Jawohl, der „Spiegel“ hat wieder einen Grund zum Jubeln: Liberia hat Tests an Ebola-Patienten verhindert. Denn der Ärzteverband „Liga Medicorum Homeopathica Internationalis“ (LMHI) hatte eine eigene Delegation ins Ebola-Gebiet geschickt, um den Erkrankten neben der schulmedizinischen Therapie eine homöopathische Zusatzbehandlung zugute kommen zu lassen. Für den „Spiegel“ ist es ausgemachte Sache, dass die Homöopathie nichts in einem Ebola-Krisengebiet zu suchen hat. Für die Zeitschrift gehört die Homöopathie überhaupt verboten. Ein langatmiger Artikel vom Juli 2010 mit der Überschrift „Der große Schüttelfrust“ endet in der Klage des Erzfeindes der Alternativmedizin, Edzard Ernst, dass die Befürworter der Homöopathie immer so langatmig für ihre Seite argumentieren. Toll! Aber weder Ernst, noch die Artikel vom „Spiegel“ können inhaltlich wirklich Ernst genommen werden: Der Chefkritiker vom Dienst: Warum man Ernst nicht ernst nehmen kann – das Unheil, das sie anrichten, dagegen sehr wohl.
Da kann man schon mal das Ablitzen-lassen der Homöopathie-Ärzte in Liberia als Erfolg feiern. Jetzt könnte man aber auf den gar nicht so unvernünftigen Gedanken kommen, dass eine zusätzliche homöopathische Behandlung nicht schädlich sein kann, da die Homöopathie nur Placebo sei. Und ein Placebo hat ja keine Nebenwirkungen, beziehungsweise nicht mehr Nebenwirkungen als eine „normale“ Behandlung auch. Aber der „Spiegel“ löst auch dieses Problem. Er zitiert den ehemaligen Vorsitzenden des Deutschen Zentralvereins Homöopathischer Ärzte (DZVhÄ), Curt Kösters. Denn der sollte gesagt haben, dass die Ebola-Epidemie „eine perfekte Situation wäre, um die Wirksamkeit der Homöopathie zu beweisen“. Schon alleine daran kann man sehen, wie zynisch diese wirkungslosen Homöopathen sind, oder?
Nachdem der Zynismus der Homöopathie enttarnt worden ist, kommt die obligatorische „Vernichtung“ der Homöopathie mit den standardisierten Hinweisen, dass in der Homöopathie alles Placebo ist, alles verdünnt und alles Einbildung. Nichts Neues also beim Blick in den „Spiegel“. Interessant dagegen ist am Ende des Artikels eine Gegendarstellung – von dem eben erwähntem Herrn Kösters. Der verwehrt sich entschieden gegen die Behauptung, er hätte hier von Tests geredet. Auch die Sache mit der „perfekten Situation, um die Wirksamkeit der Homöopathie zu beweisen“ stellt sich als Verdrehung von Äußerungen seitens des „Spiegel“ heraus. Denn Herr Kösters behauptet, dass ein Einsatz der Homöopathie für die Homöopathie-Gegner, wie zum Beispiel dem „Spiegel“, die perfekte Gelegenheit sei, die immer wieder unterstellte Unwirksamkeit zu beweisen.
