,00. Sollten Sie in Ihrer Praxis mehr als 1.200 Behandlungsfälle pro Arzt pro Quartal haben, steht Ihnen ein entsprechender Zuschlag von 10% zu. Betreuen Sie weniger als 400 Patienten pro Quartal wird Ihnen nochmals ein Abschlag von 10% erteilt. Wenn Ihr 63-jähriger Patient mehr als zweimal pro Quartal bei Ihnen in der Praxis erscheint, können Sie den Chronikerzuschlag 03221 in Höhe von EUR 15,00 verrechnen und eventuell ein ausführliches Gespräch, das mit der EBM Ziffer 03230 neu geschaffen und mit EUR 9,00 honoriert wird. Der Gesamtbetrag ist je nach Ihrer Praxisgröße geringer bzw. fast gleich im Vergleich zur alten Abrechnungmethode, die ein Honorar von EUR 53,03 ergeben hat. In jedem Fall haben Sie aber nach der ab Oktober geltenden EBM Reform einen deutlich höheren Aufwand in der Betreuung des Patienten, der zumindest finanziell nicht honoriert wird.
Abrechnungsbeispiel 25-jähriger Patient mit Harnwegsinfekt
Bei der Honorarberechnung für einen 25-jährigen Patienten, der mit einem Harnwegsinfekt zu Ihnen kommt, ist die Abrechnung nach der EBM Reform wenig gewinnversprechend aus Sicht des Arztes. Zur Abrechnung gelangt der Ordinationskomplex mit der EBM Ziffer 3000 im Betrag von EUR 12,20, wobei die Altersunterscheidung wie bereits erwähnt durch die KV direkt durchgeführt wird. Auch die Vorhalteziffer 03040 in Höhe von EUR 14,00 kommt zur Abrechnung, eventuell können Sie die Durchführung einer Sonographie verrechnen, die allerdings bei der Diagnose Harnwegsinfekt nicht unbedingt medizinisch indiziert ist. Sie können weder eine Chronikerziffer noch das Honorar für das ausführliche Gespräch abrechnen, womit ein Gesamtbetrag nach der EBM Reform in Höhe von EUR 26,20 in Summe entsteht. Wenn Sie hier mit dem bisherigen Abrechnungsmodell, das für die Behandlung des 25-jährigen Patienten ein Honorar von EUR 31,50 vorsieht, einen Vergleich zum kommenden Tarif ziehen, werden Sie die Differenz deutlich feststellen. Es wird ein deutlicher Verlust entstehen, der die Rentabilität in Frage stellt.
Da sich bereits vor Inkrafttreten der EBM Reform Widerstand regt, wurde eine eventuelle Neukalkulation der Leistungen in Aussicht gestellt. Dazu wurde vereinbart, dass bis zum 30. Juni 2014 das Institut des Bewertungsausschusses alle Leistungen überprüft und gegebenenfalls eine Neuberechnung vorgenommen wird.