Ich bin Gesundheits- und Krankenpfleger, mit Beginn meiner Ausbildung bin ich auch in den DBfK eingetreten. Den kannte ich aus meinem Elternhaus. Um die politischen Inhalte habe ich mich seinerzeit nicht geschert, mir waren andere Dinge viel wichtiger. Letztlich bin ich vielleicht auch darum eingetreten, um mit meiner Mitgliedschaft mein berufspolitisches Engagement zu delegieren. Dass ich darüber hinaus versichert war, war mir viel wichtiger. Und die Zusendung der Fachzeitschrift hat mich einmal im Monat daran erinnert, dass ich berufspolitisch engagiert bin.
Mein wachsendes politisches Bewusstsein habe ich in den damals als wichtig erachteten Themen abgearbeitet, und die drehten sich vor allem um Atompolitik, Frieden und eine vorurteilsfreie Gesellschaft (und einen Kanzler wollten wir damals auch verhindern und haben dafür Schulverweise in Kauf genommen).
Dass auch Pflege ein wichtiges gesellschaftspolitisches Thema sein könnte, das kam mir erst als nicht mehr ganz so junger Fachkrankenpfleger in den Sinn. Damals war ich gerade in der Weiterbildung zum Praxisanleiter beim DBfK und die Leiterin der Weiterbildung hat den pflegepolitischen Unterricht durchgeführt. Es ging um wilde reformerische Thesen, nach denen sich die Landschaft der Gesundheitswirtschaft radikal ändern und die Pflege eine größere Bedeutung in der Gesundheitsversorgung erhalten würde. Es ging um die erforderlichen Bildungsbedarfe, die unter geänderten Bedingungen zukünftig notwendig sein würden. Es ging um den Stellenwert einer professionellen Pflege im wahrsten Sinne der Bedeutung „professionell“. Und es ging um die Verantwortung der Berufsgruppe, dazu beizutragen, dass sich ihr Beruf auch in diese Richtung entwickelt.
Wir haben demonstriert, wir haben Fahnen und Transparente geschwungen, wir haben in Arbeitsgruppen die Köpfe zusammengesteckt, Positionspapiere wurden formuliert, verworfen und neu formuliert. Wir haben uns gestritten und wir haben uns vertragen. Wir waren durch und durch politisiert – wir waren der DBfK. Wir waren die, die den Kopf für alle hingehalten haben. Wir wollten uns nicht vorwerfen lassen müssen, wir hätten dabei zugeschaut, wie der Pflegeberuf abgewickelt wurde. Wir haben das gemacht, was man von berufspolitisch engagierten Pflegenden erwarten kann: wir haben unsere Dinge in die eigene Hand genommen.
Jetzt sind wir Pflegenden auf dem Weg, dass unsere wichtigsten politischen Ziele zur Realität werden oder zumindest diskutiert werden. Pflegekammern, generalistische Ausbildung, Personalbemessung, Substitution, Begutachtungsinstrumente und anderes, das sind ja die Themen, die der DBfK immer und immer wieder auf die Agenda gehoben hat. Der DBfK ist dabei nicht so laut wie andere, das wird dem Verband hin und wieder vorgeworfen. Aber der DBfK ist eben auch keine Protestbewegung, sondern ein Berufsverband und da ist es eben auch nötig, mit Besonnenheit dafür Sorge zu tragen, dass einem die Türen nicht vor der Nase zugeschlagen werden.
Ich habe die Seiten gewechselt und bringe mich nun hauptberuflich im DBfK ein. Mein Alltag ist auch von Politik geprägt, wenn ich Sitzungsvorlagen erstelle, Stellungnahmen schreibe oder auf Veranstaltungen für die Positionen des DBfK gerade stehe. Mein Alltag ist aber auch, beruflich Pflegenden in ihren schwierigen Situationen zur Seite zu stehen: denn wider allen Behauptungen eines existierenden Pflegenotstandes gibt es immer noch Kolleginnen und Kollegen auf den Stationen und in den Einrichtungen, die Ausbeutung und Erniedrigung, fehlende Wertschätzung und Mobbing erleben. Dann führe ich mit den davon betroffenen Mitgliedern Gespräche, die länger dauern. Hinter verschlossenen Türen. Das bekommt dann keiner mit, der nicht daran beteiligt ist. Dafür lasse ich mir auch gefallen, als Repräsentant eines „Labervereins“ herhalten zu müssen. Am Ende des Tages habe ich das Urvertrauen, dass die Berufsgruppe schon den Weg gehen wird, den sie für den richtigen hält. Ich habe meinen gefunden.
Burkhardt Zieger