Perspektivwechsel – Krank werden hausgemacht?

büro_burnout_mann_artikelbild

Im März meldete die Ärztezeitung: „2013 höchster Krankenstand seit 14 Jahren” und begründete die Zahlen mit der starken Erkältungswelle am Anfang des Jahres. Als Folge auf den Beitrag beschäftigte sich die Parlamentarierin Selma Götz mit der Frage: Ist der Mensch der sich selbst geschaffenen Welt noch gewachsen? Ein kontroverser Kommentar, der zum Diskutieren anregt.

Alles auf eine Erkältungswelle zu schieben ist meiner Meinung nach zu oberflächlich betrachtet. Krank sein, krank werden, sich krank fühlen und sich krank verhalten kann auch einen Grund haben. Nicht jeder wird gleich krank, wenn er mit Erkältungsviren in Kontakt kommt.

Die Zahlen deuten an, dass scheinbar immer mehr Menschen anfälliger für Krankheiten werden. Davon ausgehend, stellt sich mir folgende Frage: Ist der Mensch, der selbst auch ein Element unseres Gesamtsystems bestehend aus Umwelt, Arbeitsbedingungen und Wirtschaft ist, sich selbst und seiner geschaffenen Welt noch gewachsen?

Artikel Götz

Die Frage ist für mich außerdem, ob wir einen Beitrag dazu geleistet haben, dass die Gesellschaft „krank“ geworden ist und nun gleichzeitig Opfer dieser selbst erschaffenen Welt werden.

Die erhöhten Krankenzahlen könnten gleichzeitig auch dem demografischen Wandel und damit der immer älter werdenden Gesellschaft geschuldet sein. Das hcc-magazin schreibt dazu: „Die Techniker Krankenkasse (TK) hat in ihrem Gesundheitsreport die Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Arbeitssituation bis 2031 prognostiziert. Demnach nehmen parallel zu einem steigenden Alter der Beschäftigten und Mitarbeiter auch der Krankenstand weiter zu.“
Natürlich haben die Auswirkungen des demografischen Wandels auch Einfluss auf die Steigerung des Krankenstandes. Kaum einer bleibt bis zum natürlichen Tod gesund. Andererseits ist der zunehmende Krankenstand und damit eine Veränderung der Gesellschaft vielleicht auch als eine Reaktion des einzelnen Individuums auf die schnelle Entwicklung der von uns selbst mit geschaffenen Einflussfaktoren Umwelt, Wirtschaft und Arbeitsbedingungen zu verstehen. Der sogenannte „Pillenknick“ Mitte bis Ende der 1960er Jahre veranschaulicht das beispielhaft: Der Theorie nach wurde durch einen äußeren Einfluss (Verbreitung der Antibabypille) ein markanter Abfall der Geburtenrate bewirkt.

Doch meiner Meinung nach geht es nicht um das Problem „altwerden“ und deshalb auch kränker werden. Vielmehr geht es um das „Funktionieren als Individuum“ im System, ohne dabei das selbst erschaffene System, deren Teil man selbst ist, zu belasten. Das ist unabhängig von der Altersstufe. Wer das Tempo nicht mehr mithalten kann, „fliegt raus“ (wird also krank).
Auch im Hinblick auf folgende Generationen bleibt die Frage spannend. „Vier Millionen Kinder und Jugendliche in Deutschland sind psychisch krank. Rund die Hälfte dieser müsste medizinisch behandelt werden. Aus Unkenntnis, Scham oder Ignoranz unterbleibt der Gang zum Arzt. In nur sechs Jahren wird die Zahl der seelischen Erkrankungen dramatisch in die Höhe schnellen. Eine ganze Generation ruft um Hilfe.“

Ruft diese Generation tatsächlich um Hilfe, ist es meiner Meinung nach dringend geboten, unser „System langsamer zu machen“. Als Konsequenz daraus ergibt sich, dass, wenn wir etwas in Richtung Gesundheit bewirken wollen, wir am wenigstens auf unser Gesundheits- und Sozialsystem schauen, sondern uns eher mit Umwelt-, Wirtschafts- und Arbeitsbedingungen befassen sollten.

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *