Präventionsangebote müssen neu strukturiert und stärker in den Fokus der Bevölkerung gerückt werden, um das Gesundheitsbewusstsein der Deutschen zu stärken. Das forderte Ingo Kailuweit, Vorstandsvorsitzender der KKH Kaufmännische Krankenkasse, gestern im Rahmen des 17. Berliner Dialoges. Vor Gästen aus Politik und Medien sprach der Kassenchef zum Thema „Warum ist Prävention bisher keine Erfolgsgeschichte? Ursachen und Lösungsansätze“. „Es gibt eine Vielfalt an Präventionsmaßnahmen, diese bleiben aber oft wirkungslos“, sagte Kailuweit. Denn diejenigen, die am stärksten von diesen Angeboten profitieren würden, nutzen sie am wenigsten.
Vor allem die Politik sieht Kailuweit in der Verantwortung, entsprechende Rahmenbedingungen durch ein Präventionsgesetz zu schaffen. „Sinnvolle Ansätze und innovative Ideen der Krankenkassen müssen in die Fläche gebracht werden“, appellierte der Vorstandschef und forderte zentrale Anlaufstellen, die einen Überblick über alle Angebote und deren Inhalte geben. Die einzelnen Maßnahmen müssten koordiniert, Qualitätsstandards definiert und Ergebnisse ausgewertet werden. Darüber hinaus sollten Präventionsangebote enger mit Kindertagesstätten und Schulen verzahnt werden, um früh für dieses Thema zu sensibilisieren. „Es fehlt uns an Bedarfsermittlung, Nachhaltigkeit und Abstimmung“, fasste der KKH-Chef zusammen. Koordinierungsstellen könnten diese Probleme verbessern.
Grund zu handeln gibt es schließlich genug: Obwohl die Krankenkassen ihrer Verantwortung nachkommen und bereits heute 238 Millionen Euro für Prävention aufwenden, nehmen beispielsweise Herzerkrankungen, Depressionen und Bandscheibenschäden rasant zu. Sie zählten im vergangenen Jahr zu den Top 15 der Krankenhausdiagnosen von KKH-Versicherten und führten zu hohen Kosten. Allein für den Arzneimittelverbrauch von Diabetes-Patienten hat die KKH 2013 insgesamt 53,7 Millionen ausgegeben. Prävention könnte dieses Kostenvolumen senken.
Aber warum sind so viele Menschen nicht für Gesundheitsvorsorge erreichbar und warum scheitern Projekte in der Praxis? Auch diesen Fragen widmete sich Kailuweit und erklärte, dass die Bevölkerung grundsätzlich ein positives Verständnis von Gesundheit habe, damit sogar Leistungsfähigkeit und Fitness verbinde. „Leider sieht das konkrete Handeln häufig anders aus“, bedauerte der Vorstandsvorsitzende. Denn nur 36 Prozent der Deutschen würden sich wirklich für gesunde Ernährung interessieren, regelmäßig Sport treiben und ihrer Gesundheit einen hohen Stellenwert beimessen. „Es handelt sich also um ein Umsetzungsproblem, nicht um ein Verständnisproblem“, folgerte Kailuweit.
Eine Studie des Robert-Koch-Instituts in Berlin ergab, dass vor allem Frauen mittleren Alters gesundheitsbewusst leben. Junge Erwachsene hingegen interessieren sich kaum für Prävention – dabei sollten gerade sie sich mit dem Thema auseinandersetzen. Denn Übergewicht hat bei Kindern und Jugendlichen stark zugenommen. Heute sind fast zwei Millionen der Heranwachsenden zu schwer, Tendenz steigend: Innerhalb der vergangenen acht Jahre hat sich die Zahl um die Hälfte erhöht. Grund dafür ist neben instabilen Familienverhältnissen, sozialer Herkunft und Integration vor allem der Lebenswandel: „Kinder und Jugendliche verbringen einen Großteil ihrer Freizeit vor Computer oder Fernseher und es bleibt nur wenig Zeit für Sport“, so Prof. Dr. Kerstin Ketelhut, Vorsitzende des Vereins Frühprävention. Das müsse sich ändern. Ein Trendwechsel sei dringend nötig. „Bewegung sollte „angesagt“ und ausgewogene Ernährung „in“ sein“, betonte auch Kailuweit. An dieser Vision sollten Kassen und Politik verstärkt gemeinsam arbeiten.
Pressemitteilung der KKH
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