Laut einer Richtlinie der G-BA müssen Arztpraxen seit Januar 2014 zusätzlich zum Qualitätsmanagement ein Risikomanagement und ein Fehlermanagement einführen. Die G-BA als oberstes Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Krankenhäusern und der gesetzlichen Krankenkassen sieht es als notwendig an, diese zusätzlichen Richtlinien im Sinne der Patientensicherheit einzuführen. Welche Konsequenzen dies für jede einzelne Arztpraxis hat, zeigt dieser Beitrag.
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Social Media: Die Gesundheitswirtschaft hebt den Daten-Schatz
Posts auf Twitter und Facebook nutzen, um den Ausbruch von Krankheiten frühzeitig zu erkennen, um das Wissen über Nutzen und Nebenwirkungen von Arzneimitteln zu verbessern und Arzneimittelmissbrauch und illegalen Schwarzmarkt einzudämmen, das ist längst nicht mehr Zukunftsmusik. Denn nicht nur auf Plattformen wie “Patients like me”, sondern auch auf Facebook und Twitter tauschen Nutzer ihre Erfahrungen mit Arzneimitteln und ihre Sorgen und Probleme als Betroffene von Krankheiten täglich weltweit millionenfach aus. Die folgenden Beispiele zeigen, wie neue Dienstleistungsunternehmen im Auftrag von Pharmaunternehmen und Gesundheitsinstitutionen aktiv werden und gesundheitsbezogene Daten aus Sozialen Medien analysieren und interpretieren, um die Arzneimittelsicherheit zu verbessern und neue Präventionskonzepte zu entwickeln.
- Epidemico, ist ein Unternehmen der Booz Gruppe, das die Informationen aus Facebook und Twitter filtert, anonymisiert und z. B. produktbezogen für die Arzneimittelsicherheit von Pharmaunternehmen aufarbeitet. Wie groß der Datenschatz ist, zeigt das Beispiel des Pharmaunternehmens GSK. Über 6 Millionen Posts auf Twitter und 15 Millionen auf Facebook beziehen sich auf die ca. 1.000 Arzneimittel des Unternehmens. Somit lassen sich aus diesen Datenquellen für GSK in einem Jahr mehr Daten ableiten, als aus der FDA Datenbank seit 1968.
- MedWatcherSocial geht in Sachen Arzneimittelsicherzeit noch einen Schritt weiter. Das Partnerprojekt von Epidemica und der FDA identifiziert jeden Tweet mit potentiellen Nebenwirkungsmeldungen und beantwortet diesen mit einem Back Tweet. Nutzer werden darin aufgefordert, einen vollständigen FDA-Report auszufüllen, der hilft, die Datenqualität der Nebenwirkungsmeldungen zu verbessern.
Die Epidemico Daten lassen sich auch als wertvolle Marktforschungsquelle nutzen. So hat Merck diesen Dienst im Pre-Marketing des verschreibungspflichtigen Schlafmittels Belsomra genutzt, um die Erwartungen und Probleme Betroffener zu identifizieren und daraus Argumente für die Vermarktung des Produktes abzuleiten. Auch Patienteninformationen der Unternehmen lassen sich optimieren, wenn die Datenanalyse z. B. Informationsdefizite der Nutzer aufzeigt.
- StreetRX analysiert Social Media Daten, um Informationen zum Schwarzmarkt von Arzneimitteln und Drogen sichtbar zu machen. Dazu werden ebenfalls die Meldungen auf Twitter und Facebook ausgewertet. Daneben gibt es eine Plattform, auf der sich Nutzer anonym anmelden und die Schwarzmarktpreise für verschreibungspflichtige Arzneimittel einsehen und selbst melden können. Pharmaunternehmen nutzen diesen Service z. B. um zu prüfen, wie gut ihre Maßnahmen zur Verhinderung des Missbrauchs ihrer Arzneimittel greifen. Kann durch die Kombination eines Opioids (Oxycontin) mit einem Opioid-Antagonisten (Naloxon) der Missbrauch tatsächlich eingedämmt werden?
- Der ebenfalls auf Crowd Sourcing basierende Service „Flu Near You“ liefert eine Echtzeitkarte zur Grippeaktivität in einer Region und bezieht dazu, anders als die Meldungen der amerikanischen Gesundheitsbehörde CDC (Denter of Disease Control and Prevention), auch die Daten von Nutzern ein, die nicht zum Arzt oder ins Krankenhaus gehen.
- Thermia ist eine Entscheidungshilfe für Eltern, die ebenfalls auf den Crowdsourcing Ansatz setzt. Eltern melden die Fieberverläufe ihrer Kinder in einer Datenbank, die Daten vieler werden analysiert, um daraus Handlungsempfehlung abzuleiten. Gekoppelt mit einem Fiebermessgerät und einer App können Eltern frühzeitig eine Warnmeldung erhalten, wann zur Abklärung ein Arztbesuch angezeigt ist.
