Der Vertrieb zwischen Extrempositionen
Pharma-Außendienstmitarbeiter gelten gegenwärtig – neben medizinischen Fachzeitschriften – als wichtigste präparatebezogene Informationsquelle für Ärzte. Betrachtet man hingegen die Position des Vertriebs innerhalb der Unternehmen und ihrer Management-Bereiche, ergibt sich vielfach das Bild einer Aktionseinheit, die in Strategie-Papieren und Geschäftsführungs-Präsentationen eine hohe Priorität besitzt, im Arbeitsalltag jedoch lediglich passiv reagierend den Vorgaben folgt und tendenziell mit kritischen Attributen verbunden wird.
Falsche interne Positionierung
Der Grund: vielen Vertriebsorganisationen ist es inhouse bis heute nicht gelungen, den besonderen Nutzen ihrer Arbeit, der sich aus dem persönlichen Kundenkontakt ergibt, in aktiven Einfluss auf Unternehmensentscheidungen zu wandeln. Im Gegenteil: sind Umstrukturierungen geplant, stehen Vertriebsbereiche als erstes zur Disposition. Und zieht man (selbst)kritisch Bilanz, was der Außendienst an grundlegenden Veränderungen in Unternehmen bewirkt hat und welche Ideen, die von hier kamen, die Arbeit verändert haben, ist meist wenig vorzuweisen.
Von der Vorgaben-Umsetzung zum Inhouse-Player
Doch das ist im Hinblick auf die zunehmende Digitalisierung der Pharma-Kommunikation eine gefährliche Grundlage. Während das Marketing neue Kommunikationskanäle entwickelt, die den Vertrieb unterstützen sollen, ihn bei Bedarf aber auch ersetzen könnten, praktiziert der Außendienst business as usual. Dabei bietet der Wandel in der Kommunikationswelt vielfältige Chancen, denn die Zukunft ist nicht nur digital. sondern auch individuell. Durch Mikro- und Makro-Trendscouting, neue kundengenerierte Leistungen und Ideen zu veränderten Betreuungsformen könnte der Außendienst – bei strukturierter und konsequenter Erhebung – selbst mit Vorschlägen und Projekten aktiv werden, um Entwicklungen zu initiieren oder zu beeinflussen. Das bedingt, dass Zukunftsvisionen für die Kontaktform “Außendienst” und ihren Nutzen entwickelt werden. Doch auch hierüber machen sich in Unternehmen derzeit mehr andere Abteilungen Gedanken.
Startpunkt des Vertriebs der Zukunft sind Ideen und Aktionen, die ihn zu einem gleichberechtigten Inhouse-Player machen. Benötigt werden hierzu Initiative und Planung statt Positionswahrung und -verteidigung. Hiervon würden übrigens alle Beteiligten und sogar die Kunden profitieren.
©Klaus-Dieter Thill / IFABS