Die Kontroll-Freaks: Das rätselhafte Verhalten von niedergelassenen und Krankenhaus-Ärzten

Warum sind Ärzte in Klinik und Praxis so zurückhaltend, wenn es um die Realisierung von Marketing-Maßnahmen geht? Warum ändern sie ihre Abläufe und Routinen häufig selbst dann nicht, wenn die Notwendigkeit täglich spürbar ist? Warum steuern Ärzte nicht gegen, wenn in Praxis- und Klinikanalysen gravierende Defizite identifiziert wurden? Und warum leiden Medizinische Fachangestellte und Pflegepersonal so häufig unter fehlender Anerkennung und Motivation? Der Fragenkatalog liesse sich beliebig fortsetzen, die Antwort ist – wie Arzt-Interviews zeigen – einfach und erstaunlich zugleich: weil sie Angst vor einem Kontrollverlust haben.
– Beispiel „Delegation“: Eine besonders ausgeprägte Grundhaltung unter Medizinern ist die Überzeugung, nur selbst alle Arbeiten qualitativ hochwertig und alle Entscheidungen richtig treffen zu können. Eine Delegation von Aufgaben kommt für sie deshalb gar nicht in Frage oder nur in Form der Scheindelegation, denn andernfalls wäre für sie die Qualität der Ausführung nicht mehr gesichert.
– Beispiel „Organisation“ und „Marketing“: In diesen Aktionsbereichen des Praxismanagements fehlt es vielen Ärzten an Grundwissen. Dadurch sind die Konsequenzen entsprechender Aktivitäten für sie unkalkulierbar und die Passivität erscheint als sichere Alternative.
– Beispiel „Mitarbeiterführung“ und „Adhärenz“: In diesen Aktionsfeldern dominiert die Angst vor einem möglichen Autoritätsverlust durch Begegnung und Kommunikation mit Personal und Patienten „auf Augenhöhe“.
– In Krankenhäusern kommt die Befürchtung der Ärzte hinzu, durch sachlich richtiges, aber hausintern oder intra-kollegial „unpassendes“ Agieren die eigene Stellung in der Hierarchie oder Einflussmöglichkeiten zu gefährden.
Innovations- und Veränderungsunwilligkeit entstehen folglich aus einer weitgehend durch Unsicherheit und Unwissen geprägten Handlungsblockade. Die Betriebswirtschaft kann bei der Beseitigung nur teilweise helfen, aber ärztliche Vereinigungen und Interessenverbände hätten die Möglichkeit, umfassend „therapeutisch” und damit innovationsfördernd einzugreifen. Einen Versuch wäre es wert.

Zum Thema:
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