Erfolgreiche Außendiensttätigkeit?
“Der Außendienst ist nach wie vor die Informationsquelle Nr. 1 für niedergelassene Ärzte!”
“Mediziner sind mit dem Außendienst sehr zufrieden!”
In regelmäßigen Abständen werden Untersuchungen zu Rolle und Akzeptanz von Pharma-Referenten durchgeführt, ergänzt um Wettbewerbe, in denen die Firmen mit den aus Arztsicht besten Vertriebsorganisationen gewählt werden. Die Datenermittlung erfolgt in der Regel Top-down über Stichproben, ein Verfahren, das umso ungenauere Resultate liefert, je heterogener die Grundgesamtheit ist. Und gerade das ist die Situation der Außendienstbetreuung niedergelassener Ärzte, die durch Mitarbeiter mit unterschiedlichsten Fähigkeiten, Kenntnissen und Vorgehensweisen umgesetzt wird.
Auf Spurensuche in der Arzt-Außendienst-Beziehung
Vor diesem Hintergrund ging das vor drei Jahren gestartete Monitoring-Projekt “Sales Talk Insights” den entgegengesetzten Weg zu Stichproben-Erhebungen und erfasst seit diesem Zeitpunkt die Bewertung der Außendienstarbeit Bottom-up. In Regionalen Kundenzufriedenheitsanalysen geben niedergelassene Ärzte konkrete Auskunft zu ihren Anforderungen an und zu ihrer Zufriedenheit mit der Betreuungsqualität der Pharma-Referenten, die sie besuchen. Ergänzt werden diese Angaben um die interne Analyse der Kooperation zwischen Vertrieb und anderen marktorientierten Unternehmensabteilungen. Betrachtet man die Resultate Firmen- und Mitarbeiter-übergreifend, können u. a. folgende Optimierungsbereiche identifiziert werden:
Glauben statt Wissen
Die Resultate der Arztbefragungen zeigen eine deutliche Lücke zwischen den Anforderungen der Mediziner und ihrer Erfüllung (Mismatches). Ein Grund: Pharma-Berater hören zu früh auf, Informationen über ihre Kunden zu sammeln. Dadurch entgeht ihnen eine Vielzahl von Aspekten, die für den Erfolg ihrer Arbeit relevant wären. Ein weiterer Grund: es werden kaum Eigen- / Fremdbild-Vergleiche durchgeführt. Auf diese Weise können Kundensignale und -verhaltensweisen nicht richtig interpretiert werden. Auch CRM-Informationen helfen hierbei nicht weiter. Ein dritter Grund: es existiert nur in den wenigsten Unternehmen eine durchgängige Feedback-Kultur zu den Marktaktivitäten.
Falsche Besuchs-Strategie
Pharma-Referenten beachten kaum den organisatorischen Rahmen (Besuche mit Voranmeldung, Beachtung der Praxis- und Arztsituation etc.), den Ärzte sich wünschen. Das führt zu Unmut und Ablehnung, auch auf Seiten der Medizinischen Fachangestellten.
Tradiertes Vorgehen
Die Betreuung ist aus Arztsicht zu schematisch, zu wenig ideenreich und unflexibel. Daran ändern auch neue Präsentationsformen (Tablet-PCs) nichts. Dadurch steht die Außendienstinformation zunehmend in Konkurrenz zum Internet, das themen- und zeitindividuell konsultiert werden kann. Sowohl Ärzte als auch Pharma-Berater beklagen zudem, dass von ihnen zwar immer wieder neue Ideen und Anregungen in die Unternehmen gegeben werden, diese dort aber oftmals “versanden”.
Ausblendung von Trends
Die Arztanforderungen beziehen sich immer mehr – so zeigen die Ergebnisse – auch auf Unterstützungsleistungen für die unternehmerische Praxisführung und zur Adhärenz-Förderung. Doch der Praxismanagement-Handlungsrahmen, der ganz elementar die medizinische Leistungsfähigkeit der besuchten Praxen bestimmt (strategischer Kundenwert), fließt kaum in die Arbeit ein. Gleichzeitig steigen die Anforderungen der Patienten an die Information über die ihnen verordneten Medikamente. Hierfür benötigen Ärzte entsprechende Hilfestellungen, um diesen Forderungen gerecht zu werden. Doch Adhärenz-zentrierte Medikamenteninformationen, z. B. in Form von Ready-to-pass-Modulen, ergänzt um Digitale Therapeutika (die Weiterentwicklung der bislang angebotenen Apps), haben Pharma-Berater bislang nicht im Angebot. Damit wird aus Unternehmens- und Arztsicht die Chance verschenkt, speziell bei Dauertherapien die Einnahmekontinuität zu sichern.
Zu große Passivität
In Zusammenhang mit der unternehmerischen und Adhärenz-Unterstützung fordern die Mediziner, dass Pharma-Berater sich über die reine Informationstätigkeit hinaus stärker persönlich-unterstützend einbringen, die grundsätzliche Kompetenz hierzu wird ihnen zugesprochen. Gewünscht ist eine Entwicklung vom passiven Sponsor zum pro-aktiven Akteur, für dessen Engagement auch grundsätzlich die Bereitschaft einer Bezahlung besteht.
Isolierte Vertriebsleistung
Ärzte beklagen immer wieder die geringe Entscheidungskompetenz und Handlungsfähigkeit ihrer Praxisbesucher. Hinzu kommen lange Wartezeiten, wenn andere Firmen-Abteilungen in Anspruch genommen werden müssen. Die Qualität der Außendienstarbeit ist damit auch von der Kooperationsqualität mit anderen unternehmensinternen Abteilungen abhängig. Die ist jedoch häufig aufgrund von “Lagerbildungen” nur gering ausgeprägt.
Fraktale Imagebildung
Die Arztbefragungen zeigen, dass die Unternehmensimages fast vollständig durch die Individualität der Mitarbeiter geprägt werden und es an Einheitlichkeit fehlt. Parallel wachsen durch die zunehmende Nutzung digitaler Medien Unternehmens- und Marketing-Kommunikation zusammen, die fraktalen, durch den Vertrieb geschaffenen Images liegen jedoch außerhalb dieses Rahmens.
Fazit
Insgesamt zeigt sich, dass die Marktbearbeitung pharmazeutischer Anbieter vielschichtiger und digitaler wird (Multi-Channel), gleichzeitig das Kundenwissen jedoch nicht zunimmt und in seinem gegenwärtigen Status sogar – gemessen an der Erfüllung de Arztanforderungen – zu gering ist. Als Konsequenz ist der Außendienst nur in der Lage, eine unterdurchschnittliche Marktenergie zu aktivieren.
Neudefinition der Außendienst-Tätigkeit
Im Hinblick auf einen “Turnaround” und die zukünftige Tätigkeit von Pharma-Referenten steht deshalb die Beseitigung von Außendienst-Arzt-Mismatches an erster Stelle (“Delving-Strategie”), gefolgt von einem Wechsel des derzeitigen Angebotskerns in Form von Präparate-Informationen und kostenlosem Service für den Arzt zu einer Adhärenz-zentrierten Medikamenten-Information, ergänzt um kostenpflichtige Dienstleistungen und Digitale Therapeutika für den Praxisbetrieb.
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