Danke, liebe Frau von Herrn L. für die neue Dr. Dienstag-Geschichte!
Erwartungsvoll schaute Doktor Dienstag, der Doktor ohne Doktor, auf. Wer würde als Nächstes durch diese Tür kommen? Ein Mann mit einer ebenso ominösen, wie interessanten Krankheit? Eine junge Dame, die ihm „da was zeigen“ musste, vorzugsweise im Dekolleteebereich? Ein netter Pharmavertreter, der Doktor Dienstags nächstes Golfwochenende klarmachen würde? Oder eine ältere, schusselige Dame vielleicht, mit der er sich einen kleinen Spaß machen konnte?
Der Doktor stieß enttäuscht die Luft aus zwei Enden seines Körpers aus: Eine Frau betrat das Zimmer: Strähnige Haare, ungeschminktes Gesicht, birnenförmiger Körper.
Doktor Dienstag, der Doktor ohne Doktor, seufzte hörbar. „Nicht schon wieder eine von denen!“, dachte er. „Die könnte sich auch gleich „Hausfrau und Mutter“ auf die Stirn tätowieren lassen!“
Doktor Dienstag, grummelte missmutig vor sich hin. Er hatte sowieso schon schlechte Laune: Azu-Biene hatte heute ihren freien Tag, was leider bedeutete, dass ihre Brüste auch nicht da waren.
„GutenTagsetztenSiesichwaskannichfürSietun?“, leierte er genervt herunter.
Die Frau, die vor ihm Platz genommen hatte, schaute nervös zu Boden. „Wissen Sie, Herr Doktor, ich habe da ein Problem“, stammelte die Frau.
Der Arzt taxierte die Frau: Sie hielt sich kein Körperteil oder -glied, kratzte sich nicht, und in ihrem Gesicht war nichts Bäh! – OK, außer dem Gesicht an sich. Und da er wusste, was gestern wieder mal auf diesem Frauensender gelaufen war…
„Ja, das hast du in der Tat“, dachte Doktor Dienstag, der Doktor ohne Doktor. „Du bist dumm, siehst aus wie eine graue Maus, und mit der Intelligenz ist es bei dir auch nicht weit her!“
Laut dagegen sagte er: „Lassen Sie mich raten: Sie sind seit“, blitzschnell trug der Arzt im Geiste Make-up, Lippenstift und eine ordentliche Menge Kajal auf das unscheinbare Gesicht auf. Dann zog er der Frau noch ein knappes – wenn bei einer solchen Figur auch sehr unvorteilhaftes – Kleid an. Er konnte gut das Alter von Frauen schätzen – MUSSTE es können, denn SAGEN konnten die einem ja immer viel und seitdem dieses neue Gesetz raus war…! – aber sie mussten schon entsprechend hergerichtet sein. Er einigte sich mit sich selbst auf Zielgruppen weeeeeeeit überschreitende 35+, rechnete kurz und fuhr fort. „… seit etwas über 10 Jahren verheiratet, die Kinder sind den ganzen Tag außer Haus, Ihr Mann ist auf Arbeit, Sie verbringen Ihre Zeit allein mit dem Haushalt, der Sie schlichtweg überfordert, und damit, Ihre Kinder durch die Gegend zu kutschieren. Sie sind gleichzeitig genervt, gelangweilt, gestresst und sind mit Ihrem Leben so ganz prinzipiell unzufrieden. Hab ich Recht?“
Die Frau schaute ihn aus großen Kulleraugen ungläubig an und nickte dann eifrig. „Ja, … genau so ist es! … Woher wissen sie das?“
Der Arzt unterdrückte einen Seufzer. Er war sicher, er würde ihn später noch brauchen.
„Ja und dann“, fuhr Doktor Dienstag, der Doktor ohne Doktor, fort, „dachten Sie, Sie gönnen sich mal einen… sagen wir „entspannten Abend“, vielleicht mit einer Serie, oder Sie haben sich eine DVD angeschaut, Schlückchen Prosecco dabei, und dann am nächsten Morgen, da…?“
Erwartungsvoll hob der Arzt eine Augenbraue. Zumindest erweckte diese Geste den Anschein, als sei er erwartungsvoll,. Das hatte er geübt.
„Da habe ich etwas Dummes gemacht“, flüsterte die Frau mit rotem Gesicht. „Na na, das wird schon wieder!“, beruhigte Doktor Dienstag, der in Gedanken bei seinem aktuellen Handicap war. „Meinen Sie?“ „Äh, wie bitte?“ Was zum Teufel hatte er gerade noch gesagt?
„Meinen Sie wirklich, dass alles wieder gut wird?“ Mittlerweile standen Tränen in den Augen der Frau, die ihn weiterhin hoffnungsvoll anstarrte. „Jaja“, beeilte sich der Arzt zu sagen. Wie er diese Patientengespräche hasste! Konnten die nicht einfach sagen, was Sache war?
„Was, äh, haben Sie denn nun eigentlich genau gemacht?“ Also ob das nicht klar wäre. Doktor Dienstag, der Doktor ohne Doktor, sah auf die Uhr. Nach dieser Patientin konnte er ruhigen Gewissens ein kleines Päuschen machen; die restlichen Patienten würden sich noch etwas gedulden müssen, er hatte schließlich noch Wichtigeres zu tun!
Die Frau druckste herum und wurde immer röter.
Der Arzt verdrehte die Augen. Gelangweilt bürstete er mit seiner linken Hand die Haare auf dem Rücken seiner rechten Hand gegen den Strich. Das kitzelte.
Jetzt aber zurück zur Arbeit!
„Mach hinne, Alte!“, dachte er und erlaubte sich einen Moment des Selbststolzes, den Gedanken dieses Mal nicht laut ausgesprochen zu haben. In einer halben Stunde würde Frau Zimmermann Feierabend machen und wie immer vorher den Kopf zur Tür herein stecken, um ihm einen schönen Feierabend zu wünschen. Wollte er sich vorher noch etwas physische Entspannung mit Hilfe des world wide webs verschaffen, musste er sich sputen.
Doch die Frau wollte und wollte nicht heraus mit der Sprache. „Dann kürze ich das Ganze eben einfach ein bisschen ab!“, dachte der Doktor ohne Doktor und holte tief Luft.
„Frau…., äh, äh, Frau…? … Also, meine Liebe, haben Sie vielleicht eventuell die ADHS-Tabletten Ihres Kindes genommen?“ Frau Irgendwas nickte schamerfüllt. JETZT erlaubte sich Doktor Dienstag, der Doktor ohne Doktor, seinen Seufzer. Immer das Gleiche mit diesen Hausmuddis: Schauten sich eine gewisse Folge einer US-amerikanische Serie an und kamen alle auf den gleichen, grandiosen Gedanken, man könnte das mit den Pillen der Kinder ja mal ausprobieren, nur so zum Spaß. Ja, und dann kamen sie in ihren Börkenstoff-Pantoffeln in seine Praxis geschlappt und wollten wissen, ob sie jetzt drogensüchtig wären, aber ehrlich, ich tu`s nie wieder und ich weiß ja, dass das dumm von mir war, blablabla…
„Sie können ganz beruhigt sein, von einem Mal“, die Patientin sah schamhaft zur Seite, „oder zweimal“, die Patientin wurde röter, „oder dreimal?“, ein erleichterter Ruck ging durch den Körper der Hausfrau, „Bingo!“, dachte Doktor Dienstag, „geht die Weil nicht unter! Sie sind NICHT drogensüchtig, Sie haben NICHTS zu befürchten, das Ganze hat KEINE Spätfolgen, aber bitte tun Sie das nie nie wieder, haben wir uns da verstanden?“
Das Gesicht von Doktor Dienstag, der Doktor ohne Doktor, nahm wie von allein einen besorgten Ausdruck an, wie er zufrieden feststellte. Es ging doch nichts über ein wenig Training vorm häuslichen Spiegel!
Frau Dingsbums nickte eifrig. Ihr Mund öffnete sich und Doktor Dienstag, der Doktor ohne Doktor, sprach in Gedanken mit: „Ehrlich, ich tu`s nie wieder! Und ich weiß ja, dass das dumm von mir war! Und…“ Die langweilige Frau sagte noch irgendwas, während Doktor Dienstag es sie energisch Richtung Tür schob. Dann war sie endlich weg.
Doktor Dienstag atmete erleichtert auf. „Die nächsten fünf, äh, sagen wir, zehn Minuten keine Patienten!“, teilte er per Telefonanlage seiner Vorzimmerdame mit. „Ich habe, äh, Papierkram zu erledigen!“
Dann lehnte er sich entspannt zurück. Und stellte fest, dass er mit einem Mal einen riiiiiesigen Appetit hatte – kein Wunder nach all dem Stress! Dabei war sein Arbeitstag noch längst nicht um! Zwei lange Stunden würde er mindesten noch aushalten müssen… Doktor Dienstag starrte auf seinen Monitor und überlegte, worauf er denn wohl Lust hatte. Er könnte ja schon mal was für den heutigen Abend bestellen – übers Internet heutzutage kein Problem mehr. Hm, sollte er sich was kommen lassen? Er war großer Fan davon, sich etwas nach Hause liefern zu lassen: Man konnte sich ein paar Gläschen trinken und schon mal in bequeme Sachen schlüpfen… Oder sollte er doch mal wieder auswärts…? Sich unters Volk mischen sozusagen?
Und wonach war ihm überhaupt? Asiatisch? Griechisch? Mexikanisch? Oder heute lieber etwas weniger Exotisches, „Gutbürgerliche Küche“ sozusagen? Oder doch lieber italienisch?
Halt, dieses graue Ding da hatte ihn doch glatt auf eine Idee gebracht! Doktor Dienstag, der Doktor ohne Doktor, strahlte. Ja, das war genau das, worauf er jetzt Lust hatte!
Mit wenigen Klicks war er auf der entsprechenden Seite.
„Geile Hausfrauen besuchen Dich!“ – wenn das mal nicht vielversprechend klang!