Die richtige, gezielte und schnelle Behandlung von Psoriasis (Schuppenflechte) ist für viele der weltweit 125 Millionen Betroffenen nicht selbstverständlich. Morgen, am 29. Oktober steht der Welt-Psoriasistag 2013 in Deutschland deshalb unter dem Motto: „Psoriasis: Gute Versorgung für jeden“. In über 40 weiteren Ländern weltweit machen an diesem Tag Psoriasis-Erkrankte und ihre Unterstützer auf die vielfach kritische Versorgungslage aufmerksam.
Hier in Pharmawelt möchte ich auch zur Aufklärung beitragen. Deswegen sprechen wir Heute über diese Hautkrankheit, ihre Symptome, Ursachen und Therapie. Denn obwohl Schuppenflechte nicht ansteckend ist, reagieren Unwissende oft ablehnend. Ein Beispiel dazu erzählt uns die DDG in ihrer Webseite: Eine Bankangestellte zählt das Geld für einen Kunden ab. Ihre Nagelbetten sind stark gerötet, wulstig und rissig. Die Oberfläche der Fingernägel hat kleine Dellen, die Nägel sind gelblich-braun verfärbt. Der Kunde rümpft die Nase und schaut unangenehm berührt zur Seite. Solche Reaktionen erleben Patienten mit Schuppenflechte immer wieder. Sie leiden unter den Veränderungen ihrer Haut. Und unter der Stigmatisierung der Krankheit.
Die Psoriasis – auch Schuppenflechte genannt – ist eine relativ häufige Erkrankung der Haut: In Mitteleuropa sind zwei bis drei Prozent der Bevölkerung davon betroffen, allein in Deutschland leiden rund drei Millionen Menschen an dieser meist nicht lebensbedrohlichen, aber doch sehr belastenden Krankheit. Die Psoriasis kann in jedem Alter auftreten, im Schnitt um das 33. Lebensjahr. 75% der Fälle beginnen vor dem 46. Jahr, bei Frauen etwas früher als bei Männern. Einige Studien kamen zu dem Schluss, dass es zwei Altersgipfel für den Ausbruch der Krankheit gibt, zwischen 16 und 22 sowie zwischen 57 und 60 Jahren.
Lästig: quälender Juckreiz
Für die Psoriasis typisch sind punktförmige bis handflächengroße scharf begrenzte Rötungen der Haut, die von silbrig schimmernden Hautschuppen bedeckt sind. In fortgeschrittenen Stadien sind diese Herde von einem rötlichen Saum umgeben. Diese Psoriasis-Herde, auch Plaques genannt – neigen zur Austrocknung und Entfettung und können spröde und rissig werden. Sie treten vor allem an Ellenbogen, Knien, am Gesäß und am behaarten Kopf auf. Je ausgeprägter die Erkrankung, desto ausgedehnter sind die befallenen Bereiche – in besonders schweren Fällen kann die gesamte Körperoberfläche betroffen sein. Häufige Begleitsymptome sind Spannungsgefühle der Haut und ein quälender Juckreiz wenig oder gar nicht ausgeprägt.
Charakteristisch ist der schubweise Verlauf der Psoriasis. Dauer und Schwere der Schübe unterliegen dabei einem stetigen Wandel: Sie können Wochen, Monate, aber auch Jahre andauern und leicht oder schwer verlaufen. Die Schübe wechseln sich ab mit Phasen weitgehender Beschwerdefreiheit.
Formen der Psoriasis
Psoriasis vulgaris: Mit 80 bis 90 Prozent der Fälle die häufigste Form, oft auch als Psoriasis vom Plaque-Typ bezeichnet. Sie beginnt meist als kleinfleckig über den Körper verteilter Ausschlag, oft mit Juckreiz. Die geröteten Herde zeigen zunächst nur wenig Schuppenbildung. Oft vergrößern sie sich mit der Zeit und fließen zusammen. Die Herde entwickeln dann fest anhaftende silbrige Schuppen. Besonders häufig betroffen sind der behaarte Kopf, Ellenbogen, Knie und Gesäß, aber auch Bauchnabel, Brust, Rücken, Hände und Füße. Intensität und Verlauf sind von Patient zu Patient sehr unterschiedlich: Einige erkranken nur leicht, andere leiden unter heftigen Schüben mit hoher Krankheitsaktivität. In schweren Fällen können bis zu 80 Prozent der Haut von Plaques bedeckt sein.
