Die Anfahrt von Cagayan de Oro (Mindanao) nach Dulag (Leyte) war schon ein Abenteuer für sich. Es wusste keiner genau, wie sich die Situation auf Leyte nach dem Typhoon Yolanda entwickelt hatte. Wir fuhren los mit einem bis zum Rand vollgepackten Auto, in dem sich Medikamente und medizinische Ausstattung, Kochutensilien, Wasser sowie Lebensmittel befanden. Auf den steilen Bergen von Leyte machte sich dann die Überladung des Kraftfahrzeugs bemerkbar: das Auto blieb auf halber Höhe mit rauchendem Motor in der Finsternis liegen und konnte auch durch Manöver unseres Fahrers nicht zum Weiterfahren ermutigt werden. Erst durch körperlich aktives Eingreifen unseres Frauenteams konnte das Fahrzeug Schritt für Schritt den Berg hochgeschoben werden. Kurz danach versagte die Kupplung und die Fahrt bis nach Dulag wurde im ersten und zweiten Gang fortgesetzt. Je näher wir Dulag kamen, desto größer war die Zerstörung am Straßenrand sichtbar: Kokospalmen waren entwurzelt, Häuser und Hütten ohne Dächer oder eingestürzt. Es waren Schilder mit der Aufschrift “We need food” zu sehen, Menschengruppen baten uns um Lebensmittel.
Das Auto bewegt sich nicht mehr.
In Dulag waren wir beim sympathischen Team von “Green Mindanao” in einem Haus mit intaktem Dach untergebracht. Es gab täglich zwei Stunden Elektrizität über den Generator, Wasser wurde durch eine Grundwasserpumpe gewonnen. Wir waren insgesamt 24 Menschen in diesem Haus – und vertrugen uns trotz der Enge sehr gut. Während sich das Team von Green Mindanao um die Instandsetzung der Wasserversorgung und den zerstörten Häusern der ärmsten Bevölkerung kümmerte, fuhren wir täglich in verschiedene Stadtteile von Dulag, um uns für die medizinischen Belange der Menschen zu engagieren. Es gab viele Patienten zu versorgen, die zumeist unter Erkältungs- und Hautkrankheiten litten. Ebenfalls gab es Tuberkulosekranke, Wunden und Abszesse, und viele unterernährte Kinder. Für chronisch Kranke konnten wir die in der Region nicht erhältlichen Medikamente bereitstellen. Wir hielten die Konsultationen häufig in mit Plastikplanen abgedeckten Gemeindehallen ab. Aus Mangel an intakten Gebäuden behandelten wir mitunter auch in stark lädierten Kirchen oder in Privathäusern. Unterernährte Kinder überwiesen wir zur möglichst lang anhaltenden Ernährungshilfe an die NGO “Action contre la Faim”. Für akute chirurgische Eingriffe überwiesen wir an “Ärzte ohne Grenzen”, die in Tacloban stationiert waren. Es wurde mir von Patienten erzählt, dass aus ihrer Familie noch Mitglieder vermisst werden. Auch erzählten die Menschen, dass sie nach dem Typhoon über fünf Tage überhaupt keine Hilfe erhalten hatten und der Hunger und die Verzweiflung dann schwer zu ertragen gewesen waren. Jetzt kamen viele Relief-Güter von zahlreichen NGOs bei ihnen an. Sie waren sehr dankbar für die Hilfe, wie man auch bald auf vielen Plakaten lesen konnte. Imponierend erschienen mir ihre Fröhlichkeit, ihr Lebensmut trotz aller Verluste wieder aufzustehen, welcher wohl auch auf ihrem unerschütterlichen Vertrauen auf Gott beruht.
Mareike Stürmer mit einem Patienten
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