Zufriedenheit und Empfehlungsbereitschaft
“Aber die Ergebnisse der Patientenbefragung sind doch ganz gut!”: für niedergelassene Ärzte ist es schwer zu verstehen, dass relativ zufriedene Patienten kein Garant für eine ausreichende Patientenbindung und -gewinnung sind. Ein Praxisbesucher kann mit der Leistung einer Praxis zufrieden sein, empfiehlt sie aber nicht weiter, da er Umstände, die ihn selbst nicht stören, für andere als nicht akzeptabel empfindet. Die Patientenzufriedenheit ist folglich eine operative Größe, die Situations- und Ich-bezogene Informationen zur Beurteilung der Patienten liefert. Um das strategische Potenzial der Zufriedenheit zu bestimmen, d. h. die perspektivisch-multiplikatorische Wirkung außerhalb der Praxis, ist es unerlässlich, parallel die Weiterempfehlungsbereitschaft zu messen.
Das Weiterempfehlungs-Prinzip wird kaum beachtet
Bislang arbeiten lediglich 5% der niedergelassenen Ärzte mit diesem strategischen Parameter. Sie berücksichtigen in ihren Unternehmenskonzepten, dass die Weiterempfehlung einer Arztpraxis durch zufriedene Patienten (“Mund-zu-Mund-Propaganda”) sowohl unter Werbe- als auch unter Kosten-Nutzen-Aspekten das wohl beste Praxismanagement- und Marketing-Instrument ist. Ein zufriedener Patient gibt seinen Eindruck an durchschnittlich 4 bis 5 Personen weiter. Diese Multiplikationsquote sieht zunächst sehr gering aus, auf 100 Patienten hochgerechnet ergibt sich jedoch ein positiver Werbeeffekt für die Praxis von 400 bis 500 potentiellen Neupatienten. Gleichzeitig führen aber Negativeindrücken in der Multiplikation zum Gegenteil. In diesem Fall erfahren je unzufriedenem Patient durchschnittlich 10 weitere Personen hiervon. 100 unzufriedene Praxisbesucher können also – im schlimmsten Fall – zu 1.000facher Negativwerbung führen.
Gleiche Zufriedenheit, divergierende Empfehlungsbereitschaft
In einer Exploration wurden 116 Allgemeinarzt-Praxisbetriebe, die den gleichen Patient Satisfaction Score (PSS, das Verhältnis der Patientenzufriedenheit in Prozent der Anforderungen, 100% = optimierte Zufriedenheit) in Höhe von 60% aufwiesen, im Hinblick auf den ebenfalls ermittelten Patient Recommendation Score (PRS, je näher der Wert an der 100%-Marke liegt, desto größer ist die Weiterempfehlungsbereitschaft der Patienten) verglichen. Das Ergebnis zeigt die Abbildung. Die Praxen wiesen bei gleicher Zufriedenheit unterschiedliche PRS-Werte auf, die wiederum ganz verschiedene Aktionen erforderten. Ohne Kenntnis des zusätzlichen Parameters hätte knapp die Hälfte der Ärzte nichts von ihrem handlungsbedürftigen Defizit gewusst.
Ohne Monitoring keine Sicherheit
Aufgrund der Wichtigkeit beider Größen und der nur mit größerer Zeitverzögerung umsetzbaren Korrekturen ist es für Praxisinhaber unerlässlich, mittels regelmäßiger Analysen ein Zufriedenheits- und Empfehlungs-Monitoring zu implementieren (kleine Praxisbetriebe halbjährlich, größere quartalsweise) und die Entwicklung der Werte im Zeitablauf zu verfolgen.
©Klaus-Dieter Thill
IFABS Benchmarking-Analysen: Die Programmübersicht
Einsortiert unter:Medical Practice Insights, Patient Satisfaction Insights