Nagel-Psoriasis: Bei vielen Patienten sind auch die Nägel betroffen. Bei Tüpfelnägeln finden sich kleine Einsenkungen in der Nagelplatte, Ölflecke sind gelb-bräunliche Verfärbungen, die von Veränderungen im Nagelbett herrühren, und bei Krümelnägeln sind die Nagelplatten zerstört, die Nägel zerfallen.
Bei der pustelförmigen Psoriasis (Psoriasis pustulosa) bilden sich an den Psoriasis-Herden gelbliche Pusteln, die vor allem mit weißen Blutkörperchen gefüllt sind. Die – nicht ansteckenden! – Pusteln können auf Handflächen und Fußsohlen beschränkt sein oder am gesamten Körper auftreten. Diese Art der Psoriasis ist eine schwere Form und lässt sich nur schwer behandeln.
Etwa 25 Prozent der Patienten mit Hautsymptomen entwickeln auch eine entzündliche Gelenkerkrankung, die Psoriasis-Arthritis. Die ist eine besonders schwere Form der Erkrankung, die oft zu spät erkannt wird. Durch sie können Knorpel und Knochen zerstört werden. Betroffen sind hauptsächlich Finger- und Zehengelenke, aber auch größere Gelenkte wie zum Beispiel Knie oder Wirbelsäule. Je nach dem wie viele und welche Gelenke betroffen sind, werden auch hier Unterformen unterschieden. In jeden Fall ist bei der Psoriasis-Arthritis neben dem Hautarzt auch ein Rheumatologe zu Rate zu ziehen.
Die psoriatische Erythrodermie – auch psoriatische Rothäutigkeit genannt – ist die seltenste, aber auch die schwerste Form der Psoriasis vulgaris. Sie ist über die gesamte Haut ausgebreitet, es gibt keine einzige unbefallene Region! Die Haut ist entzündlich gerötet und zeigt eine lockere Schuppenbildung. Die Patienten fühlen sich meist abgeschlagen, haben Fieber und leiden unter heftigem Juckreiz.
Psoriasis Ursachen: Hautzellen wachsen schneller
Wie entstehen die Plaques auf der Haut? In den unteren Schichten der Oberhaut werden laufend neue Hautzellen – sogenannte Keratinozyten – gebildet. Normalerweise wandern diese innerhalb von etwa 28 Tagen zur Hautoberfläche und werden dann – ausgereift – als Schuppen abgestoßen. Bei der Psoriasis jedoch gelangen die Zellen aufgrund von Entzündungsprozessen etwa sieben Mal schneller an die Oberfläche der Haut. Die noch nicht vollständig ausgereiften Zellen, lösen sich nicht ab, sondern verkleben mit anderen Zellen zu großen, festen Schuppen – die Haut verdickt sich und eine Plaque entsteht.
Noch unklar sind die genauen Ursachen für die Krankheit. Man geht davon aus, dass es sich um eine Autoimmun-Erkrankung handelt, bei der das normalerweise gegen Fremdstoffe gerichtete Immunsystem irrtümlich körpereigene Strukturen angreift. Dadurch werden in der Haut Entzündungsprozesse in Gang gesetzt, bei denen insbesondere der Botenstoff TNF-alpha eine zentrale Rolle spielt. Gesichert ist, dass die Veranlagung für Psoriasis vererbt wird. Bislang sind mehr als zehn Gene bekannt, die mit der Erkrankung in Zusammenhang stehen. Besitzen beide Elternteile die Anlage für Psoriasis, liegt das Erkrankungsrisiko ihrer Kinder bei etwa 40 Prozent, bei nur einem betroffenen Elternteil bei rund 10 Prozent. Aber noch weitere Faktoren sind notwendig, damit es zum Ausbruch der Schuppenflechte kommt: Dies sind unter anderem akute Infekte, chronische Entzündungen, Hautverletzungen, Stress, Alkohol, Medikamente, hormonelle Umstellungen, Übergewicht und Umweltfaktoren wie zum Beispiel Klimawechsel und UV-Bestrahlung. Wie diese Auslöser wirken, ist jedoch noch unverstanden.
