Der zweite Bericht von Einsatzärztin Dr. Corinna Propping aus Buda (Philippinen)

Die zweite Woche lies keinen Zweifel darüber aufkommen, dass die Sprechstunde regulär gut besucht wird. Neben der körperlichen Erschöpfung bedingt durch die durchgehende Diensttätigkeit – auch auf den Philippinen kommen die Frauen am liebsten nachts nieder – stellt sich für den Geburtshelfer noch das Problem, dass viele der Patientinnen sich im unklaren über Ihre letzte Menstruation sind und meistens die Erstvorstellung Ende des zweiten Trimenons erfolgt (ungefähr fünfter oder sechster Monat). Bedenkt man dann noch, dass unsere europäischen Wachstumskurven nicht auf den philippinischen Föten übertragbar sind, bereitet einem die Festlegung des Entbindungstermins und die Beurteilung der Wachstumsperzentile Kopfzerbrechen. Schnell merkt man jedoch, dass es unwahrscheinlich erscheint, dass mindestens 9 von 10 Frauen ein SGA (small-for-gestational-age) haben und man beginnt eine Diskrepanz von bis zu zwei Wochen zu akzeptieren. Dies spiegelt sich auch in den Geburtsgewichten wieder, bei denen 3500 Gramm eine absolute schwergewichtige Rarität ist.
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Meine Kolleginnen und Kollegen.
Die restlichen Patientinnen teilen sich auf in gynäkologische bzw. gynäko-urologische Probleme und Familienplanung, oder besser gesagt Familienzuwachskontrolle. Letzteres ist besonders bei Teenagern wichtig, da die Kosten für Präservative hoch sind, auf den Spass naturgemäß dennoch nicht verzichtet werden mag. Es ist sehr wichtig, dass mit der Reproduktion nicht zu früh begonnen wird, da mit der Anzahl der Kinder in der Regel auch die sozialen Probleme zunehmen.
Unterstützt werde ich von Annalou, einer übersetzenden Krankenschwester, die regelmässig in längere Diskussionen verfällt, um das Alter der Patientin für mich zu eruieren. Oftmals wird eine Schätzung ihrerseits abgegeben, wenn die Optik all zu sehr von der angegebenen Anzahl der gezählten Lenze abweicht. Insgesamt wird mir sehr gut zugearbeitet und insbesondere organisatorische Fragen, vor allem bei Überweisungen, für mich geklärt. Genügend gute Laune bleibt auch immer noch für das ein oder andere Späßchen und zum Plauschen. Meine Vorgängerin Dr. Ulrike Erhardt beschrieb den hiesigen Arbeitstag im Vergleich zu einem am deutschen Krankenhaus sehr treffend: weniger Druck auf dem Kessel! Denn alles was richtig krank/moribund ist, wird verlegt.
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Der Stationsflur in Buda.
Freitagabend konnte ich mich für zwei Stunden frei machen, um gemeinsam mit meinen Kollegen Pater Franco, einen Don Bosco Priester, in Buda zu besuchen. Weshalb es sich mittlerweile zur Tradition gefestigt hat, Pater Franco einen Besuch abzustatten, wurde mir schnell klar. Wir wurden von einem italienischen “Bon Vivant” begrüßt, der gastfreundlich seine hervorragend schmeckenden Pizzen mit uns teilte. Während wir in gefrässiges Schweigen verfielen, wurden wir über sämtliche seiner Vorhaben unterrichtet, die hauptsächlich darin bestehen, die Ureinwohner wieder dazu zu befähigen, ihr eigenes Land zu bewirtschaften. Empowerment lautete die Parole. Wer mehr hierzu erfahren möchte, möge sich zu einer Pizza in Buda bei Pater Franco einfinden. Pünktlich für unser erstes Wochenende, an dem wir drei gemeinsam frei hatten, erreichte uns Neuankömmling Thomas Grüger (Internist im 3. Ausbildungsjahr). Wir beschlossen das Eagle Resort in Calinan zu besuchen. Die Fahrt in dem öffentlichen Bus dauerte ca. 1 ½ Stunden, auf einer Strasse, die sich serpentinenartig Richtung Flachland wand und gesteuert von einem Fahrer, der es darauf anlegte, die Schallmauer zu durchbrechen! Wie regelmässig die Bremsklötze hier kontrolliert werden, lässt sich schwer sagen. Von aussen betrachtet sah der Bus so aus, als hätte er dem TÜV schon das ein oder andere Schnäppchen geschlagen. Bei mir kumulierten sämtliche Überlebensreflexe von den Ahnen bis zum Neanderthaler, was sicherlich dazu betrug, dass ich es kaum erwarten konnte, meine sonst eher niedrigschwellige ornithologische Neugier zu befriedigen. Während ich meine Kenntnisse gerne vertieft hätte, um den Zeitpunkt der Rückreise in weite Ferne zu rücken, trieb der Stalldrang meiner Kollegen uns zurück auf den “Highway to hell”. Diesmal fuhren wir in einem modernen Bus, ähnlich denen der deutschen Verkehrsunternehmen, mit Klimaanlage und sogar Anschnallgurten und erreichten ohne weitere Aufregung unser temporäres Zuhause. Und so liessen wir beim gemeinsamen Abendessen die zweite Woche ausklingen.

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