Ahmeds Barbershop und die Terroristen

Ich muss mal wieder.
Die Länge meiner Haare nimmt allmählich das Maß an, welches vielleicht in den Siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts unter Woodstock-Veteranen so gerade noch gesellschaftlich akzeptiert wurde und allmählich wird’s auch echt unpraktisch, wenn man nach dem Duschen immer Ewigkeiten lang mit nassen Haaren herumläuft…
Kurz und gut: ein Besuch bei Ahmet ist fällig.
Ahmed’s Barbershop (natürlich mit Apostroph!) befindet sich gleich schräg gegenüber vom Bahnhof und ist der Insider-Treff für alle hippen GTI-Fahrer mit und ohne Migrationshintergrund.
Also gut. Samstags Morgens, neun Uhr, noch nicht viel los. Zwei Leute sitzen auf das Sofa gefläzt im Hintergrund und blättern in abgegriffenen Hochglanzmagazinen. Ich bekomme ein Glas Tee und ein pappsüßes Süßkramdingsda und ruck-zuck sitze ich auch schon mit einem knallbunten Kunstseideüberwurf auf dem Stuhl. Ahmed hat offenbar eine Aversion gegen das Einheits-Grau oder braun. Auch seine Einrichtung ist ganz stylish in Bonbonfarben gehalten, während er selbst sich vornehm schwarz kleidet.
Ahmed schnippelt also an mir herum, im Radio dudelt türkisch-arabischer Pop und im Hintergrund läuft ein Fernseher, darin eine Nachrichtensendung mit den üblichen Gräuelbildern aus Syrien oder dem Irak: ein vor Angst paralysierter Europäer im orangenen Overall, dahinter ein messerschwingender Araber, der im Begriff ist….
Halt!
Das ist ja gar nicht der Fernseher!
Das ist der Spiegel!
Der schwarzbekleidete, bärtige Typ…..?
“Ist recht so?” fragt Ahmed und grinst, während er das Rasiermesser aus der Hand legt.
Ich nicke.
Ahmed nimmt mir den Umhang ab.
Mit weichen Knien stehe ich auf.
Aus dem Radio wummert jetzt ein aggressiver Rap.
War nicht….? Und ob Ahmed wohl auch eines Tages seinen Laden von heute auf Morgen schließen und ab durch die Mitte….?
Nein! Nein! Nein, und nochmals nein!
Ich nehme meine Jacke und gehe zur Kasse.
“Macht zwölf Euro!” sagt Ahmed lächelnd.
Ich zahle, bedanke mich flüchtig und drehe mich um.
Sollte ich nächstes Mal also doch lieber wieder Uschi’s Frisierstübchen aufsuchen?

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