FAZIT: Anhand der Auswertung meteorologischer Daten lassen sich oft erstaunlich präzise Wettervorhersagen treffen. Auch die Analyse gesundheitsrelevanter Informationen, die Nutzer täglich millionenfach über Soziale Medien kommunizieren, können das Verständnis über Krankheitsursachen, über die Sicherheit und den Nutzen von Therapiemöglichkeiten verbessern und neue Präventionskonzepte hervorbringen.
Quellen:
GSK, Merck use social media to learn how patients use drugs outside the lab, October 2015
Five ways a Boston Children’s Hospital spin-off is using social media for public health. April 2015
Wie passen Verbraucherinfos zum Risikopotential der jeweiligen Health-Apps?
Wenn eine Health-App umfangreiche Unterstützungsfunktionen bietet, eröffnet das große Chancen für den Nutzer – aber gleichzeitig steigen damit auch die potentiellen Gefahren, z. B. durch Datenmissbrauch, Falsch- oder interessengeleitete Fehlinformationen.
Gerade die Anbieter komplexer Gesundheits-Apps mit hohem Qualitätsanspruch sollten deshalb dem Informations- und Sicherheitsbedürfnis der Nutzer in besonderer Weise entsprechen und umfassend über Qualitätskriterien informieren. Der Nutzer sollte anhand dieser Angaben die Vertrauenswürdigkeit einer Health-App selbst einschätzen können.
Das Beispiel Diabetes-Apps zeigt, das hier im Moment noch große Optimierungspotentiale liegen: Die Initiative Präventionspartner hat das Risikopotential von Diabetes-Apps (Screening 10/2014), das sich aus deren Funktionsumfang und der Nutzung durch den Patienten ergibt, den Angaben der Hersteller zu Sicherheit, Qualität und Transparenz (Healthon Ehrenkodex) gegenübergestellt. Die Apps wurden dabei gemäß der neu entwickelten Vertrauensskala in fünf Klassen eingeteilgt.
Hier die Ergebnisse:
- Informationen zum Umgang mit den Nutzerdaten, zum Schutz der gespeicherten oder der versendeten Gesundheitsdaten, bleiben die meisten Apps schuldig, auch in den meisten Multifunktions-Apps der Klasse 5 fehlen Angaben zum Datenschutz.
- Auch über die Qualifikation der Autoren, die gesundheitsbezogene Tipps geben oder aus den eingegebenen Gesundheitsdaten Trends berechnen oder Auswertungen darstellen, wird über alle Risikoklassen hinweg kaum informiert.
- Auch wenn die meisten der untersuchten Diabetes-Apps frei sind von offensichtlichen Werbeeinblendungen, finden sich klare Aussagen zur Werbepolitik oder zur Finanzierung nur spärlich: Dabei ist eine Erklärung zur Unabhängigkeit der gesundheitsbezogenen Informationen von Produkt- und Firmeninteressen gerade bei kostenlosen Apps wichtig, um mögliche Schleichwerbung zu identifizieren. Der Nutzer sollte erkennen können, warum ein Anbieter (Krankenkasse, Pharmaunternehmen, Verlag etc.), eine Gesundheits-App kostenlos zur Verfügung stellt, deren Entwicklung in der Regel mit hohen Kosten verbunden ist – insbesondere wenn es sich um eine Gesundheits-App mit vielen Funktionen und damit hohem Risikopotential handelt.
Fazit: Auch bei Gesundheits-Apps mit sehr hohem und hohem Risikopotential (Klasse 4 und 5) sind die Angaben der Hersteller sehr lückenhaft. Verbraucher, die auf der Suche sind nach verlässlichen und vertrauenswürdigen Angeboten, können sich anhand dieser Informationen kein Bild über die Qualität und Vertrauenswürdigkeit der Apps machen. Insbesondere Anbieter von komplexen Diabetes-Apps mit hohem Unterstützungs- aber auch Risikopotential könnten sich profilieren und ihrer besonderen Verantwortung gerecht werden, wenn sie Nutzer durch Angaben zu allen relevanten und einfach nachprüfbaren Qualitäts- und Transparenzkriterien informieren.
Zur Einschätzung der Vertrauenswürdigkeit von Gesundheits-Apps: Healthon Ehrenkodex
Informationen zum Screening Diabetes-Apps 10/2014, Initiative Präventionspartner: Methodik & Ergebnisse
Jeder 12. Diabetiker weltweit bald mit Diabetes-App?
Heute ist die Zahl der Diabetiker, die sich App-Unterstützung holen, mit insgesamt 1,6 Millionen Usern weltweit noch recht klein, das entspricht 1,8 Prozent aller Diabetiker, die über ein Smartphone verfügen. Dieser Marktanteil soll sich nach Angaben des Marktforschungsunternehmens research2guidance bereits bis 2018 auf 7,8 Prozent erhöhen und damit mehr als vervierfachen (1). Weil die Durchdringung […]