Vor allem im Winter leiden viele Kinder unter Infekten, besonders der oberen Atemweg. 95 % dieser “Erkältungen” werden durch Viren ausgelöst. Und trotzdem verordnen Ärzte bei 80% dieser Infekte
fälschlicherweise Antibiotikum.
Eine finnische Studie zeigt, dass Kinder, die vor ihrem 11. Lebensjahr mehrfach Antibiotika erhielten, später deutlich häufiger an chronischen Darmerkrankungen und Allergien litten.
Kinder besitzen ein noch unreifes Immunsystem, welches sich nach und nach mit Erregern auseinander setzen muss, um immer besser zu funktionieren. Unsere Immunabwehr wird zwar ein Leben lang
trainiert. Doch gerade in den ersten Lebensjahren wird hier der Grundstein für unsere spätere Gesundheit gelegt. Infekte und Erkrankungen sind in jedem Alter wichtig, um Antikörper zu bilden. Ein
Fernhalten von jeglicher Gefährdung ist nicht sinnvoll, doch entscheidend ist, wie mit Krankheit umgegangen wird.
Häufige Antibiotikaeinnahmen schwächen das Immunsystem
Von gehäufter Infektanfälligkeit spricht man, wenn Kleinkinder und Kinder mehr als 8x pro Jahr erkranken. Treten bei Erwachsenen mehr als drei Erkrankungen pro Jahr auf, geht man ebenfalls von
einer erhöhter Infektanfälligkeit aus.
Doch wie kommt es zu einer Infektschleife?
Sobald ein Kind, mit noch nicht ausreichend aktiven Immunsystem, in den Kindergarten kommt (oder mit anderen fremden Kindern Kontakt hat) und dort mit (Fremd) -Keimen in Berührung gerät, erleidet
es meist seinen ersten Infekt. Mit der (gesunden) Konsequenz, dass das Kind Fieber bekommt und zu Hause bleiben muss. Im besten Fall kann es dort mit ausreichend Zeit, Pflege und
Unterstützung gesund werden.
Viele Eltern geben allerdings aus Angst oder Hilflosigkeit, ihrem weinenden Kind, Schmerzmittel. Die “Zäpfchen” allerdinge, sind nicht harmlos. Sie können zwar Schmerzen lindern, doch senken sie
auch ausnahmslos das Fieber. Durch eine Fiebersenkung wird das Immunsystem herunter reguliert, die Infektabwehr, auf voller Fahrt gestoppt. Das Kind kann nur unzureichend Antikörper bilden und
nicht richtig gesund werden.
Wenn das Kleine halbwegs fit nach drei Wochen wieder in die Kita gebracht wird, hat es dort wieder Kontakt mit dem Schnodder vom Kindergartenkumpel. Doch gegen dessen Erreger hat das Immunsystem
des Kindes immer noch keine Immunantwort parat. Es dauert meist nur wenige Tag, bis es wieder erste Krankheitszeichen entwickelt und erneut zu Hause bleiben muss.
Relativ schnell wird innerhalb weniger Wochen aus einem harmlosen Schnupfen, ein Husten, dann eine Bronchitis, dann eine beginnende Lungenentzündung oder eine Mittelohrentzündung. Unweigerlich
greifen spätestens hier Ärzte und Eltern zum Antibiotikum. Doch dies verschlimmert die Immunulogische Situation häufig noch weiter.
Ganz klar- in Fällen, bei denen ein Antibiotikum nützlich und sinnvoll ist, kann es lebensrettend sein. Doch viel zu häufig werden die Medikamente ohne passende Indikation verschrieben, vor allem
zu früh, bei harmlosen oder viralen Infekten. In Situationen, in denen zu Hause bleiben, ausfiebern und auskurieren, eine sicherere Gesundung garantiert hätten. Lesen Sie mehr zu diesem Thema hier.
Der Darm – der größte Teil unseres Immunsystems
Wie funktioniert unser Immunsystem?
Der Darm ist ein großer Teil unseres Immunsystems. Er wird maßgeblich durch unsere Ernährung, durch Umweltbelastungen, Stress, Krankheiten und den Umgang unseres Gesundwerdungsmanagment geprägt.
In den letzten Jahren konnte, durch aktive Forschung, das Thema Darm und seine Immunprozesse aus der “dunklen und peinlichen” Nische ans Tageslicht (in die Medien) gelangen.
Der Darm wird von einer Billion Bakterien, mit einer Gesamtmasse von ca. 2 Kilogramm bewohnt. (Angaben bezogen auf Erwachsene) Im Darm verteilen sich ca. 1000 verschiedenen Spezies auf ca. 1000m²
Fläche und zwar normalerweise genauso, wie es für das Kind, bzw. den Erwachsenen, in seinem Umfeld nötig ist. Unsere Darmmikroben zeigen ein höchst individuelles Besiedlungsmuster. Die
Kolonisierung unterscheidet sich nicht nur von Mensch zu Mensch. Es gibt auch gesellschaftliche und länderspezifische Unterschiede.
Die Besiedlung des Darms geschieht normalerweise vorrangig durch die Geburt, im Geburtskanal, durch die anschließende Stillzeit (Muttermilch) sowie die familiäre Erst-Kontamination mit Erregern
durch Küssen, Berührung, durch den “Dreck” robben…. Bis zum dritten Lebensjahr ist diese Besiedlung abgeschlossen und bleibt relativ stabil in seiner Zusammensetzung. Hier ist normalerweise ein
idealer, individueller und stabiler Schutzwall und Mitbewohner zur Immunbildung entstanden, der seinem “Besitzer” nicht nur die Nahrung aufschlüsselt und verwertet, sondern auch ca. 80% seiner
Immunabwehr bereitstellt. Eine perfekte Symbiose, die normalerweise bis ans Ende unseres Lebens beidseitig bestens funktioniert.
Kommt es in den ersten Lebensjahren zu einer Störung der Besiedlung, kann dies eine Infektanfälligkeit nach sich ziehen, oder vermehrt zu Erkranungen, auch chronischen Erkrankungen führen. Diese
Störungen können vielfältig sein. Schon alleine eine Kaiserschnittgeburt, das Nichtstillen, das nicht mit “Dreck” spielen lassen, zu viel Putzen im Haushalt etc, hat Einfluß auf die Dambesiedlung
und damit auf die Immunstabilität. Doch auch im weiteren Lebenslauf können falsche Ernährung oder Medikamente zu erheblichen Störungen führen.
Besonders empfindlich reagiert die Darmschleimhaut auf Antibiotika. Diese Medikamente reißen sozusagen ein “Loch” in die fein ausjustierte Besiedlung. Die kleinen Helfer der Immunabwehr, der
Bakterienschutzwall, wird zerstört. Umso ärgerlicher, wenn die “bösen” Keime, gegen die ein Antibiotikum eigentlich eingesetzt wurde, in der Nase erhalten bleiben, weil diese Viren und keine
Bakterien sind.
Der Darm scheint, (verständlicher Weise) auf diesen Eingriff “beleidigt” zu reagieren. Die mühsam erarbeitete Symbiose unserer, für uns lebenswichtiger Mikroben, wird mit einigen Löffeln Saft
empfindlich aus dem Gleichgewicht gebracht. Laut finnischer Studie kam es, bei Kindern, denen häufiger Antibiotikum verordnet wurde, später vermehrt zu schweren Darmerkrankungen (wie
Morbus Crohn). Um es uns nicht noch mehr mit unseren Mitbewohnern zu verscherzen, sollten wir diesen in Zukunft, deutlich mehr Beachtung zollen. (C) Heike Dahl