Diskrepanz zwischen Erwartung und Realität
“Mein Gespräch mit dem Arzt wurde mehrfach unterbrochen, da Helferinnen Unterschriften benötigten oder Fragen hatten. Das war schon sehr störend!” Die Vorstellung, bei einem Beratungsgespräch in einer Bank oder einem Reisebüro permanent gestört zu werden, wäre auch für Ärzte ein absolutes Negativ-Szenarion. Patienten hingegen wird derartiges zugemutet. Die Folgen: das Gespräch wird “zerstückelt” und der rote Faden geht verloren. Je nach Dauer und Intensität der Unterbrechung ist der Arzt dann unkonzentriert und der Patient erhält nicht die volle Aufmerksamkeit, die er eigentlich benötigt.
Der unersetzliche Arzt
“Schlechte Organisation”, sagen die Patienten, “Es geht nicht anders”, meinen Ärzte und Helferinnen. Doch der Problemverursacher ist der Arzt. Will man sein Fehlverhalten neutral umschreiben, würde man von “mangelnder Delegationsfähigkeit” sprechen. Im Kern geht es aber um die “Ich bin unersetzlich!”- und “Ohne mich läuft gar nichts!”-Mediziner. Sie sind davon überzeugt, dass außer ihnen niemand anders richtig handelt und praktizieren eine Scheindelegation mit permanenter Kontrolle. So werden die Medizinischen Fachangestellten zu unselbständigen Ausführungsorganen, die permanent auf Arbeitsanweisungen angewiesen sind und sich diese permanent, auch während der Patientengespräche, abholen müssen.
Negativerlebnis für alle
Leidtragende sind die Patienten, aber auch die Mitarbeiterinnen und sogar die Ärzte, denn in Praxen, in denen dieses Handlungsmuster praktiziert wird, ist die Stressbelastung des gesamten Teams extrem hoch. So ist es nicht vewunderlich, dass derartige Praxisbetriebe durch eine hohe Personalfluktuation gekennzeichnet sind. Dazu trägt auch bei, dass in diesen Praxistypen die Maßregelungen von Mitarbeiterinnen im Beisein von Patienten überproportional häufig sind.
Eine Lösung gibt es nicht, da der Arzt das Problem ist, das aber nicht erkennt, denn er ist ja unersetzlich.