Was vom Leben übrig bleibt

Manchmal, immer häufiger, versterben Menschen, die keine Nachkommen, keine Erben haben. Sie sind die letzten einer Familie, Erben können nicht ermittelt werden. In solchen Fällen erbt der Staat.

Das Nachlassgericht verfügt die Wohnungsauflösung, die Möbel, die Kleidung, das angebissene Butterbrot werden bei Ebay versteigert.

Johann wurde 1944 geboren, seinen Vater hat er nie gekannt. Er ist verschollen an der Ostfront und wurde 1950 als tot erklärt. Als Junge war er im Internat, später lebte er mit seiner Mutter, die 1990 verstorben ist.

Er hatte früh mit dem Rauchen angefangen, in der Nachkriegszeit war das so. Irgendwann war aufgefallen, dass er heiser war. Man hatte einen Kehlkopfkrebs diagnostiziert und radikal operiert. Danach war das Leben nicht mehr das gleiche.

Die letzten Monate seines Lebens war Johann ein voller Pflegefall, der von einem 24-Stunden Dienst zuhause betreut wurde, ernährt wurde er über eine Sonde in der Bauchwand und schließlich hat ihn der Krebs ganz eingeholt.

Übrig blieb eine Zweizimmerwohnung im Erdgeschoß.

Die Eckbank und den Küchentisch holt ein älteres Ehepaar. Ein jüngerer Mann baut nach Barzahlung an den Nachlassverwalter die Anrichte und den Sekretär ab. Aller Inhalt der Möbel wurde mitversteigert. Die Gläser packt er in eine extra Kiste, die Medikamente kann er zurücklassen, die halbleere Colaflasche nimmt er mit. Zuhause wird er einen Schuhkaron finden mit ein paar Postkarten, die Johann von seinen Reisen an seine Mutter geschrieben hatte und einige Briefe aus dem Internat.

Die Küche und das Schlafzimmer verschwinden in einem Transporter mit rumänischem Kennzeichen.