Wer sich entscheidet, im Krankenhaus zu bleiben, der hat gute Chancen, irgendwann früher oder später eine Oberarztstelle zu finden. Früher war das schwieriger. Die Mindestqualifikation ist nach wie vor die bestandene Facharztprüfung. Ein paar Jahre Berufserfahrung als Facharzt wären auch nicht schlecht. In größeren Häusern wird auch noch mindestens eine Zusatzbezeichnung (z.B. “Kardiologie” für einen Internisten, der in einer entsprechenden Abteilung arbeitet) verlangt, in kleineren Häusern ist das hingegen oft entbehrlich. Ja, ganz blöd sollte man natürlich nicht sein, dazu teamfähig und in der Lage, in einer Gruppe die Führung zu übernehmen. Aber man muss kein Alpha-Tier sein, im Gegenteil, manchmal ist das sogar eher hinderlich…
Als Oberarzt befindet man sich in einer klassischen Sandwich-Position: Man hat einen Chef über sich – und dem gegenüber sollte man bedingungslos loyal sein. Und man hat Kollegen um sich herum, die man führen muss.
Wobei die klassische Radfahrer-Einstellung – also buckeln nach oben und treten nach unten – heutzutage weitgehend überholt sein sollte. Was nicht heißt, dass es hier und dort Kollegen gibt, die sich genau so verhalten.
Für die meisten Ärzte, die eine Klinik-Karriere anstreben, ist die Oberarzt-Position das Ende der Fahnenstange: wenn man nicht ganz blöd ist, hat man gute Chancen, irgendwann einmal, früher oder später, dorthin zu kommen – und zwar genau bis dorthin und nicht weiter. Chefs werden nur die Wenigsten.
Wie lebt es sich also so als Oberarzt?
- Du bist der Leistungsträger! Einen wesentlichen Teil Deiner Arbeitszeit verbringst Du tatsächlich mit der Patientenversorgung. Wenn Du Chirurg bist, dann stehst Du häufig im OP. Wenn Du Internist bist, dann kümmerst Du Dich um Herzkatheter, Endoskopien oder anderen diagnostischen und therapeutischen Eingriffen. Bei der Stationsarbeit und Visiten leitest Du Deine Assistenzarzt-Kollegen an und supervidierst sie
- Darüber hinaus hast Du auch organisatorische und administrative Aufgaben. Das sind Sachen, die Arbeit machen und oft lästig sind: Vielleicht bist Du Hygiene-, Transfusions-, oder Gerätebeauftragter oder musst dich mit Arbeitssicherheit, Datenschutz und Qualitätsmanagement herumschlagen.
- Du wirst auch weiterhin Dienste machen müssen. Allerdings wahrscheinlich keine Anwesenheits-Bereitschaftsdienste sondern Rufbereitschaft von zu Hause aus. Du kannst zwar im eigenen Bett schlafen, aber wenn das Handy klingelt, musst Du raus. Wie oft Du raus musst, hängt von Deiner Fachrichtung ab: Gynäkologische Oberärzte, die mit Geburten zu tun haben, dürften sehr unruhige Nächte haben. Rheumatologen oder Dermatologen hingegen schlafen vermutlich besser.
- Wie viel Du verdienen kannst, willst du wissen? Das kannst Du googeln, zum Beispiel hier, hier oder hier. Für eine schicke Innenstadtwohnung oder ein Häuschen im Grünen mit einer passablen Familienkutsche davor (wenn Du Single bist, darf es auch gerne ein kleiner, gut gebrauchter Sportwagen sein, wenn Du auf sowas stehst) und den einen oder anderen netten Urlaub dürfte es reichen. Hollywood-typische Extravaganzen sind allerdings nicht unbedingt drin.
- Was den Umgang mit Deinen Kollegen und Mitarbeitern angeht – der sollte professionell, kollegial und weder arrogant noch zu vertraulich sein. Mit den Pflegekräften bist Du üblicherweise per Sie. Mit dem Chef auch. Oberarzt-Kollegen duzen sich meistens (aber nicht immer) untereinander und mit den Stationsärzten, die schon länger dabei sind bist Du vermutlich auch per Du, aber eben nicht mit allen. Jüngere Assistenzärzte wirst Du erstmal siezen.
- Nach so sieben bis zehn Jahren als Oberarzt überlegt man sich dann oft, wie es weitergeht: bleiben, wo man ist, Niederlassen in eigener Praxis oder vielleicht doch der Sprung zum Chefarzt-Job sind so die gängigen Optionen.