Ungleichheit im Leben mit Behinderung

Ist ein Kind behindert und pflegebedürftig, so kann die Familie von dem Kind schnell an ihre Grenzen kommen, auch an den wirtschaftlichen. Das Thema soziale Ungleichheit kann sich hier deutlich äußern.

Auch wenn wir in einer Zeit angekommen sind, in der die Inklusion von Menschen mit Behinderung um gesetzt werden soll, heben die aktuellen Schritte noch nicht die soziale Benachteiligung von Menschen mit Handicap und deren pflegenden Angehörigen auf. Für viele Familien wird die Pflege und Betreuung eines (schwer) behinderten Kindes zu einem Armutsrisiko in der aktuellen Pflegesituation und für das Rentenalter.

Die soziale Ungleichheit hebt sich nicht einfach auf, wenn die Menschen mit Behinderung die gleichen Rechte haben wie die „anderen“ Nicht-Behinderten. Sie haben die gleichen Rechte, deren Wahrnehmung und Durchsetzung sich wiederum einschränkt durch die eigene Geschäftsfähigkeit. Nein, ich musste lernen, bei einer Gleichstellung geht es um den Zugang zu den Räumen des gesellschaftlichen, kulturellen und öffentlichen Lebens. Menschen mit Handicap haben das Recht die gleiche Zugangsmöglichkeit zu erhalten zu allen Bereichen des Leben wie die „Nicht-Behinderten“. Seien es in den Schulen oder Kitas, die Universitäten, den Krankenhäuser, Ämtern, Museen, Theaters, Wahlbüros und und. 

Behinderung, Ehrenamt und Aufgabe der Gesellschaft

Ich sehe die Gesellschaft in der Pflicht, die Nachteile auszugleichen, damit die Menschen mit Handicap am Leben der Gesellschaft teilnehmen können. Eine Pflicht, die in der UN-Konvention für Rechte der Behinderten Menschen formuliert ist. Ein Teil der Mittel dazu werden unter den Begriff „Nachteilsausgleiche“ zusammen gefasst. Also die Mittel, die dazu dienen, einen „gleichen“ Zugang zur Teilhabe am Leben der Gesellschaft, eine „gleiche“ Chance zu erhalten. Den Menschen mit Behinderung sollte es wie allen anderen möglich sein, erfolgreich an der Gesellschaft teilnehmen und diese gestalten zu können

Kleine Puppe unter anderen

Kleine Puppe unter anderen

Doch ist aktuell die Teilhabe in Deutschland nur eingeschränkt möglich und es fehlt uns als Familie ein Ausgleich, eine Chancengleichheit. Ich meine uns als Familie mit einem schwerst mehrfach behinderten Kind, einem schwerstpflegebedürftigen Kind.

Wenn wir uns oder alleinerziehende Angehörige um unser betroffenes Kind kümmern, entstehen uns wirtschaftliche, gesellschaftliche bis hin zu gesundheitlichen Nachteilen. Nachteile, die nur unzureichend oder gar nicht aufgefangen werden. Die Pflege eines Angehörigen wird als Ehrenamt verstanden. Ein Missverständnis, wenn man den Druck der Pflegenden bedenkt, ihre Angehörigen pflegen zu müssen.

Einen Ausgleich für dieses „Ehrenamt“ bieten die Leistungen der Pflegekasse, wenn man sie erhält und nicht für den Pflegedienst ausgeben muss. Auch wenn ich das Pflegegeld erhalte, so ist dieser finanzielle Ausgleich unzureichend gegenüber dem, wenn ich für mein Kind mit Behinderung mein Job aufgebe. Er ist unzureichend, wenn ich nicht mehr am gesellschaftlichen Leben teilnehmen kann aufgrund der hohen Betreuungszeit bis zu 24h täglich / 7 Tage die Woche. Der Aufwand kann so hoch werden, dass es mir sogar unmöglich wird, gut für meine Gesundheit, einfach für mich zu sorgen.

Ungleichheit begrenzen

Wie könnte ein Ausgleich aussehen, wie könnte ich diese Familien auf eine gesellschaftlich „gleiche Höhe“ / Ebene bringen wie die „normalen“ Familien? Oder anders gesagt, wie können die Hilfen aussehen für diese Familie, damit sie wieder am kulturellen und gesellschaftlichen Leben teilhaben können, sie genauso eine Chance erhalten ihre wirtschaftliche Situation zu sichern und dem Armutsrisiko im Alter vorzubauen?
Eine bessere finanzielle Anerkennung der Pflege– und Betreuungsleistung von Angehörigen wäre eine Idee. Doch der Ausbau von Entlastungen für die Familien hat für mich hier eine höhere Priorität, dazu zählen z.B.

  • Assistenzen / Pflege– und Betreuungsmöglichkeiten für das Kind mit Behinderung unabhängig vom Einkommen und Teilhabesituation
  • Schaffung eines Grundstandards einer barrierefreine Wohnung ohne die wirtschaftliche Situation der Familie zu überfordern
  • Gewährung von Mobilitätshilfen wie den Umbau vom PKW, die einen barrierearmen Zugang zum Leben in der Gesellschaft schaffen, unabhängig vom Einkommen
  • Förderung der (gewünschten) Berufstätigkeit von Eltern mit behindertem / pflegebedürftigen Kind

Ich denke, für viele Familien wird die Lebenssituation einfacher, wenn sie bei der Pflege des Kindes entlastet werden. Dabei ist auch zu bedenken, solange Behinderung mit einem sozialen Abstieg und Ausgrenzung verbunden wird, scheitert die Inklusion und die Gesellschaft verliert an Chancen und Ressourcen für ihre Entwicklung. Fast 9,5% der Menschen unserer Gesellschaft wären ausgegrenzt.

Ein Beitrag zum BlogActionDay 2014,  wo es über soziale Ungleichheit geht, die sich in den verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen zeigen kann.

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