Eine etwas andere Stellungnahme
Unter „November 11 Update on LMHI Mission to West Africa“ kommentiert die LMHI auf ihrer Webseite dieses Ereignis. Hier wird klar, dass die angereisten Ärzte der Organisation ein fast einwöchiges Training erhielten in Sachen Umgang und Sicherheit mit Ebola-Patienten. Danach stellte sich dann überraschen heraus, dass die angestrebte Zusatzbehandlung doch nicht erlaubt wurde. Gründe: Unbekannt. Die Ärzte der LMHI therapierten dann andere Patienten mit anderen Erkrankungen, um die weite Reise nicht vollkommen umsonst unternommen zu haben. Laut Aussagen der LMHI waren die Behandlungserfolge bei den anderen Erkrankten so gut, dass die Ärzte von offizieller Liberianischer Seite aus gefragt worden waren, ein Trainingsprogramm für homöopathische Medizin vor Ort zu etablieren. Dies sind natürlich „Behauptungen“ seitens der LMHI. Der „Spiegel“ nimmt zwar davon Notiz, geht aber mit keinem weiteren Wort darauf ein. Vielmehr begründet er das Verbot einer zusätzlichen Behandlung damit, dass dies „unvereinbar sei mit den WHO-Vorgaben“. Damit hat man sich natürlich eine Autorität ins anti-homöopathische Boot geholt, ohne zu wissen, dass man die Katze im Sack gekauft hat. Mit etwas besserer Recherche seitens des „Spiegels“ hätte den Autoren auffallen müssen, dass die WHO der Homöopathie gegenüber (überraschenderweise) positiv eingestellt ist. Zumindest war sie es 1999: „Integrating homoeopathy in health systems“. Von daher ist es nicht ganz nachvollziehbar, warum ausgerechnet die WHO den Einsatz der Homöopathie bei Ebola-Patienten unterbinden will. Hätte es sich hier um einen Austausch der üblichen Behandlung mit einer homöopathischen gehandelt, dann wäre das sicherlich einer Überlegung wert. Aber davon war nie die Rede. Die Ärzte der LMHI wollten ihre Behandlungen zusätzlich zu den üblichen Behandlungen geben, was keine Probleme bereitet hätte.
So feiert der „Spiegel“ die Verhinderung einer für ihn wirkungslosen Therapie, was für mich keinen Sinn hat. Denn wenn ich etwas verhindere, was üble Konsequenzen hat, dann ist das der Rede wert. Aber das ist ja hier nicht der Fall. Und weil alles in Sachen Homöopathie seitens des „Spiegels“ so blut- und argumentenleer ist, muss man vom Blättchen ein wenig aufforsten und Dinge erfinden, die die eigene Position stärken: Eine WHO, die auf Seiten des „Spiegels“ steht, ein ex-Vorsitzender, der zynischerweise Tests machen will mit Schwerstkranken und so weiter. Wer noch mehr „Lustiges“ lesen will, dem sei der Artikel „Streit um Homöopathie: Tierischer Placeboeffekt“ empfohlen. Hier „beweist“ der „Spiegel“, dass es einen Placeboeffekt bei Tieren und Pflanzen gibt beziehungsweise geben muss, damit man das Argument der Befürworter der Homöopathie, dass diese auch bei Lebewesen ohne diesen Effekt wirkt, endlich von dieser Seite her auch widerlegen kann.
Wie „tollkühn“ diese und andere „Widerlegungen“ ausfallen, das habe ich unter Kritik an der Homöopathie beschrieben. Urvater der Kritik seitens der Schulmedizin ist eine Arbeit, die den eigenen Vorgaben für eine wissenschaftlich saubere Studie widerspricht – eine Meta-Analyse, die zudem noch von 110 verfügbaren Arbeiten sich die herausgepickt hatte, die für das Wunschergebnis brauchbar waren. Mehr dazu auch unter Homöopathie – Kann man auch gegen Homöopathie sein? und Wirkung der Homöopathie.
Fazit
Wenn es darum geht, die Unwirksamkeit der Homöopathie zu „beweisen“, dann wird vom „Spiegel“ auch schon mal ein Behandlungsverbot als „Beweis“ für die Unwirksamkeit genommen. Denn wenn Homöopathie wirksam wäre, dann hätte man es nicht verboten – so die unausgesprochene Logik dahinter. Und die WHO will ja auch keine Homöopathie – angeblich. Und die Homöopathie-Ärzte fahren ja auch nicht nach Liberia, um zu helfen, sondern um zu testen. Und was kommt als Nächstes? Wie wäre es mit: Homöopathie bewirkt Ebola-Epidemie? Unglaublich.
Dieser Beitrag Homöopathie im „Spiegel“ – keine Tests an Ebola-Patienten wurde erstmalig von Yamedo.de (René Gräber) auf Yamedo BLOG veröffentlicht.