Was ist der Stand von Open Access in der Schweizer Forschungslandschaft?
Forschungsergebnisse interessieren. Deshalb haben die Rektorenkonferenz der Schweizerischen Universitäten (CRUS) und der Schweizerische Nationalfonds (SNF) im Jahre 2006 die Berliner Deklaration zu Open Access unterzeichnet. Die Unterzeichner verpflichten sich, Open Access (OA) zu unterstützen und in ihren Institutionen einzuführen.
Mit öffentlichen Mitteln geförderte Forschung sollte – nicht zuletzt im Interesse der Wissenschaft selbst – auch möglichst gut öffentlich und gebührenfrei zugänglich sein. SNF
Acht Jahre sind seit der Unterzeichnung der Berliner Deklaration durch die Schweizer Rektorenkonferenz vergangen. Was ist der Stand?
Ablagen und Richtlinien
Alle Universitäten haben institutionelle Ablagen (sogenannte Repositories) für Archivierung von Open Access Publikationen aufgebaut und die meisten haben Richtlinien erlassen.
Nachfolgende Tabelle zeigt den Open Access Stand für die Schweizer Universitäten mit medizinischer oder mit „Life Science“ Forschung.
Open Access Stand der Universitäten mit medizinischer oder mit „Life Science“ Forschung. Eigene Recherche, Stand: Mai 2014.
* Berlin. Dekl. = Wann wurde die Berliner Deklaration direkt von der Institution unterzeichnet?
# OA-Pflicht = Die OA-Richtlinie verpflichtet zu Open Access, ausser es wird durch das Copyright verhindert.
Neben den Universitäten wird die medizinische Forschung der Schweiz auch durch weitere Institutionen gefördert.
Open Access Stand von bedeutenden Förderern Schweizerischer medizinischer Forschung. Eigene Recherche, Stand: Mai 2014.
* Berlin. Dekl. = Wann wurde die Berliner Deklaration direkt von der Institution unterzeichnet?
Der SNF nimmt in der Schweiz in Sachen Open Access eine Leit- und Vorbildfunktion ein.
Eine englischsprachige Übersicht zu Open Access mit wöchentlichen Aktualisierungen wird im Rahmen des EU-Projektes OpenAIRE gepflegt. [Aktualisierung 17.12.2015: Eine Open Access Übersichtsseite zur Schweiz ist vorhanden.]
Eine Übersicht über Open Access Richtlinien (Policies) weiterer Institutionen ist auf ROARMAP abrufbar.
Umsetzung
Aufgrund der Open-Access-Richtlinien müsste ein grosser Teil medizinischer Forschungspublikationen aus der Schweiz Open Access sein. Dies ist aber leider nicht der Fall. Die Open-Access-Richtlinien scheinen nicht kontrolliert zu werden. Die Forscher scheinen die Richtlinien und Open Access noch gar nicht zu kennen. Und wenn Open Access bekannt ist, werden die Richtlinien ignoriert. Konkrete Zahlen hat wohl niemand.
Fachzeitschriften (Journals)
Fachzeitschriften haben ganz verschiedene Verfahren und Richtlinien zur Publikationen von Forschungsartikel. Einige sind Open-Access-Fachzeitschriften, andere verlangen von den Forschern sogar, dass diese ihr eigenes Copyright abgeben.
Die Webseite ROMEO gibt Auskunft über die verschiedenen Copyright und Selbstarchivierungsregeln der Fachzeitschriften (Publisher copyright policies & self-archiving).
Ausblick
Die 51 Mitgliederorganisationen der Dachorganisation Science Europe setzen sich dafür ein, dass die Resultate von mit öffentlichen Geldern geförderter Forschung und Innovation in Europa mittels eines gebührenfreien Online-Zugangssystems verfügbar sind. Sie haben eine Liste mit zehn Prinzipien definiert, welche in ihren OA-Bemühungen Kohärenz und Konsistenz garantieren sollen. Der SNF hat durch seine aktive Mitgliedschaft bei Science Europe zum Positionspapier beigetragen und ist den darin genannten Prinzipien verpflichtet.
Science Europe: Position Statement – Principles for the Transition to Open Access to Research Publications (PDF, 144 KB)
Fazit
Der SNF ist die Leitorganisation bei Open Access in der Schweiz. Seine Richtlinien haben Gewicht in der Schweiz.
Leider existiert Open Access in der Schweiz mehrheitlich in Richtlinien und ist in der Praxis noch keine Selbstverständlichkeit. Die Richtlinien werden bedauerlicherweise nicht respektiert und durchgesetzt.
Es bleibt der Öffentlichkeit – den Steuerzahlern und den Patienten – nichts anderes übrig als ihr Recht bei den Forschern selbst einzufordern. Den Forschern muss klar sein, mit welchem Geld, mit welchem Ziel und unter welchen Bedingungen sie ihre Forschung durchführen dürfen.12
Nachtrag
[Aktualisierung 18.12.2015: Die Links wurden überprüft und ggf. erneuert.]
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Wohlgemerkt, es geht nicht um den Inhalt der Forschung, sondern nur darum, dass die Forscher ihre Resultate mit der Öffentlichkeit teilen – zugänglich machen –, damit die Allgemeinheit die Resultate nutzen und darauf aufbauen kann. ↩
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Forschung betreiben zu dürfen ist ein Privileg. ↩