2012 war Holger Pauly zum ersten Mal bei den „Positiven Begegnungen“ und so begeistert davon, dass er Mitglied der Vorbereitungsgruppe für die diesjährige HIV-Selbsthilfekonferenz in Kassel wurde. Axel Schock hat mit ihm gesprochen.
Holger, bei den „Positiven Begegnungen 2012“ in Wolfsburg gab es auch eine Demonstration gegen Kriminalisierung. Wie hast du diese erlebt?
Das war etwas Besonderes für mich, denn es war meine erste Demo, an der ich als offen HIV-Positiver teilgenommen habe. Erst später habe ich dann erfahren, das es überhaupt das erste Mal war, dass sich so viele Positive gemeinsam auf die Straße getraut und Gesicht gezeigt haben.
Stand für das Vorbereitungsteam der diesjährigen Konferenz von Anfang an fest, dass auch in Kassel eine Demo zum Programm gehören soll?
Wir haben tatsächlich gar nicht groß darüber diskutiert, es galt als abgemachte Sache. Die Demonstration in Wolfsburg war ja schon recht groß und erfolgreich, sodass sie in Kassel nur noch größer und noch besser werden kann.
Welches Zeichen wollt ihr mit der Demonstration setzen?
Das Setting in Kassel unterscheidet sich ja sehr von dem in Wolfsburg 2012. Die Konferenz ist im Kulturbahnhof, also mitten in der Stadt, wodurch wir sehr präsent sein werden. Zum anderen findet unsere Demo gemeinsam mit der Parade zum Christopher Street Day statt, wodurch wir noch sichtbarer sein werden. Außerdem erwächst aus dieser Kooperation ein besonderes Zeichen der Solidarität. Das Motto der Positiven Begegnungen lautet in diesem Jahr „Wir machen uns stark“, und das zeigen wir an dieser Stelle auch.
Was erhoffst du dir von den vier Konferenztagen?
Für mich persönlich erhoffe ich eigentlich nichts Spezielles, was aber auch damit zusammenhängt, dass ich das ganze Jahr über ehrenamtlich im Aidshilfebereich arbeite. Aber ich hoffe natürlich, dass wir am Ende stolz sein können, eine tolle Konferenz auf die Beine gestellt zu haben.
„Ich hoffe natürlich, dass wir am Ende stolz sein können“
Außerdem wünsche ich mir, dass sich die Teilnehmer durch die Veranstaltungen gestärkt fühlen und sich vielleicht auch dazu animieren lassen, noch mehr aus ihrem Versteck herauszukommen, um „noch öffentlicher“ HIV-positiv zu sein.
Wie die anderen im Organisationsteams, hast du ja schon mal „Positive Begegnungen“ miterlebt. Hat es da etwas gegeben, was ihr dieses Mal anders, vielleicht sogar besser machen wolltet?
Bei den „Positiven Begegnungen“ in Wolfsburg muss es einige Male zu diskriminierenden Vorfällen gekommen sein, zumindest wurde mehrfach entsprechende Kritik geäußert. Leute sollen über andere dumme Sprüche gemacht haben, ohne vielleicht darüber nachzudenken, was das für einen bedeuten kann, wenn man sich so etwas anhören muss.
Uns war es daher von Anfang an ein besonderes Anliegen, dass diese Konferenz diskriminierungsfrei wird und wir das auch öffentlich machen wollen. Es geht dabei um die ganze Palette von Diskriminierungen: von Migranten und Deutschen, von Schwulen und Heteros, von Männern und Frauen.
Dazu wird es im Programmheft nicht nur einen eigenen Punkt geben, sondern wir werden dort auch Ombudsleute mit Namen und Fotos vorstellen. Wir werden das Thema Diskriminierung in der Eröffnungsveranstaltung ansprechen, einen Workshop dazu durchführen. Außerdem werden zwei kleine Theaterstücke aufgeführt, die für das Thema sensibilisieren sollen.
Welche Aufgaben werden die Ombudsleute haben?
Wenn es zu Unstimmigkeiten kommt, gleich welcher Art, werden sie als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Bei Bedarf können sie dann auch schlichtend eingreifen und Streitigkeiten oder schlechte Stimmung aus dem Weg zu räumen.
Wozu macht man sich eigentlich die ganze Mühe, ein Jahr lang einen solchen Kongress zu planen?
Anders als bei den Positiventreffen im Tagungshaus Waldschlösschen geht es bei den „Positiven Begegnungen“ nicht um persönliche Selbstreflexion. Vielmehr handelt es sich um eine politische Veranstaltung, bei der übergeordnete Themen bearbeitet werden sollen.
„Es handelt sich um eine politische Veranstaltung“
Daher wünsche ich mir, dass für die Teilnehmer hier noch andere Sichtweisen erfahrbar werden und sie ein größeres Verständnis für die allgemeine und damit auch für ihre eigene Situation bekommen.
Mein Ziel ist, dass die Menschen sich nicht mehr selbst stigmatisieren, sondern offen mit ihrer HIV-Infektion umgehen können und auch kämpferischer werden. Wenn wir das bei den Teilnehmern bewirken können, dann haben sich die Mühen auf jeden Fall gelohnt.
Weiterführende Links:
Infos und Programm der Positiven Begegnungen
Zum Anmeldeformular für die “Positiven Begegnungen”