Social Media und Gesundheitsmarkt – das virtuelle Krankenh@us

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David Matusiewicz

David Matusiewicz

In dieser Woche findet der Hauptstadtkongress in Berlin statt. Auch vom Young Lions Gesundheitsparlament waren einige Parlamentarier vor Ort. Und in diesem Jahr konnte ein Parlamentsmitglied auf Einladung des wissenschaftlichen Leiters des Managementkongresses Krankenhaus Klinik Rehabilitation Prof. Heinz Lohmann auch die Agenda des Kongresses mitprägen: Dr. David Matusiewicz, Präsidiumsmitglied des Young Lions Gesundheitsparlaments, gab einen wissenschaftlich-pragmatisch-kritischen Impulsvortrag zum Thema Social Media und Gesundheitsmarkt am Beispiel eines virtuellen Krankenhauses und setzte in seinem Vortrag auf eine gezielte Provokation. Er berichtet für uns von seinem Vortrag und von seinen Eindrücken beim Kongress.

Schon auf dem Weg zum Hauptstadtkongress wurde einem klar, dass man es mit den im Programmheft angekündigten „drei heißen Tage“ des Managementkongresses im nagelneuen CityCube Berlin ernst meinte. Nach der feurigen Rede von Gesundheitsminister Hermann Gröhe, legte die Feuerwehr aufgrund von Feuermeldungen den Kongress zeitweise lahm. Durch Twitter-Meldungen unter dem Hashtag #HSK14 konnte man sowohl außerhalb als auch innerhalb des Kongresses auf einer überdimensional großen Video-Wall-Würfel das Geschehen auch virtuell mitverfolgen. Dafür sorgte insbesondere die professionelle Delegation rund um Frank Stratmann, Martin Schleicher (alias gesundheitswirt), Marco Muhrer-Schwaiger, Silke Schippmann, Katharina Specht und weiteren „zwitschernden Personen“, die während der Vorträge scheinbar mit den Smartphones spielten, jedoch in Wirklichkeit die Kernthesen der Vorträge in 140-Zeichen-Nachrichten komprimierten und online veröffentlichten. Dazu gehörten aber auch Organisationen wie die Ärzte-Zeitung und Player wie Krankenkassen, die regelmäßig Nachrichten versendeten.
Ziel von Social Media-Marketing im Gesundheitswesen ist es, Vermarktungsziele eines Unternehmens durch die Benutzung von onlinebasierten sozialen Kommunikations- und Austauschplattformen zu erreichen. Das Internet bietet solchen Akteuren heute zahlreiche Möglichkeiten, durch Webseiten, Blogs oder Social Media wie bspw. Facebook, Youtube und Twitter kleinere autonome Teilöffentlichkeiten auszubilden. Es soll ein „bottom-up intermedia agenda setting“ erzeugt werden, wobei sogenannte marginale Medien Öffentlichkeit für Gesundheitsthemen generieren, die dann im Mainstream aufgegriffen werden sollen.

