Rolling Clinic Manila – ein Bericht von Einsatzärztin Dr. Katrin Wüppen

Es ist Donnerstagmorgen, eine Gruppe von Menschen jeden Alters sitzt in der Kapelle Sto. Nino in Pangarap bei Manila. Aber heute ist hier kein Gottesdienst, sondern Sprechstunde. Die Kirchenbänke werden einmal in der Woche zur Seite gerückt, um Platz für die Rolling Clinic der German Doctors zu machen.
Bei meinem Eintreffen werde ich vom freundlichen ‚Good morning, doc’ der Patienten empfangen. Das Team ist eingespielt und während routiniert alles vorbereitet wird, beobachte ich die Patienten. Ist vielleicht ein besonders krankes Kind dabei? Wer hat da denn eben so heftig gehustet?

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Sto. Nino Chapel in Pangarap

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Der heutige Arbeitsplatz mit Blick auf den Altar

Dann geht’s los, die meisten Patienten kommen heute mit Atemwegsinfekten. Und während eines der Kinder in der Wartezone laut schreit, draußen der Regen prasselt und direkt neben der Kirche ungeachtet des Regens lautstark Basketball gespielt wird, versuche ich mich auf das Abhören meiner Patientin zu konzentrieren. Das vierjährige Mädchen sitzt auf dem Schoß der Mutter, schaut mich mit großen neugierigen Augen an und vergisst das Atmen dabei. ‚Hinga ng malalim’- ‚tief durchatmen’ gehört zu dem Vokabular, das ich mir schnell angeeignet habe.

Das nächste Kind kommt mit Bauchschmerzen, vor 2 Tagen hat es sich auch übergeben und dabei einen Wurm hochgewürgt. Der Beschreibung der Mutter nach einen Spulwurm. Der Zahnstatus ist desolat, die Läuse auf dem Kopf kann man kaum übersehen. Während ich meine Befunde in der Patientenkarte dokumentiere, nutzt meine Übersetzerin Annie die Zeit, um der Mutter noch ein paar Ratschläge in puncto Hygiene mit auf den Weg zu geben. Dann noch die Frage nach dem Stand der Impfungen und der letzten Vitamin A-Gabe und weiter geht’s mit den Geschwisterkindern, die bislang nur kichernd daneben standen.
Im Laufe des Tages sehe ich noch viele Kinder mit Erkrankungen, die auf mangelnde hygienische Verhältnisse zurückzuführen sind, darunter infizierte Wunden, Durchfallerkrankungen und Skabies.

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Durch ein Tuch werden die Patienten während der Konsultation vor neugierigen Blicken geschützt…

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…aber nicht vor allen

Bei den Erwachsenen reicht das Spektrum heute von einfachen Rückenschmerzen bis zum dringenden Verdacht auf Lungen-Tuberkulose.
Eine 60-jährige Patientin kommt mit einer Erkältung in unsere Sprechstunde. Meine Aufmerksamkeit richtet sich aber schnell auf eine immense Schilddrüsenvergrößerung von der Größe zweier Tennisbälle. Die Patientin gibt an, dass sie beim letzten Arztbesuch eine Operation der Schilddrüse angeraten bekommen hätte. Wann das gewesen wäre? 1997. Ich weiß kurz nicht was ich sagen soll und überlege, wie man ein derartiges Wachstum am Hals so lange tolerieren kann. Was sie wohl davon abgehalten hat, sich darum zu kümmern? Naja, sowohl ihr Vater als auch ihr Ehemann und Sohn waren in diesem Zeitraum im Gefängnis, ihr Sohn ist es immer noch. Außerdem hat sie Angst bei einer Operation zu versterben, was dann aus ihrer Familie werden sollte? Während die Patientin alles erzählt, beobachte ich ihre zitternden Finger, die nervöse Art zu sprechen und werfe einen kurzen Blick auf das Gewicht in der Patientenkarte. Nur 28 Kilo! Über Gesundheit und Krankheit entscheiden hier so viele unterschiedliche Faktoren, dass ich kurz ins Grübeln komme, inwieweit wir die Probleme unserer Patienten mit unserer Arbeit überhaupt beeinflussen können. Doch da reißt mich die Patientin aus meinen Gedanken indem sie mich anlächelt und voller Überzeugung sagt ‚Thank you doc helping me’.

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Zur Rolling Clinic gehört auch immer eine ‚lecture’ für die Patienten,
heute geht es um die Themen Ernährung und Verhütung

Aufgeschrieben von Dr. Katrin Wüppen

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