Je nach Definition, was man unter einer health-App versteht, werden derzeit weltweit zwischen 41.000 und 100.000 Gesundheits-Apps (1) angeboten. Im Vergleich dazu mutet das aktuelle Angebot für Diabetiker recht bescheiden an. Nach einem aktuellen Screening der Initiative Präventionspartner können die ca. 7 Millionen Diabetiker in Deutschland im führenden App-Store Google Play derzeit zwischen 22 deutschsprachigen kostenlosen Apps wählen (Diabetes-Apps Screening 10/2014).
Die Initiative Präventionspartner hat in ihrem Screening dieses Angebot näher analysiert: Welche Art der Unterstützung bieten diese Apps? Nach den akzeptierten psychologischen Modellen lässt sich Gesundheitsverhaltens dann am nachhaltigsten verändern, wenn Unterstützungsangebote auf allen der drei folgenden Ebenen ansetzen:
- Bewußtsein schaffen für Risiken und die individuellen Möglichkeiten des Betroffenen, diese gesundheitsförderlich zu verändern, z. B. durch Aufklärung und Information (Predisposing).
- Dazu befähigen, neue Verhaltensweisen zu erlernen bzw. sie praktisch umzusetzen (Enabling).
- Ermutigung und individuelles Feedback geben, damit Betroffene das neue Verhalten dauerhaft anwenden, nicht wieder “rückfällig” werden bzw. bei Rückschlägen immer wieder einen neuen Versuch wagen (Reinforcing).
Werden die Diabetes-Apps (n= 22) nach ihrem Funktionsumfang diesen drei Kategorien zugeordnet, ergibt sich folgendes Bild:
- Diabetes-Apps, die “nur” informieren und aufklären: 3/22 (13,6%)
- Diabetes-Apps, die “nur” dokumentieren: 10/22 (45%)
- Diabetes-Apps, die dokumentieren und informieren: 6/22 (27,3%)
- Diabetes-Apps, die informieren, dokumentieren und dabei helfen, das neue Verhalten zu verstetigen: 3/22 (13,6%)
Untersuchungen von Apps zur Primärprävention mit Fokus auf Bewegungs-, Ernährungsverhalten und Suchtmittelkonsum (2,3) zeigen, dass nur wenige dieser Angebote interdiszilinär unter Einbeziehung von medizinischen Fachkräften, Psychologen und Public Health Spezialisten entwickelt werden. Bei der Konzeption von health-Apps werden die psychologischen Modelle zur Verhaltensänderung noch wenig berücksichtigt.
Diese Beobachtung wird auch durch das aktuelle Diabetes-Screening bestätigt. Danach bieten nur etwa jede 10. der untersuchten Apps (3/22) einen Unterstützungsansatz, der Diabetiker sowohl sensibilisiert und informiert, als auch zur Verhaltensänderung befähigt und bei der Verstetigung des neu erlernten Verhaltens hilft.
Die Einbindung interdisziplinärer Entwicklungsteams ist eine wichtige Voraussetzung, um diese Qualitätslücken im Markt der health-Apps zukünftig zu schließen. Gelingt es den Apps einen dauerhaften Nutzen für die Betroffenen zu schaffen, wird auch die Akzeptanz für digitale Therapiebegleitung auf Seiten von Patienten und ihrer behandelnden Ärzte weiter gestärkt werden können.
Quellen:
(1) Anzahl der Apps in den beiden großen App-Stores (Google Play, iTunes) in den Kategorien “Medizin” 41.000 und “Gesundheit & Fitness 65.000, 5/2014)
(2) Green LW, Kreuter MW (1991). Health Promotion Planning: An Educational and Environmental Approach. Mountain View, CA: Mayfield Pub. Co
(3) Wang A et al. (2014). A Classification Scheme for Analyzing Mobile Apps Used to Prevent and Manage Disease in Late Life. JMIR mHealth uHealth 2014;2(1):e6. URL: http://mhealth.jmir.org/2014/1/e6