Die Erfindung der elektronischen Zigarette (E-Zigarette) gelang bereits 1963. Allerdings dauerte es bis zum Jahr 2003, bis das Produkt die Marktreife in China erlangte. Der eigentliche Aufschwung des „Dampfens“ ist erst seit etwa 2007 zu verzeichnen als sich Produktion und Verkauf weltweit ausbreiteten.
Im Grunde handelt es sich bei den Verdampfern gar nicht um Zigaretten. Denn es gibt keine Verbrennung mit Rauchentwicklung. Statt dessen wird ein Gemisch aus Flüssigkeiten („Liquid“) mit einem kleinen elektrischen Heizstab („Verdampferkopf“) vaporisiert.
Die Idee der E-Zigarette war es, den Rauchern eine gesundheitlich unbedenkliche Alternative zur herkömmlichen Zigarette zu bieten. Tabakrauch enthält fast 10.000 verschiedene chemische Verbindungen in gasförmiger Form und in Gestalt flüssiger, feinster Tröpfchen (Aerosol) sowie fester Mikro-Partikel (Feinstaub). Kohlenwasserstoffe (Teer) machen den größten Teil des Rauches aus, daneben sind Nitrosamine, Kohlenmonoxid, Blausäure und viele weitere toxische Stoffe enthalten. Diese Giftstoffe inhaliert der Steamer nicht. Ob er sich das Nervengift Nikotin einverleibt, hängt vom Liquid ab. Die Flüssigkeiten gibt es in verschiedenen Nikotin-Konzentrationen und auch ganz „ohne“.
Bleibt die Frage, ob die übrigen Inhaltsstoffe der Liquids schädlich sind. Zunächst muss dabei berücksichtig werden, dass die Lunge nur für den Gasaustausch mit der Atmosphären-Luft konzipiert ist und am besten auch nur dafür genutzt wird. Die Inhalation anderer Gase, Aerosole oder Feinstaub ist daher potenziell schädlich und seien die Stoffe im Falle eines oralen oder dermalen Kontaktes noch so harmlos. Natürlich haben die Lunge und die Atemwege eine gewisse Toleranz gegenüber Verunreinigungen und es gibt auch Abwehr-Mechanismen. Allerdings sollte man diese Trümpfe im wahrsten Wortsinne nicht „überreizen“.
Was ist drin im Liquid?
Die Liquid-Basis besteht aus Propylenglycol und Glyzerin sowie Wasser. Beide Alkohole sind als Lebensmittelzusatzstoffe zugelassen und in industriellen Nahrungsmitteln und Kosmetika enthalten und scheinen zumindest nicht hochkritisch zu sein. In einem Gutachten der Universität Graz wird allerdings die Möglichkeit einer allergischen Reaktion auf Propylenglycol unterstellt, was bei Asthma zu einer Verschlimmerung oder zu einem akuten Schub führen kann. In derselben Bewertung erachtet Dr. Mayer den Alkohol Glyzerin bei der Inhalation als unbedenklich, doch konnten auch Amine und Formaldehyd im Liquid-Dampf nachgewiesen werden. Dies jedoch in sehr geringen Konzentrationen (UNI-Graz.pdf).
Größere Gefahren gehen von den Aromastoffen der Liquids aus, die sich in den einzelnen Zubereitungen und Geschmacksrichtungen stark unterscheiden. ¾ aller Liquids enthalten das toxische Diacetyl (Butter-Aroma). Bei Arbeitern in Popcorn-Fabriken führte Diacetyl zur regelrechten Berufskrankheit der Bronchitis obliterans („Popcorn-Lunge“: ewg.org/research). Weniger gefährlich soll das dem Diacetyl ähnliche Acetoin (3-Hydroxy-2-Butanon) zu sein. Der ebenfalls an Butter erinnernde Aroma-Stoff kommt auch biogen in Obst und Gemüse vor. Über die Risiken durch die pulmonale Aufnahme gibt es freilich keine Studien.
Die tausenden Liquids sind mit vielen weiteren „Aroma-Stoffen“ versetzt und diese sind auf den Verpackungen auch nur in dieser allgemeinen Form deklariert. Um was es sich dann konkret handelt, darüber bleibt der Verbraucher im Unklaren. In jedem Fall müssten die Aromen eine rechtliche Zulassung haben, aber das alleine will ja noch nichts heißen, wenn wir an die nicht enden wollenden Lebensmittel-Skandale denken. Auch hier kann es sein, dass das Einatmen andere Auswirkungen hat als die orale Aufnahme. Der Kenntnisstand ist hier noch sehr lückenhaft und dies wird in Anbetracht der vielen zu ermittelnden Tatbestände auch noch länger so bleiben. Schon jetzt besteht aber die Vermutung, dass besonders die Frucht-Aromen der Liquids hochriskant sein sollen (arbeitskreis-krankenversicherungen). Im Vergleich zu anderen Produkten ist der Anteil von bis zu 4 % der Aromen am Gesamtgewicht der Liquids sehr hoch.
Was für Risiken gibt es außerdem?
Die negativen Wirkungen des Nikotins treten beim Verwenden eines Nikotin-Liquids natürlich genauso auf wie beim Rauchen. Bereits nach 10 Zügen aus der E-Zigarette erhöht sich die Zahl der endothelialen Progenitor-Zellen (EPGs) im Blut. Diese Zellen produziert der Körper, um Schäden im Gefäß-System zu reparieren. Die Anzahl der EPGs ist ein kardiologischer Marker zur Bewertung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen (dailymail.co.uk).
