Der Praxisberater im Zweifel
„Die Patienten äußern sich nicht negativ gegenüber den Mitarbeiterinnen, das Personal hat selbst auch kein Problem in diesem Bereich festgestellt und ich empfinde die Abläufe in dieser Praxis ebenfalls als äußerst harmonisch.“ Für Markus P., einem Pharma-Referenten, der mit dem Medical Practice Reinforcement-Tool „Praxisanalyse“ arbeitet, ist es nicht nachvollziehbar, dass die statistisch als äußerst negativ bewerteten Organisationsparameter der von ihm untersuchten Augenarztpraxis nicht mit seinen Eindrücken übereinstimmen.
Annahmen ersetzen Fakten
Mit dieser Sichtweise tappt er in die gleiche Wahrnehmungsfalle wie das untersuchte Praxisteam selbst: es werden Äußerungen einiger weniger Patienten mit subjektiven Eindrücken zu einem Gesamtbild verdichtet. Doch diesem subjektiven Bild stehen die Fakten gegenüber, deren primäre Beachtung erst die für Beratungen notwendige kritische Distanz zu den Untersuchungsinhalten sicherstellt.
Die Psychologie der Kritik verstehen
Patienten äußern sich – bis auf wenige Ausnahmen – in persönlichen Gesprächen mit den Medizinischen Fachangestellten nur selten kritisch, auf einem anonymen Fragebogen hingegen schon. Das Personal zieht sich lieber in eine Nichtwissen-Defensive zurück statt eigene Defizite offen zu bekennen und der Berater-Blick kann immer nur Ausschnitte des Praxisgeschehens erfassen.
Patienten-Fragebögen zeigen die Realität
Die Wahrung einer kritischen Distanz ist die einzige strategische Regel, die Pharma-Berater in ihrer Tätigkeit als Praxisberater umfassend berücksichtigen müssen, um professionelle Ergebnisse liefern zu können. Und auch im geschilderten Fall bewahrheitete sich diese Regel wieder, denn das Terminsystem der Praxis wurde durch ein intensives Einschieben von Patienten ohne Termin außer Funktion gesetzt, ein Aspekt, der – trotz persönlich anderer Äußerungen – den Befragungsbögen der Mitarbeiterinnen entnommen werden konnte.
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