Felix Cornelius hat zusammen mit acht weiteren Akteuren der Gesundheitswirtschaft einen Verein gegründet, der sich mit der Ermittlung, Diskussion, Darstellung und Kommunikation digitaler Hardware-, Software- und Vernetzungslösungen für das Gesundheitswesen beschäftigt. Der „Verband digitale Gesundheit e.V.“ engagiert sich laut Satzung in der Schaffung eines politischen und gesellschaftlichen Umfeldes, in dem die innovationstreibenden Akteure der digitalen Gesundheitswirtschaft erfolgreich die Optimierung der medizinischen Versorgung gestalten können. Für seinen Blogbeitrag hat er die Grundzüge des Vereins skizziert:
Im Juli 2014 hat das BMG angekündigt, dass es noch in diesem Jahr ein eHealth-Gesetz geben soll. Als Reaktion auf diesen Plan haben sich Anfang August neun Personen zusammengefunden, um den Verband digitale Gesundheit e. V. zu gründen.
Es gibt zu diesem Themenbereich bereits eine ganze Reihe von Verbänden, deshalb stellt sich die Frage, warum wir uns dieser Mühe unterziehen und warum wir der Meinung sind, etwas tun zu können, was bislang niemand sonst tut.
Kurz gesagt: Alle bestehenden Verbände, die sich direkt oder indirekt dem Thema widmen, sind Berufsverbände. Sie sind also den wirtschaftlichen Interessen ihrer Mitglieder verpflichtet. Der VdigG e. V. ist kein Berufsverband. Jeder, der sich für das Thema interessiert, kann mitwirken und Mitglied werden. Der Verband ist als gemeinnütziger Verein gegründet worden und fühlt sich allein „der Gesundheit des Menschen und des (Gesundheits-)Systems“ verpflichtet.
Im Folgenden stelle ich in Kürze die drei Kernthemen dar, denen wir uns zu Beginn vor allem widmen wollen. Es sind Kernthemen, weil sie die Basis für sehr viele weitergehende Themen bilden. Darüber hinaus ist der Verband auch im Bereich der Förderung von Startups, der Organisation origineller Veranstaltungen und der sektoren- und themenübergreifenden Kommunikation tätig. Der Erfolg von nahezu jeder Aktivität, die in absehbarer Zeit auf dem Gebiet der digitalen Gesundheit geplant ist, ist jedoch von den Fortschritten abhängig, die wir auf dem Feld der folgenden drei Kernthemen erreichen:
– Gemeinsame Sprache / Schnittstelle
Wir benötigen eine gemeinsame Sprache für den wechselseitigen Austausch aller IT-Systeme im Gesundheitswesen. Was die gematik mit der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) und der Telematikinfrastruktur (TI) entwickelt, klärt die Fragen, wie und wo die Systeme miteinander kommunizieren. Die Frage, in welcher Sprache sie dies tun, wie zum Beispiel Informationen über einen Patienten ausgetauscht werden können, über Behandler, Behandlungs- und Abrechnungsdaten, ist völlig offen. Es herrscht eine Kakophonie unterschiedlicher und jeweils für den speziellen Anwendungsbereich gestalteter Schnittstellen. Ihnen muss eine generelle „Schnittstelle Gesundheit“ übergeordnet werden. Diese Schnittstelle darf nicht einmal und abschließend entwickelt werden, sondern sie muss internationalen Vorbildern folgend von allen Betroffenen regelmäßig und prinzipiell ‚unendlich‘ weiter entwickelt werden. Und sie muss offen und für alle zugänglich sein.
– Ausgewogene Diskussion des Themas Datenschutz
Das Thema Datenschutz stellt sich erst, wenn ein neues IT-System entwickelt oder installiert werden soll. Das Datenschutzinteresse führt vor allem im Gesundheitswesen regelmäßig dazu, dass die geplanten Systeme verzögert werden. Auf eGK und TI warten wir zum Beispiel schon seit fast 10 Jahren. Die Diskussion wird bislang ausschließlich einseitig geführt, so, als ob der (temporäre) Verzicht auf das jeweils geplante System automatisch eine gute oder zumindest akzeptable Lösung wäre. Doch das widerspricht der ganzen Idee der Systemeinführung. Gibt das geplante System keinen Nutzen (für Gesundheit und System), sollte man auf die Einführung von vorn-herein verzichten. Gibt es diesen Nutzen jedoch, dann ist der Verzicht darauf ein entsprechender Schaden. Dieser muss mit dem Schaden abgewogen werden, der durch eingeschränkten Datenschutz zu befürchten ist. Doch genau diese Abwägung bleibt aus. Das zu ändern, ist für den Fortschritt der digitalen Gesundheit unverzichtbar.
– Ausgewogene Diskussion und Weiterentwicklung des ärztlichen Berufsrechts
Zwei besonders dringende Herausforderungen für das Gesundheitssystem der nächsten Jahre stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem demographischen Wandel: (a) die Versorgung im ländlichen Raum und (b) der Rückgang ärztlicher Fachkräfte. Für beide Bereiche gibt es nahe liegende digitale Unterstützungssysteme. Für den Bereich (a) die virtuelle Praxis in der Cloud, die dem Arzt ermöglicht, an vielen Standorten tätig zu sein, für den Bereich (b) leistungsfähige Delegations- und Unterstützungssysteme, die dem Arzt ermöglichen, medizinische Entscheidungen auch über weite Entfernungen zu treffen, unterstützt durch Hilfspersonal vor Ort und breitbandige Kommunikationssysteme, die bei der Diagnose und der Abstimmung mit dem Patienten helfen können. Beide Überlegungen sind mit dem aktuellen ärztlichen Berufsrecht unvereinbar. Der VdigG e. V. möchte die Beweggründe dieser Regelungen in Frage stellen und so den digitalen Fortschritt zum Wohle der Gesundheit fördern.