Ein Gesundheitssystem für alle – die BürgerInnenversicherung

Jan Krüger

Jan Krüger

Jan Krüger ist der stellvertretende Bundesvorsitzende der Jusos. Er wurde 1987 geboren, hat Politikwissenschaften an der TU Berlin studiert und ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Deutschen Bundestag. Inhaltlich beschäftigt er sich mit den Arbeitsbereichen Rente, Arbeit, Gesundheit und Bildung.

Die Struktur und die Finanzierung des Gesundheitswesens ist in den vergangenen Jahren immer wieder Gegenstand von heftigen Debatten gewesen. Eine Vielzahl von verschiedenen Trends und Entwicklungen prägen die Prognosen über die Zukunftsfähigkeit des jetzigen Gesundheitssystems. Unbestritten ist, dass in einer älter werdenden Gesellschaft die Nachfrage nach kostenintensiven Behandlungsmethoden steigt. Gleichzeitig ist das Gesundheitssystem durch medizinischen Fortschritt heute in der Lage, neue und innovative Therapien und Wirkstoffe anzuwenden, deren Erforschung, Herstellung und Anwendung mit zusätzlichen Kosten verbunden ist. Allgemein werden vor allem diese beiden Faktoren betrachtet, wenn es um die zukünftige Finanzierungsfähigkeit des Gesundheitswesens geht.
Darüber hinaus müssen aber weitere Faktoren betrachtet werden. Insbesondere die Entwicklung der Einnahmebasis gerät allzu schnell aus dem Blick. Die vergangenen Jahrzehnte waren immer auch geprägt von einem Kampf um Entlastungen für hohe Einkommen und die Arbeitgeberseite. Die Idee der solidarischen Finanzierung stand gegen eine Privatisierung und Individualisierung der Kosten.

Um das Jahr 2000 plädierten die Arbeitgeberorganisationen, aus Sorge um die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland, für eine Senkung der Lohnnebenkosten – auch des Beitrages zur gesetzlichen Krankenversicherung. Zur Ausgabenbegrenzung wurden in den anschließenden Jahren Leistungen in allen Sozialversicherungen eingeschränkt. Im Gesundheitsbereich sind hier vor allem die Kosten für Zahnersatzleistungen und Zuzahlungen zu Medikamenten und die Praxisgebühr zu nennen. Als Höhepunkt der Debatte kann der Vorschlag der CDU nach einer Kopfpauschale gesehen werden. Mit einem festen Beitrag pro Person zum Gesundheitswesen – unabhängig von Einkommen und Vermögen – wäre der Umverteilungsgedanke im Gesundheitssystem verschwunden und der Schritt zur Privatisierung von Gesundheitskosten vollendet.

Darüber hinaus hängt die finanzielle Situation der gesetzlichen Krankenversicherung an volkswirtschaftlichen Parametern. Faktoren wie Erwerbsbeteiligung und Produktivitätssteigerungen werden bei Prognosen über die Zukunftsfähigkeit meist einfach ausgespart, obwohl die Einnahmen der Krankenkassen doch im erheblichen Maße davon abhängen.
Die Position der Jusos lässt sich zusammenfassen mit einer Stärkung der solidarischen Beteiligung aller an den Kosten und der Stärkung des Umverteilungsgedankens innerhalb des Gesundheitssystems. Gesundheit ist mehr als privates Schicksal. Es ist die Grundlage dafür, dass Menschen frei und selbstbestimmt ihr Leben gestalten können. Die Verantwortung für die eigene Gesundheit liegt nicht nur in der individuellen Verantwortung. Man muss gar nicht mit erblichen Voraussetzungen argumentieren, um zu diesem Schluss zu kommen. Die Belastung von Schadstoffen in der Luft oder die Sicherheit am Arbeitsplatz sind Bedingungen, auf die einzelne Menschen keinen unmittelbaren Einfluss haben. Gesundheit stellt sich deshalb vielmehr als öffentliches Gut dar, für das eine Gesellschaft insgesamt Verantwortung trägt.

Die SPD hat deshalb die BürgerInnenversicherung als Reformmodell vorgestellt, die wesentliche Forderungen der Jusos aufgreift. Grundidee der BürgerInnenversicherung ist die Einbeziehung von allen Personengruppen (Selbstständige, Beamte) und weiteren Vermögensarten (Einkommen aus Verpachtung, Vermietung, Kapitaleinkommen). Dadurch ließe sich eine Verbreiterung der Einnahmebasis erreichen, da sie gesellschaftliche Vermögen beteiligt, die bisher nicht zur Finanzierung herangezogen wurden. Langfristig wird die Überwindung der Teilung in gesetzliche und private Krankenkassen angestrebt, über die derzeit ein großer Teil der Einnahmen für die gesetzliche Krankenversicherung verloren geht. Zu den Beiträgen der Versicherten sollen die Arbeitgeber wieder einen paritätischen Beitrag leisten.

Die Überwindung der Trennung zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung halten wir Jusos aber auch aus anderen Gründen für dringend geboten. Das derzeitige System führt zu Privilegien für die privat Versicherten. Sie bekommen schnellere Termine, bessere Behandlungsmethoden und mehr Leistungen. Je nach Geldbeutel können auch „Extras“ wie Krankenhaustagegeld, Chefarztbehandlung etc. in die Absicherung eingehen. Wir sind aber der Meinung, dass die Gesundheit eines einzelnen Menschen gleich viel Wert ist und nicht vom Portemonnaie abhängen sollte.

Eine solche Reform wäre ein echter Fortschritt gegenüber den Jahren, in denen sich die Diskussion immer nur um Leistungskürzungen und Privatisierungen gedreht hat. Gesundheit ist für die meisten Menschen das wichtigste Gut. Für viele andere ist die Arbeit im Gesundheitssektor mehr als ein Job – eine Berufung. Im Interesse der Menschen und der Beschäftigten sollte dieser Bereich nicht kaputt gespart werden auf Kosten derer, die am meisten auf ihn angewiesen sind.

 

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