Gelegentlich sehen wir in der Apotheke Rezepte von Tierärzten für Tiere. Hunde und Katzen hauptsächlich, gelegentlich auch für Vögel. Hauptsächlich, wenn der Tierarzt ein Medikament aufschreibt, das eigentlich für einen Menschen gedacht ist und es dann … umwidmet.
Ich muss zugeben – was die Dosierung da angeht, muss ich mich voll darauf verlassen, dass der Tierarzt weiss, was er tut, denn ich kenne mich nicht aus, was den Metabolismus von Tieren angeht. Ganz sicher sind Dosen für Menschen nicht einfach eins zu eins und nur auf das Körpergewicht bezogen anpassbar.
In Amerika ist ein Apotheker jetzt bei so einem Fall gebüsst worden.
Es ging um einen Hund, eine sehr hohe Valium-Dosierung auf dem Rezept vom Tierarzt und um eine besorgte Tierhalterin.
Der Hund war Roo, ein 6 Jahr alter etwa 48 kg schwerer Chedapeake Bay Retriever (wie im Bild), der eine Operation am Knie hatte.
Weil er nach der Operation sehr unruhig war und sich nicht schonte, verschrieb ihm der Tierarzt Diazepam. Die Tierklinik hatte keine Tabletten, die gross genug waren für einen Hund seiner Grösse, darum wurde das Rezept an eine Apotheke gefaxt, die die Hundehalterin ausgesucht hat.
Das Rezept war für 60 Stück 10mg Tabletten Diazepam. Mit der Dosierung 2 bis 4 Tabletten aufs Mal zu geben, alle 8 bis 12 Stunden, nach Bedarf.
Als der Apotheker dazu kam das Rezept auszuführen, fiel ihm die hohe Dosis auf.
Zum Vergleich: Beim Erwachsenen Menschen nimmt man initial 5-10mg, täglich maximal 20 mg. Die Einzeldosis soll nicht über 10mg liegen.
Wir reden hier also von einer Einzeldosis, die doppelt bis 4 x so hoch ist und von einer Tagesdosis, die maximal 8 x so hoch ist, wie empfohlen.
Der Apotheker versuchte den verschreibenden Arzt zu erreichen, der ist aber inzwischen in den Feierabend gegangen und die Tierklinik geschlossen.
…
Als die Tierhalterin das Medikament abholen kommt, weist der Apotheker sie auf die hohe Dosis hin: „Der Apotheker hat mir gesagt, die Dosis sei zu hoch. Tatsächlich hoch genug um einen Menschen umzubringen. Ich war verwirrt und verängstigt und habe ihn gefragt, was ich tun soll? Er hat mir gesagt, ich solle die Tabletten vierteln und meinem Hund nur je ¼ Tablette geben."
Das hat sie dann – was beim Hund dann keinen Effekt hatte: die Dosis war zu tief.
Sie war durch die Aussage des Apothekers so beunruhigt, dass sie – sogar nachdem sie noch einmal beim Tierarzt nachgefragt hat nicht die eigentlich verschriebene Dosis gegeben hat.
Mit dem Ergebnis, dass der Hund sein operiertes Bein nicht schonte, das dann nicht gut verheilt ist und der Hund weitere Operationen brauchte.
Deshalb hat sie den Apotheker angezeigt. Vor allem, weil er sich, wie sie sagte: uneinsichtig und reuelos zeigte.
Bei der Untersuchung sagte der Apotheker: „Ich habe nicht genug Resourcen um die Dosis für einen Hund zu berechnen. Die Resourcen in meiner Apotheke befassen sich alle mit der Dosierung für Menschen. … die Patientin hat mich gefragt, was die Nebenwirkungen dieses Medikamentes seien. Ich habe ihr gesagt, dass für einen Menschen die Dosis sehr hoch wäre und dass sie sich so bald als Möglich an den Arzt wenden soll um sich zu versichern, dass sie dem Hund die richtige Dosis gibt. In der Zwischenzeit soll sie sich an die aufgeschriebene Dosierung halten.“
Was auch immer gesagt wurde – und wie es ankam … der Apotheker bekam vom Board of Pharmacy einen Eintrag ins Leumundzeugnis (notice of correction) – aber keine weiteren Strafen, auch weil er bisher keine negative Vorgeschichte hatte und inzwischen auch Korrekturmassnahmen eingeleitet … wie für die Apotheke ein Buch über Dosierung bei Tieren anzuschaffen.
Der Apotheker bestätigt auch, dass sie in der Schule oder durch ihre Vorgesetzten keine Ausbildung erhalten in Veterinär-Pharmakologie. „Niemand hat das“ sagt er. Und fügt hinzu: „Ich rate den Schulen an, dass sie damit anfangen.“