Ein weiterer, ebenfalls kaum erforschter Aspekt des Steamens ist die Kontamination mit Metallen. Viele Verdampferköpfe bestehen aus Aluminium , dessen negative Wirkungen belegt sind und das beim Erhitzen in der E-Zigarette freigesetzt wird. Noch kritischer zu beurteilen sind hier Heizköpfe aus Zink, das zwar ein Spuren-Element ist, als Schwermetall in höheren Dosen aber auch giftig ist. Inwieweit die Metalle beim Steamen aufgenommen werden und die Gesundheit beeinträchtigen ist bislang ungeklärt. Materialien wie Wolfram und Titan, aus denen manche Verdampferköpfe hergestellt sind, gelten – bis jetzt – als unbedenklich. Wie man sieht, liegt auch hier Vieles im Dunkel. Die Steamer machen ein Experiment am Lebend-Objekt…
Ist die E-Zigarette eine geeignete Methode zum Abgewöhnen des Rauchens?
Für einen Süchtigen ist es verlockend, zunächst auf ein fast echtes Surrogat seiner Droge umsteigen zu dürfen, wenn er ganz „aussteigen“ will. Die E-Zigarette wird daher auch als Mittel zur Rauchentwöhnung propagiert. In Studien konnten Wissenschaftler aber zeigen, dass das Nikotin-Pflaster der E-Zigarette hier ebenbürtig ist. Allerdings zeigten Steamer, die nikotinfreie Liquids konsumierten, ähnliche Erfolge wie Steamer, die weiterhin Nikotin inhalierten (thelancet.com). Die Ergebnisse sind schwer interpretierbar. Nikotin-Entzug scheint gar nicht die Hauptrolle beim Abgewöhnen zu spielen. Eventuell ist die psychische Abhängigkeit vom Ritual des Inhalierens viel wichtiger. Und da sind E-Zigaretten eher kontraproduktiv, ähnlich wie die Dampfstängel ja auch als Einstiegsdroge fürs Rauchen angesehen werden.
Steigende Vergiftungsgefahren durch E-Zigaretten und Liquids
Seit der Einführung von E-Zigaretten ist die Zahl der Vergiftungsfälle durch Nikotin fortlaufend gestiegen. Während im Jahr 2010 die E-Zigaretten nur einen Anteil von 0,3 Prozent an den Vergiftungen durch Zigaretten hatten, ist der Anteil bis zum Beginn des Jahres 2014 auf 42 Prozent gestiegen. Mehr als die Hälfte der Vergiftungen betrafen Kinder unter fünf Jahren.
Fallzahlenzahlen aus den USA
In den letzten Jahren stieg die Nutzung von sogenannten „E-Zigaretten“ rapide an. Gleichzeitig werden sie immer häufiger zu einem Problem, da die Zigaretten von Kindern mit Süßigkeiten verwechselt werden. Das flüssige Nikotin wird teilweise mit Fruchtaromen versetzt, so dass den Kindern nicht auffällt, dass es sich um eine gefährliche Substanz handelt. Die Flüssigkeiten können versehentlich sogar getrunken werden, zumal die Portions-Fläschchen nicht aller Liquid-Hersteller mit kindersicheren Verschlüssen bestückt sind. Vergiftungen im Körper kann das flüssige Nikotin jedoch auch durch Einatmen der Dämpfe oder durch die Aufnahme über die Haut und die Schleimhäute verursachen.
Der CDC-Direktor Tom Frieden (USA) warnt vor den gefährlichen Folgen, die der Gebrauch von E-Zigaretten mit sich bringen kann. Er rechnet damit, dass die Zahl der Vergiftungsfälle ansteigen wird, wenn sich das Rauchen von E-Zigaretten weiter ausweitet. Die neueste National Youth Tobacco Umfrage ergab, dass der Konsum von E-Zigaretten ein rasantes Wachstum aufweist. Auch wird nicht jeder Vorfall bei einer Giftnotrufzentrale gemeldet. Deshalb ist es möglich, dass das vorliegende Zahlenmaterial nicht vollständig ist. Tim McAfee, der Direktor des CDC-Office, geht davon aus, dass die tatsächliche Anzahl von Fällen mit schwerwiegenden Vergiftungen durch E-Zigaretten erheblich höher ist.
Wales (Großbritannien) will handeln
Nun wurde bekannt, dass Wales Maßnahmen erwägt, die Gefahren, die durch das Rauchen von E-Zigaretten entstehen können, einzudämmen. Geplant ist, die Zonen für ein Nutzungsverbot von E-Zigaretten auszuweiten. Doch der damalige Gesundheitsminister der Labour-Regierung, Mark Drakeford, sah noch andere Probleme. Über 30 Jahre laufen Kampagnen, die vor dem Rauchen warnen. Nun werden diese Ermahnungen durch die vermeintlich harmlosen E-Zigaretten konterkariert.
Der Konsum von Nikotin ist mit Risiken verbunden. Die gesundheitsgefährdenden Folgen des Rauchens sollten den Menschen auch weiterhin bewusst sein. Das Steamen von E-Zigaretten birgt für die Gesundheit anscheinend ähnliche Gefahren wie die herkömmlichen Zigaretten, zumal wenn nikotinhaltige Liquids verwendet werden. Drakeford befürchtet, dass das Image des Rauchens durch die E-Zigaretten wieder aufgewertet werden könnte. Eingeführt wurden sie als Möglichkeit, um leichter mit dem Rauchen aufhören zu können. Nun fördern sie ein neues Suchtverhalten und stellen zusätzlich eine Vergiftungsgefahr für Kinder dar.
Dieser Beitrag wurde im Januar 2014 erstellt und letztmalig am 5.1.2017 überarbeitet.
Dieser Beitrag E-Zigaretten – ist „Steamen“ die Alternative zur „Pyro“? wurde erstmalig von Yamedo.de (René Gräber) auf Yamedo BLOG veröffentlicht.