Die Diagnose „Psoriasis“ sollte nur der Hautarzt stellen. Er ermittelt auch den Schweregrad der Erkrankung – eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie. Bei der Beurteilung des Schweregrades – der sich von Schub zu Schub ändern kann – sind viele, auch individuelle Faktoren zu berücksichtigen. Ein wichtiges Kriterium ist der sogenannte PASI (Psoriasis Area and Severity Index)-Wert, der die Fläche der betroffenen Haut und die Schwere der Hautveränderungen berücksichtigt. Aber auch Einschränkungen in der Lebensqualität der Betroffenen werden in die Beurteilung einbezogen, u.a. mit Hilfe des DLQI (Dermatologischer Lebensqualitäts-Index)-Fragebogens.
Therapie: Beschwerden lindern
Eine echte Heilung der Psoriasis gibt es bislang nicht, es stehen aber zahlreiche Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung, die die Beschwerden lindern und die Zeit zwischen den Schüben verlängern können. Die Behandlung stützt sich dabei auf drei Säulen: die äußerliche (topische) Therapie, die Lichttherapie und die innerliche (systemische) Therapie.
Sind nur wenige Körperregionen mit einer relativ geringen Hautfläche erkrankt, reicht oft eine topische Behandlung. Vorteil der topischen Therapie ist, dass die Wirkstoffe direkt an ihren Wirkort gelangen. Nachteilig ist, dass die Anwendung meist zeitaufwändig ist und die Substanzen gelegentlich unangenehm riechend oder Flecken hinterlassen. Vorherrschend bei der äußerlichen Therapie werden folgende Wirkstoffe eingesetzt:
Steinkohlenteer: wirkt entzündungshemmend, lindert Juckreiz, löst Schuppen, hemmt die übermäßige Zellteilung.
Dithranol: mindert übermäßiges Zellwachstum, hemmt Entzündungen, lässt akute Schübe schneller abklingen.
Vitamin-D-Analoga: hemmen vermehrtes Keratinozyten-Wachstum, fördern deren Reifung und hemmen bestimmte Entzündungsreaktionen.
Vitamin-A-Analoga: hemmen die vermehrte Bildung von Keratinozyten und unterstützen ihre Reifung. Kommen wegen zahlreicher Nebenwirkungen nur bei schweren Fällen zum Einsatz.
Kortikoide: wirken stark entzündungshemmend, reduzieren Zellwachstum und die überschießende Immunreaktion, mindern Juckreiz.
Calcineurin-Inhibitoren: Tacrolismus und Pimecrolismus. Calcineurin-Inhibitoren verursachen, anders als Steroide, keine Hautatrophie, sind aber weniger effektiv als diese.
Spricht die topische Behandlung nicht an oder breiten sich die Areale aus, sollte eine spezielle UV-Lichttherapie erwogen werden. Allerdings besteht ein erhöhtes Risiko für Hautkerebs, vor allem bei hellem Hauttyp und mehr als 250 Anwendungen. Um die Nebenwirkungen der PUVA-Therapie (Übelkeit, Kopfschmerz) zu verringern, hat man die topische Form der Psoralen-Verabreichung entwickelt. Sie ist effektiv, doch muss man auf Verbrennungen achten.
Zeigt auch dies nicht die erhoffte Wirkung, muss der Betroffene darüber hinaus Medikamente einnehmen – das heißt, er erhält zusätzlich eine systemische Therapie, z.B. mit Methotrexat, Ciclosporin, Retinoiden oder Fumaraten. Die Erkenntnis, dass immunologische Vorgänge in der Pathogenese (Ursache) der Psoriasis eine wichtige Rolle spielen, hat zur Entwicklung von Medikamenten geführt, die an diesem Punkt angreifen. Dazu zählen T-Zell-Substanzen wie Alefacept und der monoklonale Antikörper Efalizumab und TNF-alpha-Inhibitoren (Etanercept, Infliximab, Adalimumab). Die Patienten müssen sorgfältig überwacht werden, da ein erhöhtes Risiko für schwere Infektionen und Krebs besteht.
Mittelschwere und schwere Formen werden fast immer mit einer Kombination verschiedener Optionen behandelt.
Tipps zum Schutz der Haut bei Psoriasis
Psoriatiker und ihre Ärzte wissen: Psoriasis-Haut möchte regelmäßig mit Fett und Feuchtigkeit gepflegt werden. Die Wahl des Pflegemittels richtet sich nach dem Hautzustand. Bei fettem Hauttyp sollte eine Öl-in-Wasser-Emulsion bzw. -Creme verwendet werden, bei trockenem Hauttyp eher eine Wasser-in-Öl-Emulsion.
