Jedes Jahr zu Beginn der Herbstmonate kehrt ein Thema in die Arztpraxen zurück, das spaltet. Denn um Sinn oder Unsinn der Grippeschutzimpfung wird heftig debattiert, doch mit wenig Ergebnis und meist Verwirrung für die Patienten. Auch wenn es hier klare finanzielle Aspekte für Sie als Arzt gibt, ist doch im Sinne eines vertrauten Arzt-Patienten-Verhältnisses eine sachliche Information und Aufklärung ratsam und längerfristig ebenso lohnend.
Informierte Patienten als Herausforderung
War vor gar nicht allzu langer Zeit der Arzt erste Ansprechperson, wenn es generell um gesundheitliche Themen ging, so haben Sie es heutzutage meist mit durchaus informierten Patienten in Ihrem Wartezimmer zu tun. Internet sei Dank (oder auch nicht), ist der durchschnittliche Wissensstand von kranken oder kränkelnden Personen viel höher einzustufen. Das mag für den Kranken selbst eine Hilfestellung sein, für Ärzte und medizinisches Personal ist es eine Herausforderung der neuen Art. Denn nicht alles, was online zu lesen ist, hat auch korrekten medizinischen Hintergrund. Damit schließt sich der Kreislauf zur Beratungstätigkeit in der Arztpraxis, die jedoch unabhängig von finanziellen Aspekten sein sollte. Auch wenn gerade beim Beispiel Grippeimpfung der monetäre Gedanke ausschlaggebend ist, ist davon abzuraten, jedem Patienten die jährliche Schutzimpfung zu verabreichen. Vielmehr macht es hier Sinn, aufklärerisch tätig zu sein und das Vertrauensgefühl nicht aufs Spiel zu setzen. Denn nur solche Personen, die sich sachlich und objektiv beraten fühlen, kommen auch wieder. Und klar ist, dass Sie gerade als Allgemeinmediziner und Hausarzt von Ihren Stammpatienten wesentlich besser und lukrativer leben, als von der saisonal bedingten Grippeschutzimpfung, die vielleicht über einen kurzen Zeitraum viele Personen in Ihre Praxis spült.
Über Risiken aufklären
Eine gesunde Lebensweise mit bewusster Ernährung und ausgleichender Bewegung gehört für viele heute zum gehobenen Lebensstandard. Dementsprechend informieren sich auch viele zu Fragen aus dem Gesundheitsbereich. Doch gerade im Bereich der Grippeschutzimpfung kann man vielerorts einen nahezu manipulativen Hintergrund feststellen. Denn egal ob Internetseite der Krankenkassen, Onlineportale die von Pharmariesen gesponsert werden oder sogar Apothekenratgeber, die meisten haben eindeutigen Hintergrund und sind kaum dazu geeignet, sachliche Informationen zu vermitteln. Hier können Sie als Mediziner punkten, denn klar ist, dass eine Grippeschutzimpfung für viele zwar sinnvoll, für den Rest aber auch unnötig sind. Wer zur Risikogruppe gehört, wie die Altersgruppe über 60 Jahre, Schwangere oder chronisch Kranke, sollte informiert werden, wie risikoreich eine tatsächliche Grippeerkrankung für sie sein kann. Doch im Gegenzug sollten Sie Ihre Patienten auch grundsätzlich darüber aufklären, wie gering die tatsächliche Chance ist, an Grippe zu erkranken. Denn die jährlichen “Epidemien” basieren meist auf grippalen Infekten und nicht der tatsächlichen Influenza, deren Virusstamm sich regelmäßig stark verändert. Wer hier seinen Patienten in einem sachlichen Gespräch alle Informationen weiter gibt, die letztendliche Entscheidung über die Impfung aber ihm selbst überlässt, baut Vertrauen auf. Schließlich fördert dieses Gefühl der Selbstbestimmung das Vertrauen zwischen Ihnen als Arzt und Ihrem Patienten. Auch wenn hier vielleicht gerade ältere Menschen es nicht gewohnt sind, gefragt zu werden und nicht einfach einer Behandlung oder der Gabe eines Rezeptes unterzogen zu werden.
Die Frage nach der Sinnhaftigkeit der Grippeschutzimpfung kann nur individuell im Einzelfall geklärt werden und sollte auch so gehandhabt werden. Denn auch wenn vielleicht der eine oder andere es als nicht üblich empfindet, nur mit guten Ratschlägen aus der Arztpraxis entlassen zu werden und nicht mit einer Impfung oder einem Rezept in der Hand, werden diese bei genauerem Überlegen die verantwortungsbewusste Haltung von Ihnen als Arzt erkennen und schätzen. Damit ist die Chance groß, dass genau diese Patienten wieder den Weg in Ihre Praxis finden und im Bekannten- und Freundeskreis Ihre Vorgangsweise respektabel erörtern. Und damit entsteht vielleicht der Effekt, das eine nicht gegebene Grippeschutzimpfung zur positiven Mundpropaganda für Ihre Arztpraxis wird.