Arztkarriere: Du willst also Chefarzt werden…

Okay, jeder will das.
Also fast jeder Medizinstudent hat schon mindestens einmal davon geträumt. Halbgott…. also so ein richtiger Halbgott und absoluter Herrscher…. okayokayokay, Schluss mit dem Klischee, habe ich schließlich oft genug drüber gelästert in diesem Blog.
Bleiben wir bei den Fakten:

  • Dein Brutto-Jahreseinkommen beträgt ungefähr…. na, so von zweihunderttausend Euro an aufwärts. Was das Finanzamt Dir davon übrig lässt, musst Du selber ausrechnen oder Deinen Steuerberater fragen, denn wenn Du Chefarzt bist hast Du wahrscheinlich einen. Wie das so ist in Deutschland, man redet ja nicht so gerne über sein Einkommen. Wenn man sich in den Chefarzt-Sphären bewegt, dann ist Vieles Verhandlungssache. Oft werden “Zielvereinbarungen” getroffen, und die können ganz schön grausam sein: Wenn Du mindestens soundsoviele Hüften operierst, lieber Doc, dann gibt’s mehr Kohle! Darüber redet man natürlich noch weniger gern. Früher hatten die meisten Chefs das “Recht zur Privatliquidation”, haben also an den Privatpatienten so richtig fett verdient, aber inzwischen sind die meisten Krankenhäuser dazu übergegangen, dieses Geld oder zumindest den größten Teil davon selbst einzusacken. Dennoch, als Chefarzt brauchst Du mit Sicherheit nicht zu verhungern. Wie hoch Dein Lebensstandard ist, hängt von Deinem Fach, dem Standort und der Größe der Klinik, der Anzahl Deiner gescheiterten Ehen, der Anzahl der finanziell zu unterstützenden Angehörigen und der Höhe Deiner Schulden aus Steuersparmodellen und verzockten Börsenspekulationen ab.
  • Deine Arbeitszeit beträgt deutlich mehr als vierzig Stunden pro Woche. Du kannst gut und gerne das Doppelte rechnen, wenn Du die Dienste mitzählst. Ja, eigentlich brauchst Du gar keine Dienste mehr zu machen, aber Du musst dafür sorgen, dass die Dienste gemacht werden. Von irgendwem. Und wenn keiner da ist, weil Urlaub, krank oder kurzfristig von Dir rausgeschmissen, dann musst Du halt selber ran. Letztendlich bist Du grundsätzlich die “letzte Instanz”. In kleinen Häusern ist es selbstverständlich, dass Du Dich am Hintergrunddienst der Oberärzte bzw. Fachärzte beteiligst. Und fast überall wird von Dir erwartet, dass Du grundsätzlich immer irgendwie erreichbar bist, auch im Urlaub, auch nachts…. Es ist zwar mehr als unwahrscheinlich, dass Du Deinen Urlaub abbrechen musst (letztendlich entscheidest Du das selbst), aber wenn Dein Oberarzt Dich anruft, weil gerade die Hütte brennt, dann musst Du eine Entscheidung treffen. Falls Du Chirurg sein solltest: da kommt es immer wieder mal vor, dass auch ein erfahrener Diensthabender Oberarzt plötzlich “am offenen Bauch” (oder bei einer anderen schwierigen Operation) steht und nicht mehr weiter weiß, weil es doch komplizierter ist als gedacht. Und dann musst Du ran! Also setz Deinen Jaguar unter Dampf und rase mit quietschenden Reifen in die Klinik….. Hinzu kommen dann noch die repräsentativen Aufgaben: natürlich erwartet man von Dir, dass Du das Grußwort beim Empfang des Bürgermeisters sprichst oder hier und dort einen Vortrag hältst. Extra-Kohle gibt’s dafür selten. Aber Du kannst es Dir ja leisten…. (siehe oben)
  • …ja, und dann die Verantwortung! Auf englisch sagt man: “The Buck Stops here!”
  • Wie man Chefarzt wird? Okay, einen Doktortitel solltet Du haben (es gibt aber auch gute und fähige Chefs ohne!). In großen Kliniken erwartet man fast eine Habilitation, obwohl das ziemlich wenig über Deine Fähigkeiten zur Teamführung aussagt. Erfahrung in der Wissenschaft sind also gerne gesehen, aber für Deine praktische Arbeit meist weniger wichtig. Ebenso sieht man es gerne, wenn Du mal in Amerika warst, aber das ist auch so eine Sache… bringt praktisch nix. Andere Auslandsaufenthalte sind nicht wichtig… eher hinderlich. Du solltest eine Alpha-Persönlichkeit sein und Dich durchsetzen können. Du solltest – heute mehr als früher – auch wirklich “teamfähig” sein.

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