Mehr noch als Haut-Gesunde muss der Psoriatiker auf seine Haut achten, damit nicht durch Keime verursachte Entzündlichen das Leiden zusätzlich verschlimmern. Dennoch raten Hautärzte, nicht zu oft und vor allem nicht zu heiß zu duschen oder zu baden, denn das beschleunigt die Entfettung. Auch Seifen, Schaumbäder und synthetische Badezusätze können die Haut austrocknen. Geeigneter sind rückfettende Dusch- oder Badezusätze sowie Ölbäder. Und nach dem Duschen oder Baden gilt: Tupfen statt rubbeln, denn rubbeln ist mechanischer Stress und pures Gift für die Psoriasis-Haut!
Pflegemittel, die die Haut vor dem Austrocknen schützen enthalten Harnstoff, Glycerin, Hyaluronsäure oder Vitamin E. Speziell für die Hautpflege nach dem Bad oder der Dusche gibt es eine Reihe von Pflegeprodukten auf pflanzlicher Basis, zum Beispiel mit Kamille, Frauenmantel, Ringelblume, Hamamelis, Teebaumöl, Löwenzahn, Maisöl und andere. Da aber jeder Mensch anders auf bestimmte Substanzen reagiert, hilft nur eines: ausprobieren. Darüber hinaus empfehlen Hautärzte die Anwendung von Präparaten zur Entfernung von Hautschuppen, sogenannten Keratolytika. Diese trägt man nicht nur auf die erkrankten Stellen, sondern auf die gesamte Haut auf.
Offen über die Erkrankung sprechen
Die Schuppenflechte ist zwar selten lebensbedrohend, für die meisten Patienten aber extrem beeinträchtigend. Sie empfinden die Krankheit als Stigmatisierung und scheuen die Öffentlichkeit. Viele Menschen glauben, Psoriasis sei ansteckend. Nicht selten werden die Betroffenen z.B. im Schwimmbad aufgefordert, das Becken zu verlassen. Die Lebensqualität von Psoriatikern ist oft schlechter als die vom Patienten mit Diabetes, KHK oder COPD. Belastend ist auch das Wissen um die Chronizität und die Unheilbarkeit des Leidens. So haben viele auch bei guten Therapieergebnissen unterschwellig immer Angst vor einem Rückfall. Die soziale Isolation kann psychischen Stress verursachen, der das Leiden weiter verschlimmert – ein Teufelskreis! Es resultiert oft in Niedergeschlagenheit oder sogar Depression, die psychologisch oder psychotherapeutisch behandelt werden müssen.
Was kann man tun, um dem zu entgehen? Ganz wichtig: Man muss mit der Krankheit leben, nicht gegen sie. Man muss sie als etwas akzeptieren, das zwar viel Aufmerksamkeit von einem erfordert, aber keinesfalls das ganze Leben bestimmen darf. Man muss die Zurückgezogenheit überwinden und das Gespräch mit anderen Betroffenen suchen. Bestens dazu geeignet sind die vielen Psoriasis-Selbshilfegruppen, die es in Deutschland gibt. Und natürlich sollte man der Erkrankung keinen Anlass für einen erneuten Schub liefern, sich gesund und ausgewogen ernähren, auf Alkohol verzichten, die Haut nicht mechanisch oder durch Sonnenbrand reizen und auf das Körpergewicht achten. Und wenn es zu einer Partnerschaft kommt, sollte man von Anfang an über die Erkrankung sprechen. Ist man von Zeit zu Zeit trotzdem mal niedergeschlagen, kann man sich vielleicht ein wenig damit trösten, dass viele berühmte Persönlichkeiten wie zum Beispiel die Schauspielerin Romy Schneider, die Schauspielerin und Sängerin Zahra Leander, der Musiker Art Garfunkel und der Schriftsteller John Updike ebenfalls mit der Psoriasis leben mussten.
Aber – für die ein oder anderen Betroffene ein Trost: Auch Psoriatiker können dekorative Kosmetik verwenden. Ob für Make-up, Lidschatten, Lippenstift oder andere Kosmetika bestehen aus medizinischer Sicht in der Regel keine Bedenken – solange sie nicht zu einer Verschlechterung der Hautsymptome führen.
Mehr Informationen und kostenlose Broschüre für Patienten findet ihr hier.
Artikelbild: © Farina3000 – Fotolia.com
Quellen:
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Haut in Form 2/2008, Hans Guldner
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Textauszüge aus Derma-Depesche 5/08/GFI/ München
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derma.de
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weltpsoriasistag.de