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Statik vs eine Magenblutung
Es war dunkel, als Frau Binichim-Bi eine große Menge Blut ausspuckte. Das Problem hierbei war: Frau Binichim-Bi nahm außerdem gerinnungshemmende Medikamente und äh in den letzten Tagen vielleicht auch etwas viel davon. Nachdem Frau Binichim-Bi gar nicht mehr aufhörte Blut heraufzuwürgen, beschloss man sie in so ein Krankenhaus zu bringen. Der Rettungsdienst steuerte panikartig das nächstbeste an: Beteigeuze City Klinik.
Die Krankenhausnotaufnahme verfiel unverzüglich in rege Betriebsamkeit. Infusionslösungen, Blutkonserven, Gerinnungsfaktoren und ein Oberarzt wurden herbeigeordert. Das Labor rief aufgeregt an, die Patientin hätte einen Hb-Wert von ungefähr 3 g/dl. Ich rannte wild hin und her, Blutkonserven an die Patientin anschließend, ein Bett auf der Intensivstation musste her, eine Magenspiegelung wurde performt und die Blutungsquelle verschlossen. Nach zwei Stunden hatte sich Frau Binichim-Bis Zustand halbwegs stabilisiert. Ich setzte mich zum Ehemann, erklärte alles sehr ausführlich, beantwortete alle Fragen und ging dann zur Sicherheit noch mehr Blutkonserven an Frau Binichim-Bi anzuhängen.
Eine halbe Stunde später rief Herr Binichim-Bi nochmals an. Es gäbe da doch einige Fragen mehr. Ah. Ok kein Problem. Hierauf begann Herr Binichim-Bi nochmals genau die Fragen zu stellen, die er einer halben Stunde schon einmal gefragt hatte und die wir eigentlich ausführlich besprochen hatten. Verwirrt sagte ich also nach einer Weile so etwas wie: „Ja, in der Magenspiegelung konnte die Blutung gestoppt werden. Wie ich vorhin ja schon erklärt hatte.“
„Ich weiß, ich weiß“, rief Herr Binichim-Bi, „aber meine Tochter und die Schwester meiner Frau hören gerade mit und wissen es noch nicht. Deswegen frage ich alles nochmal.“
Ah. Super-Strategie. Nun ja, vermutlich müsste man mir die Berechnung der Statik eines mittelgroßen Einfamilienhauses auch mehrere Male erklären ohne dass ich es verstehen würde.
Ich erzählte also alles nochmals, worauf hin die Tochter ihrem Vater mittendrin ungeduldig das Telefon entwandt: „Also Frau Doktor Zorgcooperations, normalerweise ist meine Mutter ja sonst immer in Betreuung von Professor Blorgh in der Uniklinik rechts von Beteigeuze. Da fühlt sie sich immer sehr gut betreut. Können sie meine Mutter nicht dorthin verlegen?“
„Öh, wenn das ihre Krankenkasse zahlt, kann man das später schon tun.“
„Wir sind immer sehr zufrieden mit Professor Blorgh und möchten dass sie auch von ihm wieder betreut wird.“
„Wie gesagt das können wir später …“
„Ach so, jetzt würde das nicht gehen?“
„JETZT?!“
„JA!!“
„Urgh, öh, also jetzt ist halb vier in der Nacht und ihre Mutter ist weiterhin in einem nicht sonderlich stabilen Zustand. Da verlegen wir nicht ohne Not.“
„Oh schade.“
„Ja. Schade. Hm. So sind wir.“
Hoch lebe das Norovirus… äh moment… doch nicht.
Es ist Winter. Hoch lebe der Norovirus. (So vermutlich die aktuelle Parole der Noroviren.)
So trägt sich nun in dieser öh Blütezeit des Norovirus gehäuft jene Begebenheit in der ein oder anderen Variation zu.
Patient Borgmüller, ein rüstiger Rentner, traf auf einen seiner vielen Unternehmungen auf so ein Norovirus und lag nun denn mit Magendarmgrippe darnieder. Durch einen dummen Zufall bekam dies nun das Kind Borgmüller mit und riet in diesem Fall doch den Hausarzt zur Rate zu ziehen. Der Hausarzt war jedoch schon im Feierabend. Der ärztliche Notdienst sollte jetzt her. Der ärztliche Notdienst, unsicher was er mit diesem ihm unbekannten Patienten nun anfangen sollte, verwies Herrn Borgmüller zur Sicherheit an das lokale Krankenhaus. Das habe Erfahrung mit Norovirus.
Gerade hätte man zum Beispiel alleine deswegen Isolierzimmer eingerichtet, öh und außerdem zwei weitere Station wegen erkranktem Personal ganz geschlossen.
Herr Borgmüller wurde freundlich durch die Notaufnahme geschleust, bekam eine Infusion und ein bewährtes Mittel gegen Übelkeit.
„So“, sagte ich dann, „jetzt haben wir alle Befunde beisammen, da besprechen wir das gerade. Wie geht es ihnen jetzt?“
„Ja, supergut“, sagte Herr Borgmüller, „und ich möchte wirklich gerne wieder heimgehen.“ „Ah gut, das wollte ich hier auch vorschlagen. Ihre Blutwerte sind gut, unsere Restuntersuchungen auch. Sie sollten sich halt ein paar Tage schonen, im Bett rumliegen, Tee trinken uns so.“
„Jaja“, sagte Herr Borgmüller, dies sei nicht der erste Magendarminfekt den er gehabt hätte und ließ sich von einem Freund heimfahren.
Es folgte nun der Anruf von Kind Borgmüller: „Aber WARUM haben sie meinen Vater wieder heimgeschickt?!“ „Öh nun ja, wir nehmen Patienten mit infektiöser Magen-Darm-Grippe nur auf, wenn unbedingt nötig. Wir haben im Augenblick keine Isolierzimmer mehr und um ein Einzel-Isolier-Zimmer für ihren Vater zu bekommen, müsste ich andere nicht infektiöse, aber trotzdem kranke Patienten aus dem Zimmer in den Flur legen. Das machen wir wirklich nur, wenn unbedingt nötig. Ihr Vater war bei uns die ganze Zeit kreislaufstabil…“
„Halt, woher wollen sie das denn wissen?“
„Wir sind eine Notaufnahme. Wir messen regelmäßig die Vitalparameter der Patienten.“
„Wir sind eine Notaufnahme. Wir messen regelmäßig die Vitalparameter der Patienten.“
„Aber mein Vater ist krank!“
„Ja durchaus. Diesen Infekt kann er aber gut zuhause auskurieren. Seine Symptome wie er sie beschreibt und wie wir sie in der Aufnahme beobachtet haben, sind nicht so schlimm, dass er hier bleiben muss.“
„Hmpf, also ich sage ihnen, in der Uniklinik 10.000 km entfernt von Beteigeuze da wäre das anders gelaufen! Da hätte man meinen Vater aufgenommen!“
„Hmhm ok. Wir haben das anders entschieden.“
„Hmhm ok. Wir haben das anders entschieden.“
Das Kind Borgmüller legte unzufrieden auf. Herr Borgmüller überstand wohl alles gut.