Unser Vizepräsident Prof. Dr. David Matusiewicz wohnte in Essen einer Veranstaltung rund um einen Vortrag des Gesundheitsministers Hermann Gröhe bei. Für das Blog berichtet er über die Inhalte und seine Eindrücke des Abends.
Dass Gesundheitspolitik die Bürger doch interessieren kann, zeigte eine Veranstaltung des Politischen Forums Ruhr e.V. am 19.11.2014 in Essen. So fanden sich rund 1.800 geladene Gäste auf dem Essener Messegelände ein. Auf der Agenda gab es nur einen Tagungspunkt: eine Rede des Bundesministers für Gesundheit, Hermann Gröhe MdB, zum Thema „Die Gesellschaft im Wandel – Anforderungen an die Gesundheitspolitik“.
Der Minister machte in zwei Stunden einen Spaziergang durch die Savanne des Gesundheitswesens. Dabei plädierte Gröhe während seiner Rede zunächst für die Begeisterung des Arztberufes – trotz aller Herausforderungen. Die bedingungslose Hilfe der Ärzte stehe in keinem Widerspruch zur Rentabilität. Ressourcenallokationen seien vielmehr Bedingungen für eine nachhaltige Finanzierung.
Gröhe erinnerte an seinen letzten Besuch in der Stadt Essen, bei dem er als Gastgeschenk die Ikone der Zwillingsbrüder Kosmas & Damian der Stadt Essen erhielt. Mit einem Augenzwinkern in Richtung der anwesenden Arztfunktionäre erinnerte er daran, dass gerade diese beiden Stadtpatrone dafür stehen, dass die Ärzte der Legende nach Kranke unentgeltlich behandelten und so zum Christentum bekehrten.
Wettbewerb sieht Gröhe als „taugliches Mittel“ jedoch nicht als Selbstzweck oder Allheilmittel. Er sprach davon, dass auch Ärzte ab und an selbst bei Wikipedia nachblättern müssen, da die Spezialisierungen heute zunehmen. Er appellierte an die Bürger, einen gesunden Lebensstil einzuhalten, da rund 70% der Krankheiten durch diesen zu beeinflussen seien. Der Minister, der übrigens der erste Minister seit 20 Jahren ist, der gesetzlich versichert ist, appellierte auch an die Krankenkassen, Prävention zu fördern – auch Prävention nach Renteneintritt im Sinne der tertiären Prävention.
In der Pflege sieht Gröhe einen nächsten „Kraftakt der Politik“, um dem Fachkräftemangel durch geeignete Aktionen entgegenzuwirken – und zwar mit mehr als nur kosmetischen Maßnahmen. Das neue an der Dokumentation in der Pflege wird ihm zu Folge sein, dass nicht mehr alles täglich dokumentiert, sondern nur noch Änderungen zur Vergangenheit protokolliert werden müssen. Wirklich innovativ klinge das nicht, aber manchmal seien es die kleinen Dinge, die am besten Wirkung entfalten.
Weitere Themen im Vortrag des Bundesministers waren: Eine Ablehnung der Hilfe zur Selbsttötung als ärztliche Pflicht, ein genereller Dank an die Medizintechnik und Pharmaindustrie für ihren Beitrag zum Wirtschaftswachstum und einen Appell an die Familien. Diese sollen sich hinsichtlich der Bildung ihrer Kinder und der Pflege von Familienmitgliedern nicht nur auf den Staat verlassen, sondern es liege in der Natur der Sache, sich im ersten Moment selbst bestmöglich darum zu kümmern.
In der abschließenden Diskussion mit dem Plenum hatte Gröhe eine pauschale Antwort auf die Schilderungen der Problematiken aus den jeweiligen Lagern der Lobby. Egal ob es sich um Fragen der Vergütung im Krankenhaus, das Medizinstudium, die Apparatemedizin, Pharmaindustrie oder Pflege handelte: Das Gesundheitssystem (oder der jeweils kritisierte Aspekt) ist meist besser als der Ruf – der je nach Perspektive anders bewertet wird. Natürlich gebe es auch in einem guten System noch viele „kritische Kanten“, die es zu glätten gilt. So plädiert Gröhe bspw. auch für mehr Absolventen in der Allgemeinmedizin, die als Allgemeinmediziner praktizieren, und beurteilte den Numerus Clausus trotz aller Problematiken als gerecht.
Im Anschluss an die Veranstaltung hatte ich die Gelegenheit, Herrn Gröhe kurz persönlich das Young Lions Gesundheitsparlament vorzustellen. Dieser zeigte sich von der Idee begeistert und stand für das gemeinsames Foto zur Verfügung.