(P. Köhler) Bekanntlich sind sich die Sachverständigen sind sich einig, dass mehr Wettbewerb dem Gesundheitssektor gut tun wird. Ärzte und Krankenhäuser sollen um die Patienten konkurrieren, exzellente Anbieter sollen wachsen dürfen und Schlechtleister den Markt verlassen.
In diesem Zusammenhang ist die wirtschaftspsychologische Studie interessant, die die experimentellen Ökonomen Armin Falk (Uni Bonn) und Nora Szech (damals noch Uni Bamberg, jetzt am KIT) kürzlich in Science veröffentlich haben. Siehe die gleichlautenden Pressemitteilungen aus Bonn und Bamberg.
Ihre Probanden wurden trickreich dazu gebracht, den Wert eines Lebens zu beziffern: sie konnten entweder einen Geldbetrag einstecken oder eine Labormaus vor dem Tod bewahren. Entschied sich der Teilnehmer für das Geld, wurde die Maus geopfert und das Video ihres Sterbens den Teilnehmern gezeigt.
Später konnten immer zwei Teilnehmer darüber verhandeln, ob und wie der Preis des Mäuselebens unter ihnen aufgeteilt werden sollte. Zuletzt wurde ein richtiger Markt mit vielen Teilnehmern vorgegeben.
Zahlreiche unmoralische "Verträge zulasten Dritter" wurden abgeschlossen. Der Preis eines Mäuselebens sank, wenn der Markt zunahm: Einzelpersonen lehnten die ihnen angebotenen 10 Euro noch meistens ab; bilaterale Verhandlungen wurden durchschnittlich mit 8 Euro abgeschlossen, und im multilateralen Markt pendelte sich ein Blutgeld von 5 Euro pro Maus heraus.
Die Autoren resümieren, dass Märkte die moralischen Werte der Menschen erodieren.
Dass die meisten Menschen anfangen unethisch zu handeln, sobald sie Marktteilnehmer werden, belegen die Forscher mit Beispielen: Wir alle kaufen Kleidung aus Kinderarbeit und essen von Tierquälern produziertes Fleisch. So ähnlich sind auch meine Erfahrungen im liberalisierten, deregulierten Gesundheitsmarkt.
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Quelle: Falk A, Szech N: Morals and Markets. Science 10 May 2013: Vol. 340 no. 6133 pp. 707-711, DOI: 10.1126/science.1231566