Meine Arbeitskleidung würde ich manchmal gerne öfter wechseln. Vor allem wenn sie mit Körperflüssigkeiten von PatientInnen bekleckert ist. Leider herrscht in der Kleiderausgabe oft gähnende Leere und es spricht sich sehr schnell herum, wenn es wieder mal Nachschub gibt. Dann deckt sich das Personal mit genug Reserveklamotten ein – ich gebe es zu, auch ich horte dann einige Shirts der Grösse M in meinem Garderobenkästchen. Zur Not auch L. S kommt nicht in Frage, da passt mein Kopf nicht durch. Sorry auch an die Kolleginnen, mit denen ich mir ein Büro (= Umkleidekabine) teile und denen ich schon ab und zu ein frisches Kleidungsstück geflaucht habe…
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Teil III
Irgendwann war es heraußen. Ein zusammengeknülltes, mit Blut durchtränktes Baumwolltuch in der Größe eines Geschirrtuches.
Ich weiß nicht mehr genau was wir gesagt haben. Es tut uns leid? Entschuldigung? Wir haben ein Tuch in ihnen vergessen?
Wir gehen immer wieder die OP durch. Es gab keine Hektik. Gut, es war kein elektiver Eingriff. So semi-notfallmäßig halt. Wir haben alles wie immer gemacht. (Ist der Gedanke jetzt beruhigend oder eher beunruhigend?) Operiert, Tücher gezählt (insgesamt 3x), es gab keine Zwischenfälle, nach 3 Stunden war alles vorbei, wir waren nicht müde. Als ich zugenäht habe… haben wir ein Tuch auf den Darm gelegt zum Schutz beim Verschluss der Faszie? Nein, ich sehe die Hand der Oberärztin auf den Dünndarmschlingen als ich mit dem dicken blauen Faden, der groben Nadel und der Kampfpinzette die Muskelfaszie zunähe.
Eine Stunde später standen wir wieder am Tisch. Herr R. vor uns. Der Bauch halb offen über eine Länge von 5cm. Durch die Öffnung aus der wir das Tuch gezogen haben sieht man Darmschlingen. Ich entferne den Rest der Klammern und der Everettnaht. Wir nehmen den Darm aus dem Bauch und der Chef sieht jeden Centimeter durch. Alles sieht gut aus. Auch die Anastomose. Wir machen den Bauch wieder zu. Wie wenige Tage zuvor.
Augengrippe 2013
Vielen Menschen sind am ende des Jahres 2012 und Begin des 2013 von die sogenannte Augengrippe (Keratokonjunktivitis epidemica) betroffen. Augengrippe ist einer Augenentzündung und…
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Operationsindikationen
Chirurgie und die Stellung einer Operationsindikation sind nicht so einfach, wie man es sich manchmal vorstellt. Klar, es gibt eindeutige Fälle wie eine Appendicitis acuta. Klarer Fall von Bauch auf, Blinddarm raus, Bauch wieder zu. Doch das Fach des Menschenhandwerkes ist gottseidank nicht immer so einfach. Gut, ab und zu ist eine einfache 20-Minuten-Appendektomie was Schönes, so zum gelegentlichen Drüberstreuen. Doch manchmal gibt es auch PatientInnen mit Krankheitsbildern, wo sich in der Sprechstunde schon die Frage stellt: Operiert man diesen Mensch überhaupt? Oder endet die Operation letztendlich in einem Fiasko mit Re-re-re-re-Revisionen und am Ende in einem mehrwöchigem Aufenthalt auf der Intensivstation? Während den letzten Jahren habe ich es nicht nur erlebt, dass manche ChirurgInnen die Situation unterschätzen (oder es ihnen einfach egal ist) und der Patient die letzten Wochen seines Lebens mit einem offenen Bauch auf der Station dahinsiecht und dann stirbt. Es gibt Charaktere, die operieren (fast) alles, was es zu operieren gibt. Einfach weil man es kann. Aber es gibt genau so viele PatientInnen, die genau so sind. Die auf einen Eingriff drängen und dann beleidgt die Sprechstunde verlassen, weil man – als ChirurgIn – eine Operation ablehnt. Für zu riskant oder nicht sinnvoll hält. Ich frage mich dann manchmal, ob sich die Privatkrankenhäuser dann die Hände reiben und Dollarzeichen in den Augen haben. Ein früherer Chef hat mich in dem Punkt sehr beeindruckt. Er ist ein guter Chirurg und würde in einem Privatspital mit offenen Armen empfangen werden. Doch er bleibt im öffentlichen Betrieb und lehrt die Meinung, dass ein guter Chirurg dann ein guter Arzt ist, wenn er auch Operationen ablehnen kann. Ich bin ihm sehr dankbar für diesen Satz. Und genau aus diesem Grund werde ich auch weiterhin PatientInnen vergraulen, die (teilweise) verständlicherweise auf eine Stomarückverlagerung drängen, die allerdings absolut riskant und nicht sinnvoll ist. Ja, ein Stoma ist für viele eine unbefriedigende Situation. Aber bei einem auch nicht nur ansatzweise akzeptablem Allgemeinzustand ist es noch beschissener in eine Sepsis aufgrund einer Anastomoseninsuffizienz zu schlittern oder nach der Wiederherstellung der Darmkontinuität bis zu 20-30 Mal pro Tag auf die Toilette laufen zu müssen, aufgrund schlecht in den Griff zu bekommender Diarrhoe. Nein, ich werde Sie mit einem Serumalbumin von minus 100 g/l und einer Kachexie nicht operieren, und schon gar nicht wenn sie zusätzlich noch rauchen. Punkt.