eHealth und Web 2.0 = Health 2.0.
Eine Studie der TU München aus dem Jahr 2012 zeigt, dass Risiken fehlgesteuerter Social Media Aktivitäten im Krankenhaus unterschätzt werden und Ignoranz gegenüber dem Thema herrscht. Eine qualitative Analyse der Aktivitäten von 1.964 Krankenhäusern bei Facebook untersuchte eine Studie des Instituts für Arbeit und Technik im Juni 2014. Ergebnis der Studie ist, dass 15,7% der Krankenhäuser ein Facebook-Profil aufweisen. Allerdings ist davon nur rund ein Drittel regelmäßig aktiv und konnte in die Analyse einbezogen werden.
Es geht um viel mehr als das posten von Karrieremitteilungen, Ernährungstipps, Basisinformationen zum Krankenhaus oder Tipps für Schwangere. Es geht eher um stratifizierte Informationen für bestimmte Zielgruppen. Es geht darum, einen Kundennutzen herauszuarbeiten und ein „Organisationsvertrauen“ zu vermitteln.
Während meines Vortrages stellte ich die provokante Frage in den Raum, ob Marketing bzw. Social Media im Gesundheitswesen aus wohlfahrtsökonomischer Sicht Verschwendung von knappen Ressourcen ist? Denn insbesondere im Gesundheitswesen sprechen wir von homogenen Güter, bei denen Kritiker anzweifeln, ob Marketing im Sinne von Wettbewerb und Marketing überhaupt Sinn mache. Durch Marketing der einzelnen Akteure ist keinem Patienten bei seiner Krankenbehandlung geholfen. Oder etwa doch? Es kommt auf den Nutzen und den Mehrwert für den Patienten an. Social Media kann sehr wohl bspw. im Sinne der Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention einen Sinn machen. Fest steht, dass es nicht „ein bisschen“ Social-Media gibt. Wenn man Social Media nutzen möchte, dann muss klar sein, dass die Aktivitäten mit einer Unternehmensstrategie verbunden sein müssen und eine Professionalität aufweisen sollten. Die Inhalte müssen zudem regelmäßig und nachhaltig gepflegt werden. Mein Appell an die Krankenhäuser: Wenn ihr es macht, dann macht es richtig, denn im nichts vergessenden World Wide Web gibt es auch keine „Chance 2.0“.

Die Marketing-Experten Timo Mügge des Universitätsklinikums Köln und Sebastian Baum des St. Antonius Hospitals Eschweiler haben gezeigt, dass sich eine strukturierte Herangehensweise an Social Media, als Teil einer ganzheitlichen Marketing-Strategie, auszahlt. Dabei geht es nicht nur um die Maximierung von Followern, Abonnementen, Likes oder die Gewinnung von neuen Kunden. Es geht um weiche Faktoren wie Image, Service, Vertrauen und Authentizität. Dafür sehen sich die beiden Praktiker verantwortlich und verfolgen das virtuelle Geschehen rund um ihre Kliniken auch mal von Zuhause und oder schreiben Konzepte in Abstimmung mit ihren Frauen beim Abendbrot. Das Engagement ist beeindruckend und doch geht es auf längere Sicht nicht über professionelle Vollzeitkräfte (VK), so der Appell des Social Media Experten Marco Muhrer-Schwaiger der Unternehmensberatung für Digital Communications, Marketing, Brand, und PR und in seiner Präsentation auf die Macht selbstsprechender Bilder setzte und so das Plenum in seinen Bann zog. Der Erfolg von Social Media-Marketing hänge letztlich auch davon ab, ob speziell dafür Mitarbeiter eingesetzt werden, die über entsprechende Qualifikationen und Kompetenzen verfügen. Dafür gebe es heute spezielle Berufsbilder, wie den Community-Manager oder den Social Media Manager, so der „Gesundheitswirt“ Martin Schleicher, der dem twitterndem Plenum der Session beisaß. Zudem ist Verzahnung mit anderen Abteilungen (z.B. Beschwerdemanagement) wichtig, fügte der Moderator Steffen Ellerhoff der Mühlenkreiskliniken hinzu. Das kostet erst einmal Budgets und Mitarbeiterkapazitäten.
Am Ende des Kongresstages zur Eröffnung des Gesellschaftsabends dankte der Kongresspräsident Senator a.D. Ulf Fink noch einmal für die zahlreichen Twitter-Beiträge die über seinem Kopf im erwähnten Video-Wall-Würfel in live aufpoppten und den Kongress durch zahlreiche Statements der Teilnehmer begleiteten. In dem Moment zückte ich an dem Tag das letzte Mal mein Smartphone und transferierte die folgenden Worte auf die Leinwand: „Die Farbe des Rotweins harmonisiere gut zur Farbe der anliegenden Standes der Krankenkasse.“ Auch das fand Follower und Zustimmung auf dem Video-Würfel. Die Arbeit war für heute getan. Ich wandte mich dem klassischen sozialen Netzwerken mit den um mich herumstehenden Menschen zu und genoss mein „echtes“ Glas Rotwein – 1.0.

Die Aktivitäten auf dem Hauptstadtkongress könnt ihr auf Twitter unter  #HSK14 verfolgen.

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