Der junge Patient Hr. A. leidet schon seit vielen Jahren unter einer Psychose mit verschiedenen Wahninhalten. Er ist mit Risperdal-Consta seit einigen Monaten recht stabil eingestellt. Doch in den letzten Wochen hat sich sein Verhalten dramatisch verändert. Er berichtete, dass er das Gefühl habe, sein Körper “brenne innerlich”, er trank daher in den letzten Wochen immer mehr Limonade, aß Wassereiß in großer Menge, um “den Brand zu lindern”. Er fühlte sich zunehmend schlecht und kraftlos. Schließlich wurde er in ein Krankenhaus eingeliefert.
Wie lautete die Diagnose? Psychogene Polydipsie und Zönästhesien?
Natürlich nicht. Der bei Aufnahme gemessene Blutzucker betrug 612 mg/dl. Der Patient stand kurz vor dem hyperglykämischen Koma. Eine Einstellung auf Insulin brachte zügige Besserung. Er hatte schlicht und ergreifend die Erstmanifestation eines Diabetes mellitus erlitten.
Zur Erinnerung: Beim Diabetes kann der Zucker nicht mehr richtig aus dem Blut in die Zellen aufgenommen werden. Sobald der Blutzucker auf über 180 mg/dl steigt, wird die Glucose mit dem Urin ausgeschieden, und zwar mit viel Flüssigkeit. Das typische Symptom des Diabetes ist daher, dass die Patienten bis zu 10 Litern Wasser oder noch typischer Limonade trinken. Das ist keine Polydipsie, das ist einfach Pathophysiologie.
Unklar ist, ob das Neuroleptikum Risperidon an der Verursachung des Diabetes beteiligt gewesen sein kann. Von Olanzapin ist so ein Zusammenhang bekannt, von Risperidon nicht.
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