“Hilflose Person hinter verschlossener Tür”
Der Arzt fand zwei hilflose Personen, nachdem die Tür aufgebrochen worden war: Den etwa 70-jährigen Vater und seine etwa 40-jährige Tochter.
Beide bewußtlos, aber spontan atmend. Beide in ihren Betten. In einer kühlen, dunklen Altbauwohnung, in den ersten Wintertagen zu Beginn der Neunziger.
Seltsam: Neben dem Bett des älteren Herrn fand sich ein Eimer mit etwas Erbrochenem. Auf dem Nachttisch eine geöffnete Ampulle MCP, was auf vorangegangene Übelkeit und die Anwesenheit eines hausärztlichen Notdienstes schließen ließ.
Weiteres war nicht in Erfahrung zu bringen. Wie lange die beiden schon dort lagen. Was geschehen war. Ein kollektiver Suizid? Vergiftung durch Lebensmittel? Alles blieb unklar.
So verbrachten der Arzt und die Feuerwehr die beiden in verschiedene Krankenhäuser. Die Intensivstationen blieben in telephonischem Kontakt. Möglicherweise würde einer der Beiden aufwachen und berichten können.
Auch die Labordiagnostik und ein Neuro-Konsil brachten keine weiterführende Hinweise.
Stunden später erwachte dann aber die Tochter im Nachbarkrankenhaus. Und berichtete über die Probleme des Vaters am Vortag. Schwindel, Übelkeit und Kurzatmigkeit habe er verspürt. Immer müder sei er geworden. Der Notdienst habe aber nichts gefunden und nur eine Spritze gegeben. Und dazu noch die kalte Wohnung. Wintereinbruch. Beide hätten den Kohleofen nicht recht zum Laufen gebracht.
Damit besteht ein Verdacht, der sich durch den HbCO-Wert bestätigt: Kohlenmonoxid-Vergiftung.
Und damit erklärt sich auch die rosige bis dunkelrote Hautfarbe, ungewöhnlich gesund wirkend bei Komatösen und die tiefe Atmung.
Rästelhaft bleibt, warum in der Wohnung kein Rauchgeruch oder ähnliches aufgefallen war. Vielleicht hatte man sich doch zu sehr auf die komatösen Patienten konzentriert?
Später legte die Feuerwehr den Kohleofen still.