Innovative Abstinenz
Niedergelassene Ärzte sind nicht nur bei der Darstellung ihrer Praxisbetriebe im Internet sehr zurückhaltend, sondern auch bei der Nutzung Sozialer Medien. Selbst diverse Versuche ärztlicher Standesorganisationen, dies zu ändern, waren nicht erfolgreich. Zu einem Teil ist dieses Verhalten auf eine auch in anderen Bereichen der Praxisführung zu verzeichnende generelle Skepsis von Medizinern gegenüber Neuem zurückzuführen, ergänzt durch eine noch ausgeprägtere Zurückhaltung bei der konkreten Einführung und Umsetzung von Veränderungen.
Die Berichterstattung ist auf Nebenwirkungen fokussiert
Untersucht man die Berichterstattung in der ärztlichen Fachpresse, aber auch z. B. in Mitteilungen von Ärztekammern über die Praxisinhabern zur Verfügung stehenden Netz- und Netzinteraktions-Optionen, ist die zweite “Fördergröße” der Zurückhaltung deutlich zu erkennen: in der Durchschnittsbetrachtung bestehen die Beiträge und Meldungen zu knapp einem Drittel aus kurz angerissenen Beschreibungen der Möglichkeiten und Vorteile, zu den übrigen zwei Dritteln jedoch aus ausführlichen Warn- und Vorsichts-Hinweisen.
Zwei Beispiele
Ein prägnantes Beispiel ist die Beschäftigung mit Arzt-Bewertungsportalen. Hier beherrscht das Thema diffamierender Patienten-Kommentare die Berichte. Doch diese Problematik hat bis auf wenige Einzelfälle gar keine weitreichende Bedeutung. Dennoch wird über den Nutzen der Portale kaum gesprochen, außer in der Eigenwerbung der Portal-Betreiber.
Ein anderes Beispiel sind die Handreichungen der Bundesärztekammer zum Umgang mit sozialen Medien. Alle hierin aufgeführten, zu beachtenden Aspekte sind wichtig, in der Summe entsteht für Ärzte aber der Eindruck, dass es besser ist, auf ein berufliches Engagement in diesem Bereich zu verzichten.
Kein unternehmerisches Handeln ohne Risiko
So werden einerseits Netzaktivitäten zur Ergänzung und Unterstützung des Praxismanagements als unverzichtbar postuliert, andererseits die möglichen Risiken zu einem Abschreckungs-Szenario verdichtet. Die Wirkung entspricht dem Effekt, den Beipackzettel auf Patienten haben: es entstehen Verunsicherung und Ablehnung. Grundsätzlich ist unternehmerisches Handeln nie risikofrei. Die möglichen negativen Konsequenzen von Internet-Aktivitäten rangieren dabei auf einem niedrigen Gefährdungsniveau. Es wäre für die Netz-Entwicklung von Praxisbetrieben äußerst förderlich, wenn die Fachdiskussion diese Tatsache in einer ausgewogenen Darstellung berücksichtigen würde.
©Klaus-Dieter Thill
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