Patientenbefragungen in der Arztpraxis: Die Gefahr der Simplifizierung im Qualitätsmanagement

Es geht auch ohne Zufriedenheits-Ermittlung!?

Praxisinhaber, die sich intensiver mit den unterschiedlichen Konzepten und Aussageinhalten von Patientenzufriedenheit und Weiterempfehlungsbereitschaft beschäftigt haben, tendieren häufig dazu, nur noch die Weiterempfehlungsbereitschaft zu erheben. Sie versprechen sich, hierdurch eine geringere Befragungsbelastung für die Patienten, eine schnellere und einfachere Auswertung für sich selbst sowie insgesamt aussagekräftigere Resultate zu erhalten. Auch manche Praxisberater raten zu dieser Fokussierung. Ihr Ansatz besagt, dass ausbleibende oder schlechte Empfehlungen zu einer rückläufigen Patientennachfrage und im Endeffekt zu geringerem Praxiserfolg führen.

Der Weiterempfehlungs-Check auf dem Prüfstand

Der strategische Aussagewert von Weiterempfehlungen ist unumstritten, die Praxisrealität zeigt jedoch, dass eine alleinige Ausrichtung auf diese Größe zu gravierenden Fehlentscheidungen führt. Das folgende Beispiel verdeutlicht das Gesagte: in einer allgemeinärztlichen Praxis wurde mit Hilfe des Net Promoter Score-Ansatzes eine allein auf die Weiterempfehlungsbereitschaft ausgerichtete Patientenbefragung durchgeführt. Das Resultat war eine Gesamt-Empfehlungsbereitschaft von 58,9% (je näher der Wert an der 100%-Marke liegt, desto größer ist die Weiterempfehlungsbereitschaft der Patienten), kein überragender, aber auch kein schlechter Wert.

Der verstellte Blick

Um das Ergebnis näher analysieren zu können, erfolgte die Abfrage differenziert nach vier Sub-Bereichen, für die jeweils die Empfehlungshaltung ermittelt wurde. Dabei ergab sich folgendes Score-Set:

– Betreuung Arzt: 83,6%

– Betreuung Personal: 31,4%

– Service: 42,3%

– Ambiente: 78,3%.

Die Empfehlungsbereitschaft für die Praxis resultiert also hauptsächlich aus der Qualität der ärztlichen Betreuung und der Praxisausstattung, Personal und Service wirken eher empfehlungshemmend, eine Konstellation, die in Anbetracht des hohen Konkurrenzdrucks, dem der Praxisbetrieb ausgesetzt ist, zu grundlegendem Handeln in diesen Bereichen auffordert.

Key take-away

Eine alleinige Konzentration auf Frage nach der Empfehlungsbereitschaft führt in die Irre. Praxisinhaber, die an einem maximalen Erkenntnisgewinn und an einer umfassenden Optimierung ihrer Betriebe interessiert sind, sollten immer beide Konzepte – Zufriedenheit und Weiterempfehlung – gemeinsam untersuchen.



©IFABS/Thill

Einsortiert unter:Medical Practice Insights

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