Früher hießen sie Spätzünder. Junge Menschen, die nach dem Schulabschluss nicht wirklich wussten, wie es nun weiter gehen soll, welcher Beruf zu ihnen passt und wie nun der Einstieg ins Berufsleben aussehen könnte.
Gnädig war da für viele – auch für mich – der Zivildienst, der einem die Gelegenheit gab, mal in Ruhe diese neue interessante ernste Welt anzuschauen und zu prüfen, welche Position man selbst in ihr einnehmen könnte. Aber der Zivildienst ist ja zum Glück durch den BuFDi – den Bundes-Freiwilligen-Dienst – abgelöst worden, und eben freiwillig. Eine Orientierungsphase ist sicherlich im jungen Erwachsenenalter ganz normal und kann auch schon mal zwei drei Jahre dauern.
In der psychiatrischen Klinik stellen sich in den letzten Jahren allerdings zunehmend häufig Menschen zwischen dem 18. und 25. Lebensjahr vor, die aus welchen Gründen auch immer weder eine Ausbildung konsequent verfolgen noch richtig ins Berufsleben einsteigen. Häufig kommt ein regelmäßiger Konsum von Cannabis und manchmal auch von Amphetaminen hinzu. Und weil´s nicht richtig weiter geht, schickt die Familie die jungen Menschen zum Therapeuten oder in die Klinik, mit dem Verdacht auf eine Depression. Wenn das Kiffen schon sehr lange im Vordergrund steht, wird auch schon mal der Begriff des amotivationalen Syndroms verwendet, der dann in meinen Augen auch ganz passend sein kann.
Ich tue mich in diesen Fällen leicht mit der Diagnose des Substanzmissbrauches, aber schwer mit der Diagnose einer Depression. Dafür sind die Patienten zum einen eigentlich zu jung; zum anderen passt das Konzept einer Depression für mich in den meisten Fällen nicht zu dieser Lebenskrise. Da diese Patienten überall häufiger psychiatrische Hilfe suchen, hat sich offenbar ein neuer Begriff in die Welt gebracht: Die non-starters. Ich finde den Begriff zum einen sehr treffend, da er passender als mittelgradige depressive Episode beschreibt, was mit den Leuten los ist. Ich finde ihn aber weniger hoffnungsvoll als das gute alte Spätzünder, das keinen Zweifel daran lässt, dass der Betreffende früher oder später die Kurve kriegt und ganz normal seinen Weg geht. Der Begriff non-starters zieht irgendwie die Assoziation an, die Betroffenen könnten bis zur Rente gar nicht mehr vom Fleck kommen. Und das stimmt zum Glück fast nie.
Wie denkt ihr darüber? Braucht es den Begriff non-starters? Wie benennt ihr das beschriebene Syndrom? Oder ist das nichts psychiatrisches und sollte daher auch keinen psychiatrischen Namen bekommen?
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