Die Schweiz screent bis zum 75. Geburtstag

(P. Köhler) Wie neue Zahlen zeigen, sank in den Kantonen der Westschweiz, die seit mehreren Jahren flächenddeckend Mammographiescreening anbieten, die Sterblichkeit an Brustkrebs mehr als doppelt so stark wie in der noch nicht durchgehend versorgten Deutschschweiz. Dabei profitierten erwartungsgemäß auch die Patientinnen, die das übliche obere Screeningalter von 69 Jahren überschreiten, von der Früherkennung ihrer Karzinome.
In unserem Nachbarkanton Thurgau wird seit 2011 in Frauenfeld, Münsterlingen, und Weingarten gescreent. Unter dem Eindruck der Sterblichkeitsdaten hat der Thurgau ab sofort begonnen, die Frauen bis zum Alter von 74 Jahren durch das Programmzentrum einzuladen, also fünf Jahre länger als bisher. Einwohnerinnen über diesem Alter können zu 10% Selbstbehalt ohne Belastung der Franchise freiwillig teilnehmen, werden aber nicht mehr eingeladen.1
Im Rahmen der nationalen Strategie gegen den Krebs strebt die Schweiz an, alle Krebsvorsorgemassnahmen bis 2017 schweizweit zu vereinheitlichen. Die Altersgrenze für das Mammographiescreening soll bis 2015 überall bei 74 Jahren liegen, um der hohen Lebenserwartung der Schweizerinnen gerecht zu werden.

Ein Bericht des Swiss Medical Board vom Dezember 2013, der wegen der Überdiagnosen und hohen Kosten vom Mammographiescreening abriet, ist insoweit von den Entscheidungsgremien vollständig unberücksichtigt geblieben. Von der Fachwelt wurde diese Stellungnahme ohnehin scharf kritisiert.
Die Krebsliga Schweiz gibt eine uneingeschränkte Teilnahmeempfehlung. "Von 1000 Frauen, die im Alter von 50 Jahren beginnen, regelmässig alle zwei Jahre am Mammografie-Screening teilzunehmen, sterben in den folgenden zehn Jahren vier an Brustkrebs. Würden die 1000 Frauen nie am Screening teilnehmen, würden fünf an Brustkrebs sterben. Über diese zehn Jahre verhindert also das Screening einen Brustkrebstodesfall."

Die nationale Verordnung SR 832.102.4, die die Screeningmammographie regelt, und die Schweizer Qualitätsrichtlinien orientieren sich an den europäischen Leitlinien mit landesspezifischen Anpassungen, z.B. müssen die Befunder jährlich nur 2000 Untersuchungen lesen (in Deutschland sind es 5000).
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[1] Quelle: Informationsschreiben von Dr. Wetter/M. Mayr, Thurgauer Programmzentrum Frauenfeld, 14